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Generalsekretärin Voglauer und Spitzenkandidatin Lena Schilling
Voglauer stellt sich schützend hinter Schilling.
Voglauer stellt sich schützend hinter Schilling.
MAX SLOVENCIK / APA / picturedesk.com

Schilling wird Grüne: "Bin extrem wütend"

22.05.2024 um 13:19, Stefanie Hermann & APA, Red
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EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling ist jetzt grünes Parteimitglied. Generalsekretärin Voglauer springt Schilling bei – und erhebt schwere Vorwürfe.

Die Grüne EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling wehrt sich weiter gegen neue, anonymisierte Vorwürfe gegen ihre Person. In einer Pressekonferenz am Mittwoch wies Schilling energisch zurück, überlegt zu haben, nach der Wahl zur Linksfraktion zu wechseln und hat nun als Signal eine Grüne Parteimitgliedschaft beantragt. Schützenhilfe erhielt sie von Grünen-Generalsekretärin Olga Voglauer, die angebliche Verstrickungen der SPÖ und KPÖ in die "menschenverachtende Hetze" kritisierte.

Der "Standard" hatte unter Berufung auf nicht namentlich genannte damalige Vertraute von Überlegungen Schillings berichtet, nach der Wahl der Linksfraktion im EU-Parlament beizutreten. Zudem wurde eine Chat-Aussage veröffentlicht, in der Schilling der Aktivistin Veronika Bohrn Mena im Vorfeld ihrer Kandidatur geschrieben hatte, sie habe ihr Leben lang "niemanden so sehr gehasst" wie die Grünen. Schon vor zwei Wochen waren anonymisierte Vorwürfe publiziert worden, die ein ungünstiges Charakterbild der Quereinsteigerin aus der Aktivistenszene zeichneten.

Schilling zeigt sich wütend

Sie sei "extrem wütend", erklärte Schilling. Sie habe "verletzliche Momente auf dem Weg zu meiner Kandidatur gehabt" und viele aus ihrem privaten Umfeld hätten eines gemeinsam: "Sie lehnen die Grünen ab." Sie habe kein Geheimnis daraus gemacht, dass sie den Grünen früher kritisch gegenüber gestanden sei, denn "wo man viele Erwartungen hat, übt man auch harte Kritik". Aber sie wolle "ernsthaft" Klimapolitik machen, und das gehe nur mit den Grünen, deshalb habe sie sich zur Kandidatur entschieden.

Parteimitgliedschaft als Signal

"Ich stehe hier heute als eine Grüne", unterstrich sie. Als Signal habe sie heute einen Antrag auf die Parteimitgliedschaft abgeschickt. Dass sie einen Wechsel zur Linksfraktion überlegt habe, "das ist ein Bullshit". Sie habe "andere Angebote" gehabt, habe sich aber für die Grünen entschieden, bekräftigte Schilling. Zudem habe sie bei vielen inhaltlichen Positionen der Linksfraktion - etwa Ukraine oder Nahost-Konflikt - eine andere Meinung. Die Chatnachricht, auf die sich der "Standard" beruft, sei aus dem Kontext gerissen, es sei eigentlich um etwas völlig anderes gegangen, nämlich dass sie bald wieder laut auf der Straße Politik machen könne. Ein Fraktionswechsel "war nie ein Thema", versicherte sie. Ob sie klagen wird, ließ Schilling offen.

Kein Gedanke an Rückzug

Gefragt, ob sie an einen Rückzug gedacht habe, um weiteren Schaden von den Grünen abzuwenden, antwortete Schilling: "Ich verstehe schon, dass grad viele Menschen eine Rücktritts-Story sehen wollen, aber die wird es nicht geben." Stattdessen werde man kämpfen. "Ich will weitermachen." Es gehe um mehr "als diesen dreckigen Wahlkampf", meinte sie. "Wir werden kämpfen wie die Löwinnen."

Grüne stehen hinter Schilling

Die Grünen stünden jedenfalls weiter hinter Schilling, machte Generalsekretärin Voglauer am Mittwoch erneut klar. Man wolle – gemeinsam mit Schilling – lieber für Inhaltliches kämpfen. Dass die frühere Klimaaktivistin keine Grüne gewesen sei, sei allen klar gewesen, meinte die Generalsekretärin, habe sie sich doch im linken Umfeld der Sozialdemokratie und Kommunisten bewegt. "Dass sie zu den Grünen gegangen ist, das nimmt man ihr schlimmstens übel", und jetzt würden frühere Vertraute auf ihren Smartphones nachschauen, was sie an Nachrichten herzeigen könnten. Es werde in den Medien über Gerüchte und Chats aus dem höchstpersönlichen Lebensbereich Schillings berichtet, "und meiner Meinung nach ist das falsch". Schilling habe überhaupt keine Privatsphäre mehr.

Nun habe man den "nächsten, niedersten Auswuchs" erlebt, meinte Voglauer im Zusammenhang mit dem "Standard"-Bericht. Außerdem zählte sie auf, zu welchen Privatthemen sonst noch Medienanfragen bei den Grünen eingingen. Alles zusammen ist für Voglauer "der hemmungslose Versuch, eine junge engagierte Frau fertig zu machen" und sie in den Ruin zu treiben. "Die Grenzen sind überschritten."

"Menschenverachtende Hetze"

Die "menschenverachtende Hetze" habe "ein Programm, das ist nicht zufällig so", meinte Voglauer. Es gebe Gruppierungen, Mitbewerber und Menschen, die ein persönliches Interesse daran hätten, dass Schilling nicht erfolgreich sein dürfe. Die Gerüchte kämen stets von denselben paar Personen, "mitten im Kreise der SPÖ" und "mitten im Kreise der KPÖ", erklärte Voglauer. "Wenn man sich die Umfragedaten anschaut, sag ich: 'cui bono?' ('wer profitiert?', Anm.) bestätigt", so die Parteimanagerin. "Ja, wir haben ein Problem, aber dieses Problem ist kampagnisiert." Den Grünen schade dies, und Interesse daran habe die SPÖ - "das, was wir hier sehen, sind Silberstein-Methoden", befand sie in Anspielung auf das rote Dirty Campaigning im Nationalratswahlkampf 2017.

Voglauer beschuldigt Bohrn Mena und Schieder

"Es gehen halt alle Gerüchte auf wenige Personen zurück, die der SPÖ zuzuordnen sind", meinte die Grüne Generalsekretärin. Voglauer erwähnte in der Pressekonferenz etwa, dass in der Causa immer wieder das frühere SPÖ-Mitglied Veronika Bohrn Mena vorkomme. Zudem stellte Voglauer unter anderem eine Verbindung zwischen dem in der gesamten Causa auftauchenden Aktivisten Sebastian Bohrn Mena und dem roten EU-Spitzenkandidaten Andreas Schieder her, indem sie darauf verwies, dass beide in der SPÖ Penzing aktiv gewesen seien. Voglauer stellte schließlich auf mehrfache Nachfrage von Journalisten klar, dass sie dies nur zur Einordnung erwähnt habe und sie keine Beauftragung einer Kampagne durch die SPÖ-Führung sehe. Es seien aber die "Methoden, die wir seither (der Silberstein-Affäre, Anm.) kennen".

Babler: "Keine Verbindung zu Schilling"

SPÖ-Chef Andreas Babler betonte, auf entsprechende Vorwürfe in einer davor abgehaltenen Pressekonferenz angesprochen, es gebe "keine Verbindung einer SPÖ mit Lena Schilling". Von irgendwelchen Treffen von Personen aus dem SPÖ-Umfeld mit der Spitzenkandidatin der Grünen für die EU-Wahl wisse er nichts. Er verfolge die Debatte in den Medien und verfüge über keine anderen Informationen. Und, so Babler: Er wolle sich auch nicht in Parteiinterna der Grünen einmischen.

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