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Wahlplakate mit der Spitzenkandidatin der Grünen, Lena Schilling
Die Grünen befinden sich in Umfragen weiter im Sinkflug.
Die Grünen befinden sich in Umfragen weiter im Sinkflug.
Leonhard Foeger / REUTERS / picturedesk.com

Blaues Auge: Grüne weiter im Sinkflug – FPÖ führt

23.05.2024 um 09:05, Stefanie Hermann & APA, Red
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Der Schilling-Skandal hinterlässt Spuren: Die Grünen befinden sich in Umfragen weiter im Abwärtskurs. Die FPÖ dürfte bei der EU-Wahl massiv zulegen.

Die Grünen liegen laut einer neuen Umfrage zur EU-Wahl von Peter Hajek (für ATV/Puls 24) bei 10 Prozent der Wählerstimmen. Die Partei, die derzeit mit Vorwürfen rund um ihre Spitzenkandidatin Lena Schilling konfrontiert ist, weist damit gegenüber einer Hajek-Erhebung vom November einen Verlust von zwei Prozentpunkten auf. Die Datenlage sei aber seit Veröffentlichung der Vorwürfe "sehr volatil" – und seit weiteren Berichten vom Dienstag "noch schwerer einzuschätzen", so Hajek.

Umfrage nicht aktuell

Die Umfrage wurde zwischen 13. und 17. Mai erhoben – und damit noch vor Aufkommen der neuesten, anonymisierten Vorwürfe, wonach Schilling laut einem "Standard"-Bericht Überlegungen angestellt haben soll, nach der Wahl der Linksfraktion im EU-Parlament beizutreten (was sie zurückwies). Außerdem wurde eine Chat-Aussage veröffentlicht, in der Schilling geschrieben hatte, sie habe ihr Leben lang "niemanden so sehr gehasst" wie die Grünen. Schon vor zwei Wochen waren anonymisierte Vorwürfe publiziert worden, die ein ungünstiges Charakterbild der Quereinsteigerin aus der Aktivistenszene zeichneten.

NEOS legen zu

In der Hajek-Umfrage (Telefon- und Online-Befragung) unter 1.200 Wahlberechtigten in Österreich (maximale Schwankungsbreite: +/- 2,8%) liegen die Grünen mit zehn Prozent auf Platz vier gleichauf mit den NEOS. In einer Erhebung vom November kamen die Grünen noch auf 12 Prozent, die NEOS auf nur sieben.

FPÖ auf Platz 1

Platz eins hat weiterhin die FPÖ inne, die mit neuerlich 30 Prozent deutlich vor SPÖ und ÖVP rangiert, die in der Erhebung jeweils auf 23 Prozent kommen. Die ÖVP blieb damit unverändert, die SPÖ liegt um einen Prozentpunkt niedriger als im November. Die KPÖ wird wie im November mit 3 Prozent ausgewiesen.

Grafik zu den Stimmenanteilen in der Sonntagsfrage zur EU-Wahl
Die FPÖ zieht in Umfragen weiter davon.

Drittes Mandat wackelt

Gegenüber dem Wahlergebnis 2019 (14,08 Prozent) würden die Grünen rund vier Prozentpunkte einbüßen. Die Situation stelle sich für die Grünen zwischenzeitlich so dar, dass es zwar zu leichten Verlusten bei der EU-Wahl kommen könnte, sagte Meinungsforscher Peter Hajek – konkret droht der Öko-Partei der Verlust des 3. Mandats. Ein "freier Fall" der Grünen habe sich bis dato aber nicht abzeichnet. Profitieren würden aktuell die NEOS, die sich in der aktuellen Erhebung deutlich stärker als im Herbst gezeigt haben "und somit das zweite Mandat in Griffweite haben". Die neuen Vorwürfe gegen Schilling erhöhen laut Hajek diese Wahrscheinlichkeit.

Missglückte Krisen-PR

Auch verwies der Experte gegenüber der APA auf die Pressekonferenz von Schilling und der Grünen Generalsekretärin Olga Voglauer vom Mittwoch, bei der Voglauer in einem Rundumschlag Verstrickungen der SPÖ in die "menschenverachtende Hetze" in den Raum stellte. Konkret sprach Voglauer von "Silberstein-Methoden" – entschuldigte sich aber später bei SPÖ-Spitzenkandidat Andreas Schieder. Auch hatte Voglauer erklärt, die Gerüchte kämen stets von denselben paar Personen, "mitten im Kreise der SPÖ" und "mitten im Kreise der KPÖ". "Die Frage ist, ob sich die Grünen mit der Pressekonferenz nicht noch zwei weitere Fronten aufgerissen haben - zur SPÖ und zur KPÖ", sagte dazu Hajek.

Folgen nicht einschätzbar

Bis dato wären die Grünen "mit einem blauen Auge davongekommen", es sei aber demoskopisch "nicht einzuschätzen, wie das weitergeht". "Die Krisenkommunikation der Grünen ist ausbaufähig", so Hajek. Denn mit dem Silberstein-Vergleich hätten sich diese eigentlich auf dieselbe Stufe der von ihnen kritisieren blauen und türkisen Mitbewerber gestellt, "die das immer wieder gesagt haben". Und in der Politik gehe es "immer wieder um Abgrenzung". Grundsätzlich seien alle Wählergruppen gut mobilisiert, auffallend sei die FPÖ-Wählerschaft, die im Vergleich zu den letzten EU-Wahlen "deutlich aktiver" an der Wahl teilnehmen dürfte.

Nationalratswahl weiter offen

Die ebenfalls erhobene Sonntagsfrage zur (im Herbst stattfindenden) Nationalratswahl zeigt laut Hajek keinerlei signifikante Veränderungen bei den Grünen und den anderen Parteien. Die Grünen liegen demnach wie im November neuerlich auf 8 Prozent, ebenso die NEOS und auch die Bierpartei. Die SPÖ rangiert bei 20 Prozent (November: 22), die ÖVP neuerlich bei 21 Prozent. Die FPÖ stieg von 30 auf 31 Prozent.

Weitere Umfragen

Etwas andere Daten zeigte eine Erhebung des IFDD-Institut von Christoph Haselmayer für die "Krone" vom vergangenen Wochenende (1.000 Personen, Erhebungszeitraum 15. bis 17. Mai). Bei der EU-Wahl kämen die Grünen hier auf 11 Prozent, knapp hinter den NEOS mit 12 Prozent. Die KPÖ würde mit vier Prozent den Sprung ins EU-Parlament knapp schaffen. Die FPÖ liegt hier auf 27 Prozent, die ÖVP bei 23 und die SPÖ bei 22 Prozent.

Bei der IFDD-Sonntagsfrage zur Nationalratswahl liegt die FPÖ mit 28 Prozent voran, gefolgt von ÖVP und SPÖ mit je 23 Prozent. Platz drei geht in dieser Erhebung an die NEOS mit 9 Prozent vor den Grünen mit sieben Prozent, gefolgt von BIER (6 Prozent) und der KPÖ (4 Prozent).

Eine weitere aktuelle Umfrage des OGM-Instituts (für Servus TV) unter 1.002 Wahlberechtigten (Online-Interviews, Schwankungsbreite +/- 3,1%) zur Nationalratswahl fragte auch das fiktive Antreten einer Liste von ÖVP-EU-Mandatar Othmar Karas ab. Demnach könnte dieser mit fünf Prozent der Stimmen und damit mit dem Einzug in den Nationalrat rechnen. Fix ins Parlament einziehen würde demnach die Bierpartei - mit 7 Prozent, gleichauf mit den NEOS. Die Grünen werden mit neun Prozent ausgewiesen, wobei auch diese Umfrage die jüngsten Entwicklungen noch nicht mit berücksichtigt. Die ÖVP kommt laut der OGM-Erhebung auf nur 18 Prozent, hinter der FPÖ (26) und der SPÖ (23). Die KPÖ würde demnach drei Prozent erhalten.

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