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Geschäftsführerin des Linz Tourismus Marie-Louise Schnurpfeil
Geschäftsführerin des Linz Tourismus Marie-Louise Schnurpfeil
Linz tourismus / Martin stöbich

Zwischen Stahlstadt-Charme & Kulturknistern

29.04.2025 um 00:00, Johanna Lengauer
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Die Stadt lädt zur Expedition im eigenen Revier. Mit Geschäftsführerin des Linz Tourismus Marie-Louise Schnurpfeil blicken wir hinter die Kulissen.

Im Fokus der neuen Kam­pagne stehen verstärkt auch einheimische Gäste – sind das jene, die das Gute vor der eigenen Haustür oft erst auf den zweiten Blick schätzen? 
Bis zu einem gewissen Grad stimmt das, auch wenn es nicht nur auf Linz beschränkt ist. Die Oberösterreicher:innen haben etwas Ihnen Innewohnendes, dass sie glauben, erst weit wegfahren zu müssen, um neue Eindrücke zu sammeln. Genau da setzen wir mit unserer aktuellen Philosophie an. Wir bauen auf einer soliden Marke Linz auf, die sich seit „Linz 2009 Kulturhauptstadt“ entwickelt hat. Wir haben uns stets in dem Spannungsfeld zwischen Kultur, Indus­trie und Natur bewegt und tun das auch weiterhin. Mit unserer Markenerzählung wollen wir bei Gästen, aber auch bei den Einheimischen die Neugier wecken.

Kann es sein, dass Linz-Besu­cher:in­nen oft nicht wissen, was sie erwartet?     
Wir trauen uns zu sagen, dass das Angebot vor Ort so vielseitig ist, dass es immer wieder unentdeckte Facetten zu erforschen gibt. Das liegt daran, dass man von Linz nicht so ein klares Bild hat wie von Städten wie Salzburg oder Wien. Für diese etablierten Destinationen ist es auch schwieriger, aus diesem tradierten Bild auszubrechen. In Linz hingegen spüren wir, dass es immer noch neue Aspekte gibt, die hinzukommen – sei es im Bereich Innovation wie die Tabakfabrik oder ­andere Orte, die selbst für die Linzer:innen noch nicht so bekannt sind. Wenn man hinter die Fassade blickt, gibt es also noch viel zu erkunden. Genau das sehen wir als unser Spielfeld für die Zukunft.

Setzen Sie daher bewusst auf eine Destinations- statt auf eine klassische Tourismusstrategie? 
Es ist uns wichtig, Tourimsus nicht mehr nur isoliert in einem Silo zu betrachten, sondern ihn in einem ­ganzheitlichen, systemischen Ansatz zu denken und umzusetzen. Eine Stadt ist dann am attraktivsten, wenn sie für alle lebenswert und anziehend ist. Daher 
ist es essenziell, die verschiedenen Bereiche und Akteure miteinander zu vernetzen – sei es die Stadtplanung, die Wirtschaft, die Veranstaltungs­branche oder die Wissenschaft. Nur im Zu­sammenspiel aller relevanten ­Faktoren kann eine Destination ihre volle Strahlkraft entfalten.

Welche Rolle spielen ausländische Studierende, internationale IT-Talente oder Expats in dieser Gesamtschau?
Wir arbeiten intensiv an der Entwicklung eines Botschafterprogramms für die Destination Linz. Dafür haben wir uns als Tourismusverband mit den Hochschulen und der Stadt zusammengesetzt. Ziel ist es, eine ­emotionale Bindung zu Studierenden, Professor:innen und Expats aufzubauen – auch wenn sie vielleicht Linz eines Tages verlassen. Wir möchten eine Art Community schaffen und ein Empfehlungsmanagement aufbauen, um daraus wirtschaftliche Vorteile zu generieren. Viele Hochschulen organisieren sogar eigene „Welcome Weeks“. Da wollen wir ansetzen und Synergien schaffen – etwa mit Stadtführungen auf Englisch oder durch die gezielte Bewerbung der Linz-Card. So gelingt es auch, diese Zielgruppe auf ihre erste Linzer Entdeckungsreise zu schicken und dabei zu helfen, ihre Heimat auf Zeit besser ­kennenzulernen. Mit der Linz-Card ist der Eintritt in die eigenen Museen übrigens kostenlos – ein richtig starkes Angebot, um Lust auf die Kulturszene der Landeshauptstadt zu machen.    

Im Vorjahr zählte Linz das ­zweite Jahr in Folge mehr als eine ­Million Nächtigungen. Sind Nächtigungszahlen nach wie vor das Maß aller Dinge im Tourismus?    
Ja – weil sie das Klarste und Vergleichbarste sind, was man messen kann. Für mich ist das aber nur ein kleiner Teil dessen, was man als Destination in Bezug auf Wirtschaftlichkeit und Attraktivität an Kennzahlen heranzieht. In gewisser Weise stehen wir mit der Destinationsstrategie erst am Anfang unserer Messungen. Mir geht es dabei um Themen wie Arbeitskräfte, Arbeitsplätze und direkte Wertschöpfung, die natürlich die Hotellerie und Gastronomie betreffen, aber auch um nachgelagerte Branchen. Nicht jede:r Bäcker:in, Lebensmittel­händler:in, Installateur:in oder Tisch­ler:in sieht sich als Teil der Tourismusbranche, obwohl sie es indirekt sind. Daher müssen wir auch aktiv in die ­Tourismus-Akzeptanz in diesen nach­gelagerten Branchen investieren, um zu zeigen, dass Linz in den vergangenen Jahren auch für sie zur Tourismusstadt geworden ist.

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