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Frostige Bedingungen
Frostige Bedingungen
eisbaden.at

Eisiges Vergnügen - cool cure

02.02.2025 um 00:00, Andreas Hamedinger
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3 Minuten Eisbär-Feeling. Wie wäre es mit einem Bad bei eisigen Wassertemperaturen oder einem Aufenthalt in der minus 110 Grad kalten ­Kammer?

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Vier Grad Celsius. Ein eisiger Wind weht, Schnee fällt vom Himmel. Wer denkt bei diesen Bedingungen schon daran, freiwillig ein mehr als erfrischendes Bad im nächsten See zu unternehmen? Gar nicht so wenige, wie Daniel „Fetzy“ Fetz berichtet: „Eisbaden hat in den vergangenen Jahren einen regelrechten Boom erlebt und sich von einer ungewöhnlichen Praxis zu einer beliebten Methode zur Stärkung von Körper und Geist entwickelt. Menschen aus allen Lebensbereichen wagen den Sprung ins kalte Wasser, um von den vielseitigen Vorteilen zu profitieren.“ Die Wakeboard-Legende – mehrmaliger Welt-, Europa- und Staatsmeister (2 x Weltmeister, 3 x Europameister, 7 x Staatsmeister) – entdeckte die Faszination Eisbaden für sich selbst vor einigen Jahren, heute teilt der Grama-stettner, der in Steyregg lebt, sein erworbenes Wissen mit Menschen, die buchstäblich den Sprung ins kalte Wasser wagen und wissen möchten, zu welchen Dingen sie überhaupt fähig sind. Fetz: „Ich schätze, dass schon knapp 3.000 Personen bei mir einen entsprechenden Workshop besucht haben.“

Eisbaden liegt im Trend. Besonders beliebt ist es, sich in einer Gruppe dieser Herausforderung zu stellen und gemeinsam den inneren Schweinehund zu besiegen.

Viele „coole“ Aspekte.

Um die zwei, drei oder vier Minuten im kalten Wasser wirklich genießen zu können, ist laut Daniel Fetz die richtige Atemtechnik entscheidend, daher steht das Erlernen dieser immer am Beginn jedes Kurses. „Mit der Atmung ist man in der Lage, sein Nervensystem beziehungsweise seine Selbstregulation zu beeinflussen“, so der Oberösterreicher, der erklärt: „Die Faszination des Eisbadens liegt in seiner Einfachheit und Effektivität. Es geht darum, bewusst die Komfortzone zu verlassen und den Körper gezielt der Kälte auszusetzen. Die Erfahrung, ins eiskalte Wasser einzutauchen, mag zunächst abschreckend wirken, doch genau in dieser Herausforderung liegt das Potenzial für Transformation. Fetz erklärt, dass die Kälte den Körper zwingt, auf physiologischer Ebene zu reagieren, denn „die Durchblutung verbessert sich, der Stoffwechsel wird angeregt und das Immunsystem gestärkt. Doch nicht nur körperlich, auch mental hat das Eisbaden einen großen Effekt. Es fordert die Willenskraft heraus, schärft den Fokus und hilft, in stressigen Situationen ruhig zu bleiben.“

Das sagt die Medizin.

Auch Primar Martin Martinek, Leiter der Kardiologischen Abteilung am Ordensklinikum Linz Elisabethinen, steht dem Trend zum Eisbaden grundsätzlich positiv gegenüber: „Wenn man in -kaltes Wasser unter 15 Grad eintaucht, hat das bereits eine entsprechende Wirkung. Am besten wissenschaftlich nachgewiesen ist aus medizinischer Sicht die Reduktion von Körperfett und die Umwandlung von weißem in braunes Fettgewebe, was für die Wärmeproduktion essenziell ist. Und das könnte schützende Effekte auf die Entwicklung von Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen haben.“ Die Biogena-Regionalleiterin Laura Elisa Huemer hebt noch weitere positive Aspekte hervor: „Die Ganzkörper-Kältetherapie kann die Schlafqualität verbessern. Und die Anwendung von Kälte gilt als traditionelle Methode zur Verbesserung der Erholung nach körperlicher Betätigung.“ Für Huemer ist noch eines wichtig: „Die Regelmäßigkeit der Anwendung ist ein entscheidender Faktor für den lang anhaltenden Erfolg: Schmerzpatient:innen mit Erkrankungen wie Rheuma, Arthrose, Arthritis und entzündlichen Gelenkserkrankungen empfehlen wir zwei, drei Behandlungen pro Woche.“

Martin Martinek Kardiologe Ordensklinikum Linz Elisabethinen ordensklinikum.at

Wichtig. Nach dem Eisbad ist Wärmeerhaltung mit Kleidung und Decken angesagt. Man kann auch warme Getränke ohne Alkohol trinken. Eine aktive oder passive äußerliche Erwärmung kann gefährlich werden, wenn kaltes Blut aus der Peripherie abrupt in den Körperkern gelangt. Das kann zu Herzrhythmusstörungen, ähnlich wie beim Bergungstod bei Lawinenopfern, führen.

Wertvolles Wissen.

Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten vorsichtig sein, wie Primar Martin Martinek betont, der vom Eisbaden in solchen Fällen abrät. „Bei Bluthochdruck hat es über längere Zeit aber sogar einen positiven Effekt. Beim Eisbaden verengen sich nämlich zuerst die Hautgefäße, vor allem an Armen, Beinen und Kopf, um den Wärmeverlust zu minimieren. Nach einem längeren Eisbad kommt es dann wieder zu einer Erweiterung der Gefäße, da der Körper versucht, die Unterkühlung durch eine höhere Blutzufuhr auszugleichen. Danach kommt es zyklisch zu Gefäßverengung und Gefäßerweiterung. Bei den ersten Durchgängen des Eisbadens steigt dabei auch der Blutdruck signifikant, deshalb sollte man mit unkontrolliertem Bluthochdruck nicht eisbaden. Erst nach einer Adaptation über mehrere Tauchgänge verliert sich dieser Effekt.“

Tipps fürs Eisbaden.

Primar Martinek erklärt auch, wie man sich dem Thema nähern sollte: „Wichtig ist, dass man langsam startet. Eventuell kann man anfangs nur mit den unteren Extremitäten ins Wasser gehen und sich von Mal zu Mal steigern, um sich gut an die Kälte anzupassen. Bei den ersten Versuchen sollte das Eisbad unter drei Minuten gehalten werden, um Unterkühlungen zu vermeiden. Dann können auch längere Eisbäder folgen. Beim Auftreten von Kältezittern – außerhalb der ersten Versuche – sollte man das Eisbad beenden, da dies ein Zeichen ist, dass der Körper nicht mehr genügend Wärmeenergie bereitstellen kann.“

Kältekammer

Sicherheit geht vor.

Um den Aufenthalt im kalten Wasser sicher zu gestalten, rät der Mediziner zu einigen wichtigen Maßnahmen: „Um Wärmeverlust zu vermeiden, kann man sich mit Neoprenhandschuhen und -schuhen schützen und vor allem eine Haube tragen. Wichtig ist, den Kopf nicht unter Wasser zu bringen. Beim sogenannten Tauchreflex entsteht ein starker parasympathischer Reiz. Dies bewirkt eine Verlangsamung des Pulses, eine Unterdrückung des Atemreizes und eine Reduktion auf lebenswichtige Organe. Das kann bedrohlich werden, zu Herzrhythmusstörungen, Schwindel oder Kollaps führen.“ Und eines ist besonders wichtig, wie Martinek ergänzt: „Man sollte niemals allein eisbaden und bei Anzeichen von Lethargie oder Desorientiertheit sollte man unbedingt in Begleitung das Wasser verlassen.“

Frostraum 2.0.

Die positiven Effekte, die Kälte auf den Organismus hat, nutzt man in der Medizin auch mithilfe von Kältekammern, die eine – im Gegensatz zum Eisbaden – trockene Kälte bis minus 110 Grad Celsius nutzen. Seit 2004 bietet etwa das Gesundheitsresort Lebensquell Bad Zell eine Ganzkörper-Kältetherapiekammer an. Die Anwendung erfolgt in einem Zweikammersystem: Nach einem kurzen Aufenthalt in der Vorkammer bei minus 60 Grad Celsius betritt der Gast die Hauptkammer mit einer Temperatur von minus 110 Grad Celsius. Dieser Kältereiz lindert Schmerzen, hemmt entzündliche Prozesse und kann das Immunsystem positiv beeinflussen. Schmerzhafte Gelenke sollen durch den Kältereiz mobiler werden, die gelenksnahe Muskulatur kann besser aktiviert und degenerative Prozesse können verlangsamt werden.

Laura Elisa Huemer Regionalleiterin Biogena Stores Österreich West biogena.com

Vielseitig. Cryo-Treatments in der Kältekammer können sich als eine sinnvolle Methode zur Prophylaxe und Behandlung von Osteoporose erweisen. Sie reduzieren Schmerzen und Schwellungen, bewirken eine Entspannung der Skelettmuskulatur und erhöhen den Bewegungsumfang der betroffenen Gelenke. Die Anwendung wird auch in der Dermatologie erfolgreich eingesetzt. 
 

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