Claudia Rossbacher im Interview: „15 Jahre, 15 Morde, 15 Bestseller“
Seit 15 Jahren begeistert Claudia Rossbacher mit ihren Steirerkrimis. Im exklusiven Interview mit weekend.at gibt sie Einblicke in ihre Arbeit, spricht über Gänsehautmomente beim Schreiben und verrät erste Details zu ihrem nächsten Roman „Steirerzwist“, der am 9. Januar 2026 erscheinen wird – und warum sie sich selbst lieber nicht an einem ihrer Tatorte wiederfinden möchte.
1. Wenn deine Figuren plötzlich lebendig würden – mit wem würdest du dich gerne auf einen Kaffee treffen, und wem würdest du lieber aus dem Weg gehen?
Claudia Rossbacher: Das ist gar nicht so einfach, weil es ja doch schon einige Figuren waren. Schlussendlich würde ich mich für Andrea entscheiden, für die beste Freundin von Sandra Mohr. Die finde ich ziemlich cool. Sie ist so unkompliziert, lustig und lebensfroh – ganz das Gegenteil eigentlich von Sandra. Deshalb würde ich gerne mit ihr Kaffee trinken gehen, weil man mit ihr viel Spaß haben kann.
Mit Sandra Mohrs Mutter und mit ihrem Halbbruder würde ich jetzt keinen Kaffee trinken, die sind ziemliche Energieräuber; denen würde ich auf jeden Fall aus dem Weg gehen und natürlich auch einigen Tätern und Täterinnen in meinen Büchern. Aber dann vielleicht im Gefängnis ein Interview führen (lacht).
2. Welche Figur aus einem deiner Krimis hätte deiner Meinung nach das Potenzial für ein Spin-off im völlig anderen Genre (z. B. Science-Fiction oder Liebeskomödie)?
Claudia Rossbacher: Mein liebstes Genre ist der Thriller. Ja, und in dem Fall würde es ein Psychothriller werden. Dann eben mit dem Halbbruder von Sandra Mohr, Mike. Der ist ein ziemlicher Psychopath. Und wenn ich schon einen kleinen Spoiler zu meinem nächsten Buch, das im Jänner erscheint, „Steirerzwist“, machen darf: Da taucht Mike nach 15 Jahren wieder auf. Der ist schon sehr gruselig. Das könnte ein cooler Psychothriller werden.
Dann gibt es die Tochter von Sascha Bergmann, Sarah. Die mag ich sehr gern. Jetzt wäre sie ungefähr 17 Jahre alt. Und im neuen Buch gibt es eine Figur, Moritz Waldner. Der ist zwanzig Jahre alt und Erbe einer Hoteldynastie. Die könnte ich zum Paar machen und einen New Adult-Liebesroman schreiben.
3. Gab es jemals eine Szene, bei der du dich gefragt hast: „Soll ich das wirklich schreiben – oder geht das zu weit?“
Claudia Rossbacher: Ja, das kommt vor! Das erste Mal im „Steirerherz“, wo es eine gepfählte Leiche gibt. Da habe ich mich schon gefragt, ob ich das wirklich schreiben soll. Und habe zusätzlich noch einen Kollegen von mir gefragt: Das ist so grausig, kann ich das machen? Will das überhaupt jemand lesen?
Und im „Steirerpakt“, da sitzt ja eine nackte Leiche am Sessellift, die noch dazu kastriert ist. Da hatte ich schon meine Bedenken. Als ich mich dann mit meiner Freundin Beate Maxian traf, hab ich sie auf der Damentoilette gefragt, ob ein kastrierter Mann nicht zu heftig ist. Sie meinte, das musst du unbedingt machen, da hast du viel mehr Möglichkeiten – von wegen Ritualmord und so. Allerdings ahnten wir nicht, dass uns eine andere Dame im Waschraum gerade zuhört. Die ist dann vor uns geflüchtet, weil sie nicht wusste, dass wir beide Krimiautorinnen sind, die über einen Plot reden (lacht).
4. Wie viel „Rossbacher“ steckt in Sandra Mohr – und gibt es Eigenschaften, die du beim Schreiben bewusst vermeidest, weil sie zu nah an dir dran wären?
Claudia Rossbacher: In Sandra Mohr steckt natürlich ein bisschen was von mir. Ich würde behaupten, das Pflichtbewusste, Ehrgeizige, Zuverlässige – das hat sie von mir, aber ich bin nicht so eine humorlose Spaßbremse, wie sie es manchmal ist. Deswegen gibt es zusätzlich Sascha Bergmann, der mir eigentlich viel näher und viel lieber ist.
Schlussendlich gibt es nichts, was ich nicht in meine Figuren hineinpacken würde, weil ja niemand weiß, was bin jetzt ich und was ist die Figur. Alle meine Figuren sind fiktiv, also es gibt niemanden wirklich und wahrscheinlich ist in jeder Figur etwas von mir drinnen.
5. Deine Geschichten atmen österreichische bzw. steirische Atmosphäre. Wie bewusst spielen Dialekt, Mentalität und Landschaft in deiner Erzählweise zusammen?
Claudia Rossbacher: Bei meiner Recherche sehe ich mir immer die Region genau an und informiere mich über aktuelle Themen. Und wenn es dann Graz oder doch die Südsteiermark wird, dann sind die Menschen natürlich unterschiedlich. Haben eine andere Mentalität und reden auch anders – was schön ist. Ich möchte die Landschaft genau beschreiben. Vor allem die Einheimischen sollen sich mit meinen Büchern identifizieren können, dann passt es.
Dialekt spielt eine große Rolle. Ich versuche immer, Ausdrücke zu finden, die vielleicht schon teilweise in Vergessenheit geraten sind, aber die typisch für die betreffende Region sind. Das dient in gewisser Weise auch dem Spracherhalt und dem Wiedererkennungswert.
6. Angenommen, du dürftest einen Tatort deiner Wahl betreten – als Ermittlerin, nicht als Autorin: Welcher Ort aus deinen Romanen würde dich am meisten reizen?
Claudia Rossbacher: Na gut, also ich bin da jetzt wahrscheinlich, wenn es real wird, eine ziemliche Schisserin. Wenn ich schon einen Tatort in meinen Büchern betreten müsste, wäre es der Pferdestall, in dem eine verkohlte Leiche gefunden wird. Die ist tatsächlich bis zur Unkenntlichkeit verkohlt, und das ist dann für mich irgendwie weniger grauslich, als wenn da so eine Wasserleiche herumliegt.
Im „Steirerzorn“ befindet sich die Leiche einer alten Dame im Keller, wo Ratten sind, wo es dreckig ist und fürchterlich stinkt. Da würde ich auch nicht gerne reingehen. Mir hat es schon gereicht, dass ich letztes Jahr in unserem Hühnerstall unseren Hahn tot aufgefunden habe. Den musste dann mein Mann entsorgen.
7. Gibt es ein Verbrechen, das du literarisch nie anfassen würdest – und warum?
Claudia Rossbacher: Ich habe mir immer gedacht: Hände weg von Kindern! Das will keiner lesen, aber schlussendlich habe ich das Thema im „Steirerzorn“ mit einer österreichischen Kriminalgeschichte verknüpft und bin in die 70er Jahre zurückgegangen, in ein Kinderheim, wo es nicht schön zugegangen ist.
Die Geschichte eines elfjährigen Mädchens, das damals dort lebte, habe ich in Tagebuchform gebracht und dieses häppchenweise in den aktuellen Mordfall eingeschoben, um so auch die Handlung voranzutreiben. Allerdings habe ich das Tagebuch am Stück geschrieben und mich mindestens sechs Wochen lang nur mit der schrecklichen Vergangenheit dieses Mädchens beschäftigt. Das war schon sehr heftig.
8. Wenn du für einen Tag in ein anderes Genre wechseln müsstest: Welches wäre das, und wie würde der erste Satz deines neuen Buches lauten?
Claudia Rossbacher: Das wäre dann wohl ein Psychothriller oder was ich mir auch noch vorstellen könnte, eine Familiensaga. Eine Trilogie über irgendeine Unternehmerfamilie, die über Generationen verläuft, das finde ich ganz spannend.
Ein erster Satz? Da müsste ich, ehrlich gesagt, länger darüber nachdenken. Ich finde den ersten Satz extrem wichtig. Mit dem ersten Satz fängst du die Leser, damit sie mehr wollen. Ja, und den würde ich jetzt auch nicht preisgeben (lacht).
9. Wie verändert sich dein Blick auf reale Kriminalfälle, seit du fiktive Verbrechen erschaffst?
Claudia Rossbacher: Realität und Fiktion trenne ich sehr strikt. In der Realität möchte ich mit Morden nichts zu tun haben. Ich schreibe ja auch keine Real-Crime-Geschichten. Da hört sich bei mir der Spaß auf. Solange alles fiktiv ist, ja. Mit Erfundenem kann ich gut leben.
Aber natürlich versuche ich schon, meine Geschichten so zu gestalten, als wären sie real. Ich habe höchsten Respekt vor der Polizeiarbeit. Es ist ein gefährlicher Job, bei dem man fast täglich mit brenzligen Situationen zu tun hat, die auch schiefgehen können. Da käme mir wahrscheinlich doch die Angst in die Quere.
10. Was möchtest du, dass Leser:innen nach dem Zuklappen eines deiner Bücher fühlen – Gänsehaut, Nachdenklichkeit oder vielleicht sogar Hoffnung?
Claudia Rossbacher: Also das Erste, was ich mir wünsche, ist, dass meine Leser:innen zufrieden sind, dass die Ordnung wieder hergestellt ist. Dass das Böse seine gerechte Strafe erhält.
Hoffnung natürlich darauf, dass sie neugierig auf den nächsten Steirerkrimi sind. Manchmal baue ich am Ende bewusst einen Cliffhanger ein, der Lust darauf machen soll, zu erfahren, wie es im nächsten Buch weitergeht.
Steckbrief
Claudia Rossbacher wurde in Wien geboren und arbeitete nach einem Tourismusstudium als Texterin sowie Kreativdirektorin in Werbeagenturen. Zudem war sie auch ein erfolgreiches Model. Heute lebt sie glücklich verheiratet als freie Schriftstellerin in der Steiermark. Mehrere ihrer fünfzehn Steirerkrimis wurden bereits erfolgreich verfilmt.
Jubiläumsband
"Steirerblut/Steirerherz"
- Veröffentlicht am 9. Juli 2025
15. Fall von Sandra Mohr
"Steirerzwist"
- Erscheint am 9. Januar 2026
Mehr erfahren über Claudia Rossbacher unter: www.claudia-rossbacher.com