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Zwei Schatten-Silhouetten
In Hollywood begegnet man Produzenten, Regisseuren oder Schauspielern, die mit sexuellen Missbrauchsdelikten in Verbindung gebracht werden.
In Hollywood begegnet man Produzenten, Regisseuren oder Schauspielern, die mit sexuellen Missbrauchsdelikten in Verbindung gebracht werden.
iStock.com/AlexLinch

"Dirty old men" – Hollywoods toxische Männer

27.07.2023 um 09:14, Simone Reitmeier
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Sexuelle Gewalt scheint in Hollywood Tradition zu haben. Die Liste der Übergriffe ist lang. Und auch eine Frau findet sich darauf.

Darf ein Film wie "Corsage"“, indem ein Schauspieler mitspielt, der des Besitzes von Missbrauchsdarstellungen Minderjähriger angeklagt wird, gezeigt werden? Der "Fall Teichtmeister" löste in Österreich eine bisher unvergleichliche Debatte aus: Die Politik ruft nach strengeren Gesetzen und höheren Strafen. In der Kunst- und Kulturbranche diskutiert man, ob und wie Werk und Künstler getrennt betrachtet werden müssen. Dabei handelt es sich bei Florian Teichtmeister nicht um einen Einzelfall. In Hollywood begegnet man so einigen Produzenten, Regisseuren oder Schauspielern, die mit sexuellen Missbrauchsdelikten oder Belästigungsvorwürfen in Verbindung gebracht werden.

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Harvey Weinstein: Startschuss für #metoo

Der US-amerikanische Filmproduzent soll über Jahre hinweg zahlreiche Frauen belästigt, zu sexuellen Handlungen genötigt und vergewaltigt haben. 2017 platzt die Bombe: Knapp 90 Frauen belasten Weinstein schwer – darunter bekannte Stars wie Gwyneth Paltrow, Cara Delevingne, Angelina Jolie und Uma Thurman. Sechs Frauen beschuldigen Weinstein sogar der Vergewaltigung. Auf den Skandal folgt die weltweit bekannte #metoo-Debatte. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz wird weltweit Diskussionsstoff. Weinsteins Karriere ist unterdessen ruiniert. 2020 wird er zu 23 Jahren Haft verurteilt. 2021 folgt ein weiterer Strafprozess, in dem Harvey von der Geschworenenjury der Vergewaltigung, des erzwungenen Oralverkehrs und eines weiteren Falles sexuellen Fehlverhaltens für schuldig befunden wird. Am 23. Februar 2023 wurde das endgültige Strafmaß verkündet: 16 Jahre Gefängnis, die zu den bereits zuvor ergangenen 23 Jahren hinzu addiert werden.

Harvey Weinstein | Credit: ETIENNE LAURENT / AFP / picturedesk.com
Harvey Weinstein im Oktober 2022 vor Gericht.

Kevin Spacey: Missbrauchsvorwürfe & Outing

Kurze Zeit nach dem Weinstein-Skandal beschuldigt Anthony Rapp den House of Cards-Hauptdarsteller Kevin Spacey, ihn 1986 im Alter von 14 Jahren auf einer Party sexuell belästigt zu haben. Der damals 26-jährige Spacey soll betrunken gewesen sein. Via Twitter entschuldigt sich Spacey und nützt die Gelegenheit, sich als homosexuell zu outen. Weitere Vorwürfe folgen, unter anderem von Set-Kollegen der Serie "House of Cards". Netflix sieht sich gezwungen, sich von seinem Star-Schauspieler zu trennen. Der britische Regisseur Ridley Scott lässt aus dem Film "Alles Geld der Welt" alle Szenen mit Spacey herausschneiden und dreht mit Christoph Plummer nach. Bisher wurde Kevin Spacey von sämtlichen Anklagepunkten freigesprochen. Im Sommer 2023 musste sich Spacey wegen angeblicher sexueller Übergriffe auf mehrere Männer vor einem Londoner Strafgericht verantworten. Er wurde in allen Anklagepunkten freigesprochen. Der 64-Jährige hofft, an seine Hollywood-Erfolge anknüpfen zu können.

Kevin Spacey | Credit: EDUARDO MUNOZ / REUTERS / picturedesk.com
Kevin Spacey verlässt im Oktober 2022 das Gericht in New York.

Bill Cosby: Das Ende der Show

Einst zählte Bill Cosby zu Amerikas bestbezahlten Entertainern, sein Erfolg wird aber von umfangreichen Missbrauchsvorwürfen überschattet. Mehrere Frauen beschuldigen ihn, sie mit Medikamenten betäubt und missbraucht zu haben. Der Vorwurfsreigen startet 2005 mit Andrea Constand. 2017 sagt eine Zeugin aus, sie sei mit 17 Jahren ebenfalls von Cosby betäubt und vergewaltigt worden. Insgesamt gibt es mittlerweile ähnliche Anschuldigungen von 60 Frauen, an denen sich Cosby in einem Zeitraum von vier Jahrzehnten (1960-2000) vergangen haben soll. Bis auf einen sind alle Fälle verjährt und können nicht mehr belangt werden. 2018 wird der Schauspieler zu einer drei- bis zehnjährigen Haftstrafe verurteilt. Er legt Berufung gegen das Urteil ein und wird 2020 mit 83 Jahren überraschend wieder freigelassen. Das Höchstgericht in Pennsylvania entschied, dass er aufgrund einer Vereinbarung mit einem früheren Staatsanwalt nicht hätte verurteilt werden dürfen. Juristisch darf der Fall Bill Cosby deswegen in den USA nicht noch einmal aufgerollt werden.

Bill Cosby | Credit: Matt Slocum / AP / picturedesk.com
Bill Cosby kam aus dem Gefängnis wieder frei. Der Fall kann in den USA nicht mehr aufgerollt werden.

Roman Polanski: Flucht vor Haftstrafe

Auch der französisch-polnische Star-Regisseur Roman Polanski zählt zu Hollywoods toxischen Männern: 1977 bekennt er sich schuldig, die damals 13 Jahre alte Samantha Jane Gailey unter Drogen gesetzt und vergewaltigt zu haben. Dank einer Verständigung im Strafverfahren wird er nur für 90 Tage ins Gefängnis eingewiesen. Nach 42 Tagen kommt er vorzeitig auf Bewährung frei. Als ihm jedoch abermals eine Haftstrafe droht, flüchtet Polanski nach Europa und reist seither nicht mehr in die USA ein. 2017 und 2019 folgen weitere Vorwürfe: Zwei Mädchen wurden von ihm angeblich in den 70er Jahren im Alter von 15 und 18 Jahre vergewaltigt. Polanskis Anwalt möchte indess den Haftbefehl gegen seinen 89-jährigen Mandaten aufheben lassen.

Roman Polanski | Credit: LOIC VENANCE / AFP / picturedesk.com
Roman Polanski 2017 beim Filmfestival in Cannes.

Brett Ratner: Rückzug aus Hollywood

Von mindestens sechs Frauen wird Regisseur Brett Ratner (Rush Hour, X-Men: Der letzte Widerstand) des sexuellen Missbrauchs oder der Belästigung beschuldigt. Darunter Schauspielerin Natasha Henstridge, die ihm vorwirft, er hätte sie zum Oralsex gezwungen oder Olivia Munn, laut derer Ratner vor ihr masturbiert hätte. Warner Bros. hat jegliche Zusammenarbeit mit Ratner beendet.

Brett Ratner | Credit: BERLINER,ALEX J. / Action Press / picturedesk.comBERLINER,ALEX J. / Action Press / picturedesk.com
Brett Ratner 2012 in Los Angeles.

Woody Allen: Vorwurf der eigenen Tochter

Er halte ihn für einen "traurigen, kranken Mann" soll Woody Allen über Harvey Weinstein gesagt haben, als der Skandal 2017 öffentlich geworden war. Dem Regisseur selbst wird aber ebenfalls Missbrauch vorgeworfen – von seiner eigenen Adoptivtochter Dylan. Zum Zeit des Missbrauchs soll sie erst sieben Jahre alt gewesen sein. Zu einer Anklage und einem Verfahren kam es aber nie, da keine Beweise gefunden werden konnten. Allen weist die Anschuldigungen bis heute von sich. Immer wieder werden Vermutungen laut, es könnte sich um einen Racheakt von Mutter Mia Farrow handeln, die ihre Tochter zu instrumentalisieren versuchte. Mit Farrow war Woody Allen liiert, bevor er sich in Soon-Yi Previn verliebte. Das heikle Detail: Die damals bereits volljährige Soon-Yi Previn ist Mia Farrows Adoptivtochter. 2021 erschien die Dokumentation "Allen v. Farrow", in der Mia und die Adoptivkinder Dylan und Ronan Farrow zu Wort kommen.

Woody Allen mit seiner Frau. | Credit: Evan Agostini / AP / picturedesk.com
Woody Allen mit seiner Frau Soon-Yi Previn 2015 in New York.

Dustin Hoffman: Belästigung 

Oscar-Preisträger Dustin Hoffman (85) soll während der Dreharbeiten zu "Tod eines Handlungsreisenden" 1985 die Autorin Anna Graham Hunter sexuell belästigt und unangebrachtes Verhalten an den Tag gelegt haben. Die heute über 50-Jährige war damals als Produktionsassistentin tätig und erst 17 Jahre alt gewesen. Gegen Hoffman liegen weitere Anschuldigungen wegen Missbrauchs und Belästigung in den Siebziger- und Achtzigerjahren vor. Einige der Anklägerinnen seien zum Tatzeitpunkt minderjährig gewesen. Hoffmans Anwalt gibt zu Protokoll, es handle sich um "verleumderische Lügen". Bei Hunter entschuldigt sich der Hollywood-Star persönlich: Er fühle sich schrecklich, sie durch sein Verhalten in eine unangenehme Situation gebracht zu haben. "Es tut mir leid. Das spiegelt nicht wider, wer ich bin."

Dustin Hoffman | Credit: JACOVIDES-BORDE-MOREAU / Action Press / picturedesk.com
Dustin Hoffman 2017 bei den Film-Festspielen in Cannes.

Zara Phytian: Die toxische Frau

Auch ein schwerwiegender Missbrauchsfall ist bekannt geworden, an dem eine Schauspielerin maßgeblich beteiligt ist. Die "Dr. Strange"-Darstellerin ("Brunette Zealot") Zara Phythian wurde von einem britischen Gericht zu acht Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie von 2005 bis 2008 gemeinsam mit ihrem etwa 20 Jahre älteren Ehemann eine Minderjährige mehrfach missbraucht hatte. Zum Tatbeginn war das Mädchen erst 13 Jahre alt gewesen. Treibende Kraft war aber angeblich der Ehemann, der sich zuvor bereits an anderen Jugendlichen vergangen haben soll. Er wurde zu 14 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

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