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Österreichischer Reisepass | Credit: iStock.com/Aaftab Sheikh
Odyssee - den Reisepass erneuern
Odyssee - den Reisepass erneuern
iStock.com/Aaftab Sheikh

Nur noch schnell ins Passamt!

28.07.2021 um 13:12, Margit Kainz
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Endlich wieder Freiheit! Ein ganz normaler Sommer, wie ihn uns Kanzler Kurz
schon vor Monaten prophezeit hat. Der grüne Pass in greifbarer Nähe, doch wo
ist nur mein roter Pass?

Verstaubt in der untersten Schublade, wohl während der Lockdown-Zeit in Vergessenheit geraten, werde ich schließlich fündig und ziehe ihn hervor. Aber ach du Schreck! Ist das wirklich wahr? Der Reisepass ist schon wieder abgelaufen! Das kann doch nicht sein?! Wurde dieses „Verbrecherfoto“ denn tatsächlich bereits vor zehn Jahren geschossen?

Ein neues Foto? Unvermeidlich!

Fassungslos starre ich es an und schließe den Pass wieder. Der unvermeidliche Gang zum Fotografen liegt mir schon jetzt im Magen, denn es scheint mir die größte Hürde zu sein, um einen neuen Pass zu erlangen. Nach drei Tagen raffe ich mich schließlich auf und schleppe mich, nach einer längeren Schminksession und einem aufwändigen Haarstyling, ins nächste Fotostudio. Beim Posieren habe ich kurz das Gefühl, als ob mein Gesicht einschlafen würde, doch die Fotografin versichert mir, dass ich sogar lächeln darf, solange mein Mund geschlossen bleibt.

Erleichtert halte ich wenig später meine neuen Passfotos in Händen. Ich bin begeistert und würde der Fotografin am liebsten um den Hals fallen, denn dank ihrer Hilfe habe ich mich offensichtlich von dem „Monster“ vor zehn Jahren wieder in ein „Prinzesschen“ verwandelt. Zufrieden stecke ich die Passfotos ein und mache mich auf den Weg zum Passamt. Schon bald möchte ich meine uneingeschränkte Reisefreiheit wieder in vollen Zügen genießen. Ab ins Blaue, wohin auch immer mich meine Abenteuerlust und mein aufgestautes Fernweh treiben. Gedanklich sehe ich mich schon am Strand in der Sonne aalen. Ein Last Minute-Angebot wäre nicht schlecht, noch ehe die Hochsaison beginnt und alle wieder in Scharen auflaufen und die Strände restlos überfüllt sind. Zum Glück ist es (zu diesem Zeitpunkt) erst Anfang Juni.

Termin? Ich hab' keinen!

Dann stocke ich und bleibe kurz stehen. Coronabedingt habe ich doch schon mal läuten hören, dass ab sofort Terminvereinbarungen für eine Passausstellung vonnöten sind. In Zeiten wie diesen nicht weiter verwunderlich, aber bestimmt auch nicht problematisch. Dank Google mache ich die Telefonnummer ausfindig, wähle sie, und ein freundlicher Herr in der Vermittlung verbindet mich sogleich in die zuständige Abteilung weiter. Ich warte. Noch immer. Noch etwas länger. Lausche der Ansage. Dann falle ich aus der Leitung. Ein erneuter Versuch. Wieder der nette Herr. Warten. Dasselbe Szenario. Noch ein letzter Versuch. Ich frage den Herrn, ob ich denn wirklich einen Termin für die Passausstellung benötigen würde, aber er antwortet nicht und verbindet mich wieder weiter. Grrrrrrr … und schon wieder ist die Verbindung dahin!

Bitte - dann halt schriftlich

Aber ich gebe nicht auf, schreibe ein Mail ans Passamt und bitte um einen Termin in der kommenden Woche. Im Stundentakt checke ich meine Mails. Dann nur noch tageweise. Von einer Rückantwort oder einem Rückruf keine Spur.

Tage später halte ich wieder meine Passfotos in Händen, die zwischenzeitlich zumindest als Bewerbungsfotos dienlich sind, doch in Sachen Reisepass bin ich leider noch immer keinen Schritt weiter! Ein letzter Versuch, noch ein vergeblicher Anruf.

Österreich auf der Landkarte | Credit: iStock.com/Harvepino
Warum in die Ferne schweifen?

Ich gehe jetzt!

Energisch und entschlossen mache ich mich nun auf den Weg, mit dem Vorhaben, das Passamt zu stürmen. Die erste Sicherheitskontrolle passiere ich problemlos, aber im ersten Stock, beim Betreten des zuständigen Amtes werde ich sogleich abgefangen. „Keine sofortige Passausstellung ohne Termin möglich!“ heißt es und ich werde sogleich zu einer Dame in ein Büro verwiesen. Meine „Aussage“ bezüglich eines geschriebenen Mails wird genauestens überprüft und nach wenigen Minuten der Erhalt meiner Email bestätigt. Uff! Aber ich muss trotzdem warten, denn „ohne Termin geht leider gar nichts!“

Vier Wochen warten

Ich gebe vor, in der nächsten Woche dringend verreisen zu müssen, in der Hoffnung noch schnell eingeschoben werden zu können. Ich bleibe hartnäckig und warte, denn so einfach lasse ich mich jetzt nicht mehr abschütteln! Die Dame telefoniert, geht ein und aus. Dann endlich! Ein Termin ist in Sichtweite! Juhu vielen Dank, der nächste Termin ist für mich reserviert! Wann? Ende Juni, erst in knapp vier Wochen? Das darf doch nicht wahr sein! Geht es nicht früher? Nein, und ich habe auch keine andere Wahl. Um eine weitere Verzögerung zu verhindern, sage ich schließlich zu.

5 Minuten statt 20 - irgendwie komisch

Zuhause überlege ich, ob ich vielleicht mit meinem abgelaufenen Pass in die Ferne schweifen sollte. EU-weit dürfte dies ohnehin kein Problem sein. Aber der grüne Pass ist auch noch nicht einsatzbereit, also warte ich weiter zu. Ende Juni erscheine ich pünktlich zu meinem Termin im Passamt, für den ein 20-minütiges Zeitfenster eingeplant wurde. Im leeren Warteraum nehme ich Platz, und etwas später treffen auch noch drei oder vier weitere Personen ein. Um 13 Uhr werde ich aufgerufen. Das Passfoto gebe ich ab, ein Fingerprint links und einer rechts, der alte Pass wird entwertet und noch schnell eine Unterschrift. Die Zahlung erfolgt per Karte und ruck zuck, nach gefühlten fünf Minuten, verlasse ich wieder das Büro. Vielleicht war ich zu schnell und hätte meinen schwererkämpften Termin besser nützen sollen? Um 13:10 Uhr stehe ich bereits draußen bei der Bushaltestelle und frage mich, ob das 20-minütige Zeitfenster vielleicht doch etwas zu großzügig bemessen ist?

Der Pass ist da - was hält mich nun? Ach ja, Corona ...

In der ersten Juliwoche halte ich tatsächlich meinen roten Pass in Händen, nachdem ich eine Benachrichtigung, den berühmten „gelben Zettel“, aus meinem Briefkasten zog, und mich auf den Weg ins Postamt machte. Zwischenzeitlich haben auch die Schulferien bereits begonnen und gedanklich habe ich in den letzten Wochen wohl schon mehrere Länder bereist. Die digitale Signatur für den grünen Pass ist noch ausständig, aber ansonsten dürfte meiner Reisefreiheit nun, abgesehen von der neuen Covid-Delta-Mutation und den verhängten Einreisesperren in diversen Ländern, wohl nicht mehr viel im Wege stehen.

Mit neuem Pass daheim bleiben - auch schön

Noch einmal öffne ich den Pass und freue mich über das Ablaufdatum, das mit dem Jahre 2031 datiert ist. Dann betrachte ich erneut mein Foto, lächle dabei und lege den Pass einstweilen zur Seite. Zwischenzeitlich bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich tatsächlich noch verreisen möchte. Stattdessen schwinge mich auf mein Fahrrad, um eine kleine Fahrt ins Blaue zu unternehmen. Einfach drauf los, wohin der Weg mich auch führen möge. Vielleicht ein Picknick unterwegs oder ganz einfach den Moment genießen. Das Zwitschern der Vögel, das Rauschen des Flusses oder einfach dem Lachen der Kinder lauschen. Zufrieden lehne ich mich zurück und räkle mich auf meiner Picknickdecke. Kurz sauge ich den Moment in mir auf und spüre ein Gefühl von Zufriedenheit und Freiheit, das mich umgibt. Ohne roten und ohne grünen Pass, aber dafür unter blauem Himmel.

Zur Autorin

Als idealen Ausgleich zu ihrer Arbeit hat Passion Author Margit Kainz das Schreiben entdeckt. Kleine Anekdoten und Tipps sind die Spezialität der reisebegeisterten Tirolerin, die sie in ihren Beiträgen auf www.weekend.at serviert.

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