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Kann jeder sein Glück finden? Laut der "Big Five"-Theorie ja!
Kann jeder sein Glück finden? Laut der "Big Five"-Theorie ja!
Vasyl Dolmatov/iStock/Getty Images Plus/Getty Images

"Big Five": Mit diesen Tipps wird man glücklich

14.05.2019 um 13:07, Stefanie Hermann
min read
John Streleckys Bücher begeistern Millionen. Sein Konzept der "Big Five for Life" gilt vielen als Wegweiser zum Glück. Was macht den Reiz seiner Philosophie aus? Wir haben den Star-Autor zum Gespräch getroffen.

Tauchlehrer, Affenwärter und Führungspersönlichkeiten: Es scheinen stets außergewöhnliche Menschen zu sein, von denen John Strelecky in seinen Büchern erzählt. "Tu, was dich glücklich macht", lautet verknappt die Message seiner millionenfach verkauften Bücher. Doch kann die Anwendung seiner Philosophie als Durchschnittsmensch überhaupt gelingen?

Kajaks und Buchhalter

"Die Herausforderung in unserem Leben ist, herauszufinden, was uns persönlich glücklich macht. Wenn du dafür bezahlt wirst zu tun, was du liebst, dann ist das natürlich der Jackpot. Aber wer sagt denn, dass du da anfangen musst?", so Strelecky im Gespräch mit Weekend. Zur Erklärung bedient er sich seiner Lieblingsanalogie: "Wenn du Buchhalter bist und Kajakfahren liebst, dann versuche doch, Buchhalter in einem Kajakunternehmen zu werden. Denn irgendjemand ist genau dort Buchhalter. Warum nicht du?" Strelecky weiß, wovon er spricht. Auch sein Lebensweg verlief nicht immer reibungslos.

Mit Plan C zum Erfolg

Sein Jugendtraum, Pilot zu werden, platzte, nachdem er die Ausbildung bereits abgeschlossen hatte. "Von einem Tag auf den anderen wurde mir das einfach weggenommen", erzählt er. Ein unentdeckter Herzfehler bereitete seiner jungen Karriere ein jähes Ende. Was folgte, war das Aufrappeln und Plan B – ein MBA-Abschluss. "Danach bin ich einen Monat mit dem Rucksack durch Costa Rica und anschließend nach Europa gereist. Das hat mein Leben verändert", blickt der Amerikaner sichtlich bewegt zurück. "Ich habe Italien gesehen, Rom, Venedig – und ich war fasziniert." Strelecky hatte Blut geleckt. Mit 33, am Höhepunkt seiner Karriere, kündigte der Unternehmensberater seinen Job, verkaufte Hab und Gut und brach zu einer einjährigen Reise um die Welt auf. Nach seiner Rückkehr schrieb er in nur 21 Tagen "Das Café am Rande der Welt".

Dünne Story, dichte Moral

Die Geschichte ist schnell gelesen und erzählt: Ein Reisender landet pannenbedingt in einem eigenartigen Café. Auf der Speisekarte finden sich drei Fragen: Warum bist du hier? Hast du Angst vor dem Tod? Führst du ein erfülltes Leben? Die Nacht wird er nun hier verbringen und gemeinsam mit der Kellnerin, dem Koch und einem Gast den großen Fragen seines Lebens auf den Grund gehen. Was simpel klingt, ist auch genauso geschrieben. Freunde literarischer Raffinesse werden sich bei der Lektüre mehr als einmal unwohl winden.

Eine schwierige Frage

Aber: Trotz aller sprachlicher und handwerklicher Schlichtheit sind es keine einfachen Fragen, mit denen Strelecky die Leser in seinem Erstlingsroman konfrontiert. Über nicht weniger als den "Zweck der eigenen Existenz" (ZDE) – oder auch den Sinn des Lebens – sollen sie sich bewusst werden. Mit der Botschaft, dass dieser (der Sinn) eine hoch individuelle Angelegenheit ist, hat der Starautor den Nerv der Zeit getroffen.

Safari des Lebens

"The Big Five – Was wirklich zählt im Leben" fand vor allem im deutschsprachigen Raum großen Anklang. Die Idee der Großen Fünf sei Strelecky in Afrika gekommen. Der Erfolg von Safaris wird daran gemessen, wie viele Tiere der "Big Five" man gesehen hat. Umgelegt auf unser Leben sind es jene fünf Dinge, "die wir tun, sehen oder erleben möchten, bevor wir sterben", schreibt Strelecky. "Wenn wir diese fünf Dinge vor unserem Tod getan, gesehen oder erlebt haben, können wir am Ende unseres Lebens zurückblicken und zu uns selbst sagen, dass wir unsere Big Five for Life verwirklicht haben und unser Leben daher erfolgreich war." Der Clou: Erfolg wird von uns, für uns individuell definiert.

Wie groß ist groß?

Folglich müssen auch die Big Five nicht nur den Beruf betreffen. Erlaubt ist, was gefällt. Ob lebenslanges Lernen, eigener Popsong oder die perfekten Spaghetti Bolognese: Die Großen Fünf müssen äußerlich betrachtet gar nicht so groß sein. Essenziell ist lediglich die Bedeutung, die man selbst ihnen beimisst. "Vielleicht ist es dein großes Ding, einmal in der Woche Kindern in der Bezirksbibliothek vorzulesen", erklärt Strelecky. "Im Vergleich zu Steve Jobs und Apple sagen viele vielleicht, dass das gar nichts Besonderes wäre. Dem widerspreche ich. Wenn das dein Ding ist, dann macht es das besonders", ist Strelecky überzeugt: "Wenn du dein Leben mit dem füllst, was dir wirklich wichtig ist, wirst du jeden Abend zufrieden zu Bett gehen. Und mit einem Lächeln aufwachen."

So finden Sie Ihre Big Five

  • Ab durch die Mitte: "Ich bin für ein Jahr von der Bildfläche verschwunden und habe die Welt als Rucksacktourist bereist", sagt John Strelecky. "Aber nicht für jeden ist das der Weg. Im Prinzip kann sich jeder zu Hause hinsetzen und sich eine Reihe Fragen stellen."
  • In der Ruhe liegt die Kraft: "Lösen Sie sich dazu vom Alltag und schalten Sie Ihr Handy aus", rät Strelecky. "Nur so kann Ihr Geist zur nötigen Ruhe kommen." Ebenfalls tabu: Kopfhörer und Musik. Hilfreich hingegen kann ein Spaziergang in der Natur sein.
  • Die Fragen: "Die großen Fragen wie Was macht mich glücklich? oder Warum bin ich hier? kann man sich im Grunde immer und überall stellen – wenn man sich erlaubt, sich selbst eine aufrichtige Antwort zu geben", sagt Strelecky.
  • Feedback holen: "Es kann helfen, das Gespräch mit einem Freund zu suchen", sagt der Autor. Wichtig: Verletzlichkeit zulassen und Platz für ehrliche Antworten einräumen. Fragen Sie etwa: "Wann hast du mich zuletzt glücklich gesehen, wann unglücklich?"

John Strelecky im Weekend-Talk

Seine Bücher inspirieren Millionen. Mit uns spricht Starautor John Strelecky (49) über den Mut, aufzubrechen, das Glück, zu tun, was man liebt, und verrät, wie man über die eigene Sterblichkeit seine "Big Five" findet.

Weekend: Mit 33 haben Sie Ihren Job gekündigt, alles verkauft und sind auf Reisen gegangen. Wie haben Sie den Mut gefunden, einfach aufzubrechen?

John Strelecky: Mit 28 war ich das erste Mal für einige Wochen auf Reisen. Als Management Consultant war mir nach kurzer Zeit klar, wo ich in zehn Jahren landen würde – und das war nicht das Leben, das ich mir vorstellte. Ich wünschte mir, die Welt zu ­sehen. Letztlich habe ich den Mut gefunden, weil ich nicht an dem Platz bleiben wollte, an dem ich war.

Weekend: Am Ende war der Wunsch, zu gehen, also größer als die Angst?

John Strelecky: Ja, absolut. Ich erinnere mich, etwa eine Woche nach Abreise in mein Tagebuch geschrieben zu haben: "Bevor ich gegangen bin, gab es 1.000 Gründe, dass das alles keinen Sinn ergibt. Jetzt, wo ich unterwegs bin, ist kein einziger mehr gültig."

Weekend: Ihre Reise war lebensverändernd. Wann haben Sie sich das erste Mal ­gedacht: "Wow, das ändert alles!"?

John Strelecky: Ich habe unterwegs eine junge Tauchlehrerin getroffen. Sie unterrichtete immer eine Zeit lang, sparte und reiste dann sechs Wochen zum nächsten Traumstrand. Als ich sie kennenlernte, war sie schon fünf Jahre unterwegs. Diese Zeitspanne zeichnete ein völlig neues Bild für mich. Und sie wurde tatsächlich für etwas bezahlt, das sie leidenschaftlich gern tat. Das war unglaublich augenöffnend.

Weekend: Aber sie war ja auch Tauchlehrerin. Wie können das Leute mit einem alltäglicherem Job machen?

John Strelecky: Nicht jedermanns Berufung ist es, Tauchlehrer zu sein. Teil der Herausforderung in unserem Leben ist es, herauszufinden, was uns persönlich glücklich macht.

Weekend: Manche Menschen macht es glücklich, Serien auf Netflix und im TV zu sehen.

John Strelecky: Wenn es das ist, was sie lieben, dann ist das doch perfekt. Ich glaube aber auch, dass manche damit nur ein Gefühl der Unzufriedenheit überdecken. Ich war deswegen früher jeden Freitag und Samstag in Bars. Auch das war eine Art, den Schmerz zu betäuben. Es ist absolut nichts Verwerfliches daran, wenn es dein Ding ist. Aber wenn es nur ein Mittel ist, um zu verstecken, was sonst in deinem Leben schmerzhaft wäre, dann erlaube dir die ­Frage: "Was wäre denn nicht schmerzhaft?" Du kannst zum Beispiel draufkommen, dass du als Kind gerne Fußball gespielt hast. Warum nicht einen Verein suchen und einmal die Woche spielen? Fange mit etwas Kleinem an. Einmal angefangen, kannst du dir etwas immer Besseres schaffen.

Weekend: Haben Sie einen Tipp für unsere Leser, wie sie ihre Big Five finden können?

John Strelecky: Im Prinzip kann man sich einfach in Ruhe daheim hinsetzen und sich selbst eine Reihe von Fragen stellen. Ein Beispiel, das ich nicht mehr in meinen Kursen verwende, das aber auch sehr hilfreich sein kann: Welche Dinge würdest du tun, wenn du nur noch 24 Stunden zu leben hättest? Mit wem würdest du sie verbringen? Wo wärst du? Warum? Und: Wie oft machst du genau das in deinem Alltagsleben? Irgendwann kommt tatsächlich der Tag, an dem du nur noch 24 Stunden hast – und ich verspreche dir, dass du nicht weißt, wann er beginnt. Indem du dir erlaubst, diese Dinge schon jetzt zu tun … Großartig! Wenn der 24-Stunden-Countdown dann zu laufen beginnt, tust du schon jeden Tag, was du liebst.

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