Top 4: Die schönsten Reiseziele für Brauchtumsliebhaber
1. Polen: Smigus-dyngus
In Polen gibt es am Ostermontag (dieses Jahr am 22. April) viele nasse Frauen. Denn an diesem Tag findet die jährliche Tradition "Smigus-dyngus", das Osterspritzen, statt. Besonders vor Kirchen, Bushaltestellen, Hauseingängen, Unterführungen oder auf Brücken warten vor allem Jugendliche darauf, ihren Opfern eine kalte Dusche zu verpassen. Es wird aus vollen Eimern geschüttet und mit möglichst großen Wasserpistolen gnadenlos herumgespritzt. Hier wurde der Brauch ein wenig verroht: Früher wurden die Damen elegant mit wenigen Spritzern blütenduftenden Wassers besprengt.
Der Brauch stammt aus dem 19. Jahrhundert. Die Bedeutung des Bespritzens der Frauen am Ostermontag liegt darin, dass ihre Gesundheit und Schönheit auch im kommenden Jahr erhalten werden soll. Früher bedeutete es, dass jene Frauen, die trocken blieben, im selben Jahr nicht mehr heiraten würden, da sich kein Mann für sie interessieren würde.
Unter den polnischen Jugendlichen ist "Smigus-dyngus“ nicht nur ein großer Spaß, der Brauch erfüllt auch eine wichtige gesellschaftliche Funktion als Balzritual. Je hübscher und begehrenswerter ein Mädchen empfunden wird, desto nasser ist sie am Ende des Tages.
Inzwischen kehrt vielerorts die Emanzipation ein, und die Frauen legen ihre reine Opferrolle ab. Sie bewaffnen sich ebenfalls mit Eimern und Wasserpistolen und revanchieren sich bei den Männern.
2. Finnland: Frauentragen
Einmal im Jahr befindet sich Finnland im Ausnahmezustand und veranstaltet das wohl schrägste Festival der Welt. Am 4. und 5. Juli treffen sich die weltbesten Paare im Frauentragen in Sonkajärvi. Auf mehr als 250 Meter geht es bei der Weltmeisterschaft im "Eukonkannon" (Frauentragen) um die Ehre.
Der Brauch hat seine Wurzeln im 19. Jahrhundert. Zu dieser Zeit war es nicht unüblich, dass Truppen verfeindeter Regionen in den Nachbarstädten Frauen stahlen. Diese mussten aber bis ins Feldlager zurückgetragen werden. Heute müssen die Finninnen zum Glück nicht mehr gezwungen werden - vielmehr nehmen sie aus Spaß an der Freude freiwillig mit ihren Männern am Rennen teil. Der Mann trägt seine "Beute" aber nicht in den Armen, sondern liegend über den Schultern. So hat er die Arme frei, und die Frau kann sich besser ausbalancieren. Der Parcours geht dabei über Asphalt, Sand, Gras und sogar durch Wasser.
Mittlerweile ist die finnische Tradition weltweit bekannt und beliebt. Die Teilnehmer kommen mittlerweile auch aus Australien, Deutschland, Großbritannien, Irland, Estland und den USA. Das schnellste Paar schaffte den Weg übrigens in 55,5 Sekunden und hält damit den Weltrekord.
3. England: Die Teerfassnacht
In der Bonfire Night, der Nacht des Feuers, rasen flammende Teerfässer durch die Dorfstraßen des englischen Ortes Ottery-Saint-Mary. Die Tradition besteht seit über 400 Jahren und wird am 5. November - dem Guy Fawkes Day in der Bonfire Night - gefeiert. Hunderte Menschen drängen sich dann in den engen Gassen, um das gefährliche Spektakel zu erleben.
Der Brauch verlangt, dass die Läufer die lodernden Teerfässer schnappen, auf die Schulter setzen und damit durch die Straßen laufen. Seit jeher überlebt die Teerfassnacht dabei jegliche Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften.
Seinen Ursprung hat die flammende Nacht im Jahr 1605. Sie beruht auf einem gescheiterten Versuch, König James zu ermorden. Der Aufständische Guy Fawkes und elf seiner Mitverschwörer träumten davon, das Parlament in die Luft zu sprengen, während der Regent im Haus war. Als Fawkes im Keller mit 36 Fässern Schießpulver und einer Tasche voller Streichhölzer entdeckt wurde, wurde er zum Symbol für die vereitelte Verschwörung, und der 5. November zu einem Tag der Dankbarkeit dafür, dass der König einst gerettet wurde.
Wer Feuer fürchtet und ein Problem mit großen Menschenansammlungen hat, sollte Ottery-Saint-Mary in dieser Nacht besser meiden. Für jene aber, die ein wenig Chaos gerne in Kauf nehmen, um eine spektakuläre Nacht zu erleben, ist der englische Ort das perfekte Reiseziel.
4. Spanien: Die Schlacht der Mehlmänner
Die spanische Gemeinde Ibi an der Costa Blanca wird jedes Jahr am 28. Dezember mit dem Fest der sogenannten "Els Enfarinats" (deutsch: "Mehlmänner") ins Chaos gestürzt. Die Tradition stammt aus dem 19. Jahrhundert. Wie genau das außergewöhnliche Fest entstand, ist allerdings in Vergessenheit geraten. Nicht gerade die sauberste Tradition, aber für einen guten Zweck: Das Geld, das an diesem Tag gesammelt wird, kommt lokalen Hilfsprojekten zugute.
Im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen die verheirateten Männer der Stadt, die sogenannten "Mehlmänner“. Sie übernehmen, bunt verkleidet, für einen Tag symbolisch die Stadt und erlassen eine Reihe verrückter Gesetze. Wer gegen diese neuen Vorschriften verstößt, muss eine Strafe zahlen, die am Ende des Tages karitativen Zwecken zukommt.
Damit die Sache spannender wird, gibt es noch eine zweite Gruppe bei diesem Brauch. "La Oposicio" - die Opposition - versucht, die alte Ordnung in der Stadt wiederherzustellen. Der Kampf wird mit Hilfe von drei Tonnen Mehl und Tausenden Eiern ausgefochten. Wer die ganze Sauerei am Ende wegräumen muss, ist nicht bekannt.