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Luftaufnahme einer überfluteten Küstenstadt bei starkem Wellengang: Eine breite Tsunami-Welle überschwemmt Straßen, Häuser und Hafenanlagen unter grauem Himmel.
Eine gewaltige Tsunami-Welle trifft auf die russische Küstenstadt Sewero-Kurilsk – das Wasser dringt tief ins Landesinnere vor und überflutet Hafenanlagen sowie Gebäude.
Eine gewaltige Tsunami-Welle trifft auf die russische Küstenstadt Sewero-Kurilsk – das Wasser dringt tief ins Landesinnere vor und überflutet Hafenanlagen sowie Gebäude.
HANDOUT / AFP / picturedesk.com

Tsunami trifft Hawaii: Touristenparadies streicht Flüge

30.07.2025 um 12:08, Stefanie Hermann
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Ein Beben der Stärke 8,8 hat Kamtschatka erschüttert. Weltweit gelten an der Pazifikküste Tsunami-Warnungen, zahlreiche Regionen wurden evakuiert.

Inhaltsverzeichnis

Ein starkes Seebeben der Magnitude 8,8 hat am 30. Juli 2025 die russische Halbinsel Kamtschatka erschüttert. Das Epizentrum lag laut dem US Geological Survey etwa 119 Kilometer ost-südöstlich von Petropawlowsk-Kamtschatski in rund 19 Kilometern Tiefe. Die Erschütterung war so stark, dass weltweit Tsunami-Warnungen ausgegeben wurden. In Russland, Japan und auf Hawaii wurden Küstenregionen geräumt. Flüge, insbesondere nach und von Hawaii, wurden vorsorglich gestrichen.

Das russische Erdbebeninstitut sowie die Kamtschatka-Abteilung des Geophysikalischen Dienstes der Russischen Akademie der Wissenschaften bewerteten das Beben als das stärkste in der Region seit 1952. Auch in anderen Ländern entlang des Pazifikbeckens – etwa in Indonesien, auf den Philippinen, in Französisch-Polynesien, Chile, Mexiko, Neuseeland und Taiwan – wurden Warnungen oder Vorsichtsmaßnahmen aktiviert. In Papua-Neuguinea, Vanuatu und den Salomonen wurden offizielle Tsunami-Alarmierungen ausgegeben.

Russland: Schäden in Hafengebieten

In Russland hat die Flutwelle insbesondere die Stadt Sewero-Kurilsk auf der Kurileninsel Paramuschir getroffen. Die staatliche Nachrichtenagentur RIA Nowosti berichtete von Wellenhöhen bis zu fünf Metern. Der örtliche Hafen sowie ein Fischverarbeitungsbetrieb wurden teilweise überflutet. Das Wasser drang rund 200 Meter ins Landesinnere vor.

Gouverneur Wladimir Solodow bezeichnete das Beben in einem Video auf der Plattform Telegram als „das stärkste seit Jahrzehnten“. Nach seinen Angaben sowie denen des russischen Katastrophenschutzes wurde ein Kindergarten schwer beschädigt, es habe dort aber keine Verletzten gegeben. Die Evakuierung der Bevölkerung habe frühzeitig eingesetzt. Insgesamt wurden rund 2.000 Menschen in Sicherheit gebracht, darunter 60 Urlauber.

Der Gesundheitsminister der Region Kamtschatka, Oleg Melnikow, erklärte im staatlichen Fernsehen, dass mehrere Menschen verletzt worden seien, unter anderem durch Stürze oder beim panikartigen Verlassen von Gebäuden. Eine Person sei aus einem Fenster gesprungen, eine weitere wurde im neuen Terminal des Flughafens verletzt. In vielen Haushalten wurden Einrichtungsgegenstände beschädigt, es kam zu Stromausfällen und Problemen bei der Telekommunikation.

Japan: Evakuierungen und Erinnerung an 2011

Auch in Japan sind in mehreren Präfekturen an der Pazifikküste Tsunami-Wellen registriert worden. In Miyagi wurde um 13:52 Uhr Ortszeit eine Welle von 1,3 Metern gemessen. In anderen Regionen wie Fukushima, Hokkaido und Aomori betrugen die Wellenhöhen bis zu 40 Zentimeter. Die japanische Wetterbehörde warnte vor weiteren Wellen von bis zu drei Metern.

Die Regierung rief die Bevölkerung in mehreren Regionen zur Evakuierung auf. Laut NHK flohen Küstenbewohner unter anderem in der Präfektur Hokkaido auf höher gelegene Hügel. Auch Bahnverbindungen wurden eingestellt. Der Premierminister Japans, Shigeru Ishiba, forderte die Menschen in einer Fernsehansprache auf, „sich in höher gelegene Gebiete oder in Evakuierungsgebäude zu begeben“.

Ein Todesopfer wurde gemeldet: Laut der Zeitung Asahi Shimbun starb eine 58-jährige Frau in der Präfektur Mie, als ihr Fahrzeug bei der Flucht von der Straße abkam. In sozialen Netzwerken erinnerten viele Menschen an den Tsunami von 2011, bei dem mehr als 15.000 Menschen ums Leben gekommen waren.

Der Betreiber des Atomkraftwerks Fukushima Daiichi, das 2011 schwer beschädigt wurde, bestätigte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, dass alle Mitarbeitenden in Sicherheit gebracht worden seien. Laut Tepco-Sprecherin wurden „keine Auffälligkeiten festgestellt“.

Hawaii: Flughäfen teilweise gesperrt

Auf Hawaii wurden Tsunami-Warnungen aktiviert. In der Nacht auf Mittwoch (Ortszeit) erreichten Wellen mit einer Höhe von bis zu 1,7 Metern Teile der Inselgruppe. Besonders betroffen war die Insel Maui, auf der alle Flüge gestrichen wurden. Gouverneur Josh Green erklärte in einer Pressekonferenz, dass rund 200 Menschen Zuflucht im Terminal des Flughafens von Kahului gefunden hätten. Die Flughäfen seien zwar nicht beschädigt worden, doch wurde der Flugverkehr vorsorglich eingestellt.

Green appellierte an die Bevölkerung, in den Häusern zu bleiben und die Nachrichtenlage zu verfolgen. Das Pacific Tsunami Warning Center senkte am Vormittag (GMT) die Warnstufe für Hawaii und erklärte, es sei kein größerer Tsunami zu erwarten. Dennoch blieben Absperrungen in Küstenregionen zunächst bestehen.

An der US-Westküste wurden Vorsichtsmaßnahmen getroffen. In Kalifornien wurde in Arena Cove eine Welle von knapp einem halben Meter registriert, in Crescent City betrug die Höhe laut dem National Tsunami Warning Center 3,6 Fuß (rund 1,1 Meter). In Kanada wurden ebenfalls Wellen beobachtet.

Schweres Erdbeben in Russland

Das Zentrum des Erdbebens lag laut Angaben verschiedener Institute im offenen Meer, rund 130 Kilometer von der russischen Küste entfernt. Die Stärke wurde je nach Quelle mit 7,8 (GFZ Potsdam), 8,7 (TASS) oder 8,8 (USGS) beziffert. Auf das Hauptbeben folgten mindestens sechs Nachbeben, darunter eines mit der Stärke 6,9.

Der betroffene Bereich liegt am „Pazifischen Feuerring“, einer tektonisch besonders aktiven Zone, in der die pazifische und die nordamerikanische Platte aufeinandertreffen. Das Beben zählt laut USGS zu den zehn stärksten weltweit seit Beginn der modernen Aufzeichnungen. Ähnliche Beben, etwa 2004 vor Sumatra oder 2011 vor Japan, hatten verheerende Auswirkungen.

UPDATE: Vorsichtige Entwarnung

Zahlreiche Pazifikanrainerstaaten haben ihre Tsunami-Warnungen im Laufe des Nachmittags mittlerweile wieder aufgehoben oder herabgestuft. Nach den meterhohen Flutwellen an mehreren Küsten entspannt sich die Lage zunehmend. In den meisten Regionen halten sich die Schäden in Grenzen. Todesopfer infolge der Flutwellen selbst wurden auch bislang nicht bestätigt. 

An der US-Westküste und auf Hawaii blieben die Auswirkungen geringer als zunächst befürchtet. Weiterhin muss jedoch mit Nachbeben und verzögerten Tsunami-Ausläufern gerechnet werden.

Anmerkung der Redaktion
Dieser Artikel wurde zuletzt am 30.07.2025, 17:10 Uhr, aktualisiert.

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