Wien: Scharia-Urteil gültig
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Ein Urteil des Landesgerichts Wien sorgt für Aufsehen: Ein Schiedsspruch, der auf islamischem Recht basiert, ist in Österreich gültig, sofern er im zivilrechtlichen Rahmen vereinbart wurde. Laut einem Bericht der „Presse“ verpflichtete sich ein Mann in einer Schiedsvereinbarung ausdrücklich zur Einhaltung islamischer Rechtsnormen (Ahlus-Sunnah wal-Jamaah).
Fall im Detail
Im konkreten Fall ging es um eine Zahlungsverpflichtung von 320.000 Euro. Das Schiedsgericht hatte das Urteil nach Scharia-Recht gefällt und das Landesgericht Wien bestätigte den Spruch nun. Entscheidend sei nicht die exakte inhaltliche Auslegung, sondern die formale Vereinbarung zwischen den Parteien.
Kein Verstoß gegen Grundwerte
Das Gericht betonte, dass die Entscheidung nicht gegen die Grundwerte des österreichischen Rechts verstoße. Eine inhaltliche Überprüfung, ob die Scharia im Detail mit österreichischem Recht übereinstimmt, fand bewusst nicht statt. Für vermögensrechtliche Streitigkeiten könne islamisches Recht somit gültig vereinbart werden, solange das Ergebnis nicht im Widerspruch zu den fundamentalen Rechtsprinzipien steht.
Was ist die Scharia?
Die Scharia ist ein religiöses Rechtssystem im Islam, das auf den grundlegenden Quellen Koran, den Überlieferungen des Propheten Mohammed (Hadithe), dem Konsens islamischer Gelehrter (Idschma) und dem Analogieschluss (Qiyas) basiert. Sie umfasst nicht nur juristische Regelungen, sondern auch moralische und religiöse Verhaltensnormen, die den Alltag der Gläubigen betreffen, von Fragen der Ehe, des Erbrechts und der Vertragsgestaltung bis hin zu Geboten des Gebets und des Fastens. Dabei gibt es nicht die eine Scharia, sondern unterschiedliche Auslegungen, je nach Rechtsschule und kulturellem Kontext. Während manche Länder die Scharia als staatliches Rechtssystem anwenden, spielt sie in vielen Regionen vor allem eine Rolle im privaten und religiösen Leben.