Direkt zum Inhalt
Gerhard Winkler, Leiter des Landeskriminalamts Wien sowie eine Abbildung der Tatwaffe
Die Ermittler konnten die Tatwaffe mittlerweile sicherstellen.
Die Ermittler konnten die Tatwaffe mittlerweile sicherstellen.
TOBIAS STEINMAURER / APA / picturedesk.com

Obdachlosenmorde: Täter gesteht grausame Details

12.12.2023 um 13:26, Anna Kirschbaum
min read
Gestern hat sich der 17-jährige Täter der Polizei gestellt. In seinem Geständnis offenbart er grausame Details. Die Opfer hat er gezielt ausgesucht.

Im Spätsommer hat eine Angriffsserie auf Obdachlose Wien in Atem gehalten. Drei Personen wurden nachts im Schlaf mit Messerstichen attackiert. Ein 55- und ein 56-jähriger Mann erlagen ihren schweren Verletzungen. Eine 51-Jährige wurde rechtzeitig ins Spital gebracht.

Jugendlicher stellt sich

Monatelang tappte die Polizei im Dunkeln. Gestern hat sich ein 17-jähriger Wiener auf der Polizeiinspektion Leyserstraße in Penzing gestellt. Der Jugendliche gab an, dass er "der gesuchte Obdachlosenmörder" sei, der auch auf von der Polizei veröffentlichten Videos zu sehen ist. Er habe ein "umfassendes Geständnis" abgelegt, sagt Gerhard Winkler, der Leiter des Ermittlungsdienstes des Landeskriminalamts Wien. Unmittelbar vor dem Geständnis hatte der Jugendliche noch seiner Freundin von den Tötungen erzählt, so Winkler.

Zerrüttete Verhältnisse

Als Motiv wurde zum einen seine zerrütteten Familienverhältnisse gesehen und zum anderen hatte sich seine private Situation ab Februar weiter verschlechtert. Er brach zu diesem Zeitpunkt die Schule ab und seine Drogensucht – er konsumiert seit seinem 16. Lebensjahr Partydrogen, aber auch Heroin und Kokain – verschlimmerte sich. "Er hat ein Ventil für seine Aggression gesucht, nach Aufmerksamkeit gesucht und eine gewisse Wut, Unruhe und Traurigkeit in sich verspürt, um diese Taten zu begehen", sagt Winkler.

Opfer gezielt gesucht

Ab 12. Juli hatte er gezielt nach Opfern Ausschau gehalten. Für die Auswahl hatte er drei Kriterien: leichte Verfügbarkeit, Ungestörtheit und Wehrlosigkeit. Dass alle drei Opfer obdachlos waren, dürfte für den Burschen keine Rolle gespielt haben. Für seine Taten hat er explizite Vorbereitungen getroffen. So hat er darauf geachtet, dass die Tatorte nicht videoüberwacht waren. Für die Suche vermummte er sich zudem und trug das Messer versteckt mit sich. 

Tatwaffe versteckt

Anders als sonst oft bei Serientätern üblich, hat der mutmaßliche Täter keine "Erinnerungsstücke" von seinen Opfern mitgenommen. Weitere Ermittlungsdetails, etwa ob auch DNA-Spuren sichergestellt wurden, wollte die Polizei noch nicht preisgeben.  Bei der mutmaßlichen Tatwaffe handelt es sich um 23 Zentimeter langes Einsatzmesser (Stiletto). Die Besorgung sei kein Problem, der Bursche hätte es selbst erworben. Im Verhör hat der Jugendliche das Versteck der Waffe verraten. "Nicht einmal wenn man sehr gut putzt, würde man es finden", so ein Ermittler zum Ergebnis der Hausdurchsuchung. Eine weitere Hausdurchsuchung wurde in einem Krisenzentrum in Währing durchgeführt, wo der 17-Jährige seit September lebte.

Polizeilich aufgefallen

In diesem Monat trat der Verdächtige auch zum ersten Mal polizeilich in Erscheinung. Bei einem Streit hat er seine Mutter verletzt. Die Polizei wurde zwar eingeschaltet, zu einer Festnahme ist es aber nicht gekommen. Auch aufgrund seiner Drogensucht ist die Behörde bereits auf den Teenager aufmerksam geworden. In Zusammenhang mit den Obdachlosenmorden stand er bis gestern aber nicht im Fokus der Ermittlungen. Dass er sich jetzt selbst freiwillig gestellt hat, dürfte mit dem Fahndungsdruck nach der Veröffentlichung der Videoaufnahmen zusammenhängen. Zudem wurden 10.000 Euro für Hinweise ausgelobt. 

Überfälle im Sommer

"Er wollte mit der Last nicht mehr leben, wollte sich die Schuld von der Seele reden", sagt Winkler. Die Überfälle auf Obdachlose begannen am 12. Juli, sein letztes Opfer attackierte er am 9. August. Dass es seither keine weiteren Attacken mehr gab, führen die Behörden auf die geänderte Lebenssituation des Jugendlichen zurück. Nach dem Schulabbruch hat der Jugendliche versucht "sein Leben in geordnete Bahnen zu lenken" und eine Lehre begonnen. Zudem hätte er dann auch eine Freundin gehabt. "Er hat sich bei ihr geborgen und geliebt gefühlt", so Winkler. Seine innere Unruhe habe er bei ihr vergessen.

more