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Jane Goodall umarmt liebevoll ein junges Schimpansenbaby und drückt es sanft an sich, Szene in natürlicher Umgebung.
Schimpansenforscherin Jane Goodall ist im Alter von 91 Jahren verstorben.
Schimpansenforscherin Jane Goodall ist im Alter von 91 Jahren verstorben.
SUMY SADURNI / AFP / picturedesk.com

Jane Goodall ist tot: Ein Leben für die Affen

02.10.2025 um 07:13, Stefanie Hermann
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Jane Goodall ist tot. Die Primatenforscherin ist im Alter von 91 Jahren verstorben. Ihre Arbeit hat unseren Blick auf Schimpansen für immer verändert.

Jane Goodall im Alter von 91 Jahren gestorben

Jane Goodall ist im Alter von 91 Jahren während einer Vortragsreise in Kalifornien gestorben. Das Jane-Goodall-Institut hat den Tod der britischen Ethologin und UN-Friedensbotschafterin bestätigt. Goodall ist am 1. Oktober 2025 in Kalifornien eines natürlichen Todes verstorben ist. Weltweit wurde die Nachricht mit großer Betroffenheit aufgenommen. Die weltberühmte Schimpansenforscherin veränderte die Primatenforschung grundlegend und prägte Generationen von Umweltaktivisten.

Frühe Jahre und Kindheitstraum

Jane Goodall wurde am 3. April 1934 in Hampstead bei London geboren. Schon als Kind entwickelte sie eine tiefe Faszination für Tiere. Stoff-Schimpanse "Jubilee", den ihr Vater ihr schenkte, begleitete sie ihr Leben lang und wurde später zu ihrer Art Markenzeichen. 

Besonders inspirierten die junge Jane die Bücher „Doctor Dolittle“ und „Tarzan“. Als junges Mädchen sei sie enttäuscht gewesen, dass Tarzan die „falsche Jane“ geheiratet habe, erzählte sie später augenzwinkernd.

Nach der Schule fehlte ihrer Familie das Geld für ein Studium. Goodall arbeitete zunächst als Sekretärin und Kellnerin, bevor sie 1957 nach Kenia reiste. Dort begegnete sie dem Anthropologen Louis Leakey, der ihr Potenzial erkannte und sie förderte.

Beginn der Forschung in Tansania

1960 schickte Leakey die damals 26-Jährige in den Gombe-Stream-Nationalpark am Tanganjikasee in Tansania. Begleitet von ihrer Mutter begann Goodall die Beobachtung wilder Schimpansen. Ihre Herangehensweise war für die damalige Zeit mehr als unkonventionell: Sie versteckte sich nicht, sondern näherte sich den Tieren geduldig, gab ihnen Namen wie Flo oder David Greybeard, behandelte sie nicht als Objekte, sondern als Individuen und lernte sogar ihre Sprache.

Ihre Methode stießen auf heftige Kritik unter Kollegen. Sie sei zu nah an ihren Forschungsobjekten und verliere damit die wissenschaftliche Distanz. Goodall ließ sich nicht beirren und hielt an ihrer Vorgehensweise fest.

Wissenschaftlicher Durchbruch in der Primatenforschung

Bereits in ihren ersten Jahren als Forscherin machte Jane Goodall Entdeckungen, die das Verständnis von Primaten komplett revolutionierten. So beobachtete sie, dass Schimpansen Werkzeuge herstellen, etwa indem sie Zweige von Blättern befreiten, um Termiten aus Hügeln zu angeln. Damit widerlegte sie die damalige Lehrmeinung, wonach Werkzeuggebrauch ausschließlich dem Menschen vorbehalten sei.

„Jetzt müssen wir entweder den Menschen neu definieren. Werkzeug neu definieren. Oder wir müssen Schimpansen als Menschen anerkennen", kommentierte ihr Mentor Louis Leakey die Entdeckung.

Das sollte aber nicht ihr letzter Durchbruch sein. Goodall stellte außerdem fest, dass Schimpansen Gefühle zeigen, individuelle Persönlichkeiten haben und sowohl fürsorglich als auch aggressiv auftreten können. 

Die Beobachtung brutaler Territorialkämpfe unter den Tieren war für sie selbst ein Schock: „Ich dachte, sie wären wie wir, aber netter als wir. Ich hatte keine Ahnung von der Brutalität, die sie an den Tag legen können.“

Jane Goodall mit einem Schimpansen auf den Schultern, lachend und spielerisch im direkten Kontakt inmitten grüner Natur.
Jane Goodall hat die Art und Weise wie wir Schimpansen sehen für immer verändert.

Gründung des Jane-Goodall-Instituts

1977 gründete sie das Jane-Goodall-Institut, das bis heute Forschung in Gombe betreibt, Bildungsprojekte unterstützt und Naturschutz fördert. Mit dem Jugendprogramm „Roots & Shoots“ inspirierte sie junge Menschen weltweit.

Das Jane-Goodall-Institut ist seit 2003  auch in Österreich vertreten. Der Sitz in Wien koordiniert zahlreiche Projekte im Bereich Natur- und Artenschutz. Im Mittelpunkt stehen Bildungsinitiativen für junge Menschen, die Förderung nachhaltiger Lebensweisen sowie der Schutz von Schimpansen und deren Lebensräumen. Das Institut arbeitet eng mit Schulen, Universitäten und Partnerorganisationen zusammen, um Goodalls Botschaft in Österreich und darüber hinaus weiterzutragen.

Auszeichnungen und internationale Anerkennung

Trotz fehlender Ausbildung erhielt Goodall 1962 eine Sondergenehmigung für ein Studium in Cambridge. Drei Jahre später promovierte sie in Ethologie. Damit wurde sie zur international anerkannten Wissenschafterin.

Für ihre Leistungen erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, darunter 2003 den Titel „Dame Commander of the British Empire“. Im Januar 2025 ehrte sie US-Präsident Joe Biden mit der „Presidential Medal of Freedom“.

Engagement für Umwelt- und Artenschutz

Ab den 1980er-Jahren verlagerte Goodall ihren Schwerpunkt zunehmend auf Umwelt- und Tierschutz. Sie warnte vor der Abholzung von Regenwäldern, dem Rückgang der Schimpansenpopulationen und den Folgen von Massentierhaltung und Fleischkonsum. 

2002 wurde Goodall von UNO-Generalsekretär Kofi Annan für ihren unermüdlichen Einsatz zur Friedensbotschafterin. Die Ernennung war unter anderem Anerkennung für ihr jahrzehntelanges Engagement für Artenschutz, Umweltbewusstsein und Bildung junger Menschen. Besonders hervorgehoben wurde in der Begründung ihr Programm „Roots & Shoots“, das weltweit Kinder und Jugendliche dazu ermutigt, Verantwortung für Natur, Tiere und Mitmenschen zu übernehmen.

Als Friedensbotschafterin verband Goodall seither ihre wissenschaftliche Autorität mit moralischem Gewicht – sie sprach in der UNO, reiste um die Welt und setzte ihre Stimme ein, um globale Umweltprobleme, Klimawandel und das Artensterben ins Bewusstsein zu rücken.

Ihre Vorträge führten sie fast das gesamte Jahr über rund um den Globus. Noch mit 90 Jahren war sie mehr als 300 Tage im Jahr unterwegs, um ihre Botschaft zu verbreiten. Goodall selbst bezeichnete sich scherzhaft als „fremden weißen Menschenaffen“. Ihr Ziel war es, Menschen zum Handeln zu bewegen. „Jeder von uns kann jeden Tag einen Unterschied machen“, war einer ihrer Leitsätze.

Persönliches Leben und Familie

1964 heiratete Goodall den niederländischen Tierfilmer Hugo van Lawick, mit dem sie einen Sohn hatte. Das Paar trennte sich 1974. Später war Goodall mit Derek Bryceson, dem Direktor der tansanischen Nationalparks, verheiratet, der 1980 verstarb. Trotz persönlicher Rückschläge blieb sie ihrer Arbeit treu. Ihr Sohn Hugo Eric Louis blieb eng mit ihrem Lebenswerk verbunden.

Reaktionen auf ihren Tod

Die weltweite Anteilnahme nach dem Tod von Jane Goodall ist groß. UN-Generalsekretär António Guterres würdigt Goodalls Schaffen als „außergewöhnliches Vermächtnis für die Menschheit“. Bundespräsident Alexander Van der Bellen bezeichnet die Britin als „eine Stimme von weltweiter Bedeutung“. Ihre Arbeit habe „Türen für Generationen von Frauen in der Wissenschaft geöffnet“, betont Ex-US-Präsident Barack Obama.

Das Vermächtnis von Jane Goodall

Jane Goodall veränderte das Bild vom Verhältnis zwischen Mensch und Tier nachhaltig. Ihre Beobachtungen in Gombe haben nicht nur alte Annahmen widerlegt, sondern unser Verständnis von Intelligenz und Kultur bei Tieren für immer verändert. Mit ihrem unermüdlichen Engagement für Natur- und Artenschutz hinterlässt Jane Goodall ein Lebenswerk, das weit über ihren Tod hinauswirkt.

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