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Papst Benedikt XVI | Credit: VINCENZO PINTO / AFP / picturedesk.com
Joseph Ratzinger verstarb in dem ehemaligen Kloster Mater Ecclesiae in den Vatikanischen Gärten.
Joseph Ratzinger verstarb in dem ehemaligen Kloster Mater Ecclesiae in den Vatikanischen Gärten.
VINCENZO PINTO / AFP / picturedesk.com

Vatikan: Benedikt XVI. ist tot

31.12.2022 um 10:39, Simone Reitmeier
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Der emeritierte Papst Benedikt ist im Alter von 95 Jahren verstorben. Er leitete die katholische Kirche von 2005 bis 2013 als erster deutscher Papst nach fast 500 Jahren.

Vor wenigen Tagen rief Papst Franziskus noch dazu auf, für den ehemaligen Papst Benedikt Gebete zu sprechen, da er „sehr krank“ sei. Sein Gesundheitszustand hatte sich rapide verschlechtert, er wurde rund um die Uhr von Ärzten beaufsichtigt. Der Deutsche ist vor wenigen Stunden im Alter von 95 Jahren verstorben, teilte der Vatikan mit.

Erster deutscher Papst nach fast 500 Jahren

Nach dem Tod von Pontifex Johannes Paul II. wird Kardinal Joseph Ratzinger am 19. April 2005 in einem der kürzesten Konklaven der Geschichte zum neuen Oberhaupt der katholischen Kirche gewählt. Die 115 Kardinäle hatten sich nach nur 26 Stunden für den Deutschen entschieden und ließen weißen Rauch über der Sixtinischen Kapelle aufsteigen. Bei Amtsantritt war Ratzinger, der sich fortan Papst Benedikt XVI nannte, 78 Jahre alt. Von Beginn an galt er als Übergangspapst – und in der Tat legte er nach acht Jahren sein Amt zurück. Auf ihn folgt 2013 der amtierende Papst Franziskus.

Papst Benedikt XVI und Kardinal Christoph Schönborn | Credit: Helmut Fohringer / APA / picturedesk.com
Der damalige Papst Benedikt XVI mit Kardinal Christoph Schönborn 2007 im Wiener Konzerthaus.

Aufgewachsen im ländlichen Bayern

Das Licht der Welt erblickte Joseph Ratzinger am 17. April 1927 im oberbayerischen Marktl als Kind von tiefreligiösen Eltern. Sein Theologie- und Philosophiestudium startete er nach dem Zweiten Weltkrieg, die Priesterweihe folgte 1951 und mit nur 30 Jahren habilitierte er zum Professor. Fortan lehrte Ratzinger an verschiedenen deutschen Universitäten, mit 50 Jahren wurde er zum Erzbischof von München-Freising berufen. Der Ruf aus Rom kam schließlich 1981 von Papst Johannes Paul II, mit dem der Bayer seine Grundüberzeugungen teilte.

Joseph Ratzinger als Kind | Credit: HO / AFP / picturedesk.com
Joseph Ratzinger als Kind im Jahr 1932 in Aschau am Inn

Weltbild: Äußerst konservativ

Benedikt XVI gilt als einflussreicher Theologe des 20. und 21. Jahrhunderts, der den Medienrummel mied und eher zurückhaltend wirkte. Schon bevor er Papst wurde, galt Ratzinger als erzkonservativer Mensch und sittenstrenger Katholik, der keine Abweichungen duldet. Nach 20 Jahren Tätigkeit im Vatikan – insbesondere als rechte Hand seines Vorgängers Johannes Paul II – waren ihm Abläufe, Personen und Institutionen bekannt. Brennenden Fragen der Kirche zu Sexualmoral und der Priesterweihe für Frauen stellte er sich aber nicht, von der Ehe zwischen Homosexuellen distanzierte er sich. Einer Modernisierung der katholischen Kirche stand Ratzinger ablehnend gegenüber, eher sorgte er für einen Rückschritt.

Kardinal Joseph Ratzinger mit Papst Johannes Paul II | Credit: uncredited / AP / picturedesk.com
1979: Kardinal Joseph Ratzinger (re.) mit Papst Johannes Paul II.

Skandale überschatten Pontifikat

Während seiner Amtszeit war Benedikt XVI immer wieder in Bedrängnis und mit Kritik konfrontiert. Zum Beispiel als er 2009 vier Bischöfe der ultrakonservativen Piusbrüderschaft von der Exkommunikation befreit hatte – darunter der Holocaust-Leugner Richard Williamson. 2006 zitierte der damalige Papst in seiner „Regensburger Rede“ einen byzantinischen Kaiser mit dem Verweis, der Islam hätte nur Schlechtes gebracht – das löste einen Disput mit der islamischen Welt aus. 2011 gelangten durch die Vatileaks-Affäre geheime Dokumente des Vatikans an die Öffentlichkeit, u. a. über eine homosexuelle Lobby innerhalb der Kurie. Seinem Image am meisten geschadet hatten jedoch die sexuellen Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche. Ein unabhängiges Gutachten belastete ihn schwer, er habe in seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising (1977 bis 1982) weggesehen und nichts gegen beschuldigte Kleriker unternommen.

Rücktritt nach acht Jahren Vatikan-Chef

2013 folgte schließlich der Rücktritt von Benedikt XVI, offiziell aufgrund seines Gesundheitszustandes. Er sagte, „auf das Amt des Bischofs von Rom, des Nachfolgers Petri, […] zu verzichten“. Er hätte nicht mehr genug Kräfte „um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben“. Aus eigener Entscheidung legte vor ihm zuletzt Coelestin V das Papstamt zurück – vor über 700 Jahren.

Bis zuletzt im Vatikan

Benedikt XVI verstarb im Alter von 95 Jahren in seiner Residenz, dem ehemaligen Kloster Mater Ecclesiae in den Vatikanischen Gärten.

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