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Grafisch generiertes Bild einer abstrakten Euro-Münze
Bargeld bekommt immer mehr Konkurrenz
Bargeld bekommt immer mehr Konkurrenz
IStock/PeterSchreiber.media

Digitaler Euro: Geht es dem Bargeld an den Kragen?

17.01.2024 um 12:20, Andrea Schröder
min read
Die Zukunft des Bezahlens nimmt Form an: Brüssel treibt die Einführung des digitalen Euro voran. Mit der neuen Währung gehen tiefgreifende Veränderungen einher.

Diese TV-Spots sind Ihnen sicher auch schon aufgefallen: "Nur Bares ist Wahres", heißt es da etwa. Oder auch: "Wer bar bezahlt, bezahlt am billigsten." Dass Bargeld einmal als bedrohte Spezies gelten und beworben werden würde, hätte man sich vor wenigen Jahren kaum vorstellen können.

Die Bank bin ich

In einer Zeit, in der virtuelle Währungen an Bedeutung gewinnen, ist der Vorgang des Bezahlens im Umbruch. Mit der geplanten Einführung des digitalen Euro bekommt Bargeld ein virtuelles Pendant. Im Gegensatz zu Kreditkarten oder Bank-Wallets gibt es dabei keinen Zwischenhändler – wir werden selbst zur Bank!

Stapel Geldscheine vor weißem Hintergrund, aufgeblättert
Welche Bedeutung wird Bargeld künftig haben?

Die Rolle der EZB 

Seit mehr als einem Jahrzehnt beschäftigen sich Geldpolitiker mit der Entwicklung digitaler Varianten des Zentralbankgeldes, auch bekannt als Central Bank Digital Currencies (CBDC). Die Motive dahinter: Laut Europäischer Zentralbank soll der digitale Euro dazu dienenl, Risiken durch "unregulierte" Zahlungslösungen wie dem Bitcoin  zu minimieren. Das Ziel sei, einen stabilen und regulierten digitalen Zahlungsraum zu schaffen.

Grafik mit einem Euro-Symbol in der Mitte, Symbolen und Textblöcken
Die Europäische Zentralbank rührt die Werbetrommel für den digitalen Euro

Geldmonopol in Gefahr

Ein weiteres Ziel besteht darin, potenziellen "fremden" Digitalwährungen zuvorzukommen, um das bestehende Geldmonopol zu schützen. Kurz und gut: Die Notwendigkeit, eine eigene digitale Währung anzubieten, spiegelt die Dynamik wider, die durch die Entwicklung im Bereich der Kryptowährungen entstanden ist.

Was wir wissen müssen

Die Abwicklung dürfte an Blockchains angelehnt sein, die wir von Kryptowährungen wie Bitcoins kennen. Was sind die Gemeinsamkeiten von Bitcoin und digitalem Euro, was die Unterschiede? "Bitcoin ist eine von vielen Kryptowährungen – egal ob Bitcoin, Ether oder vielleicht in Zukunft der digitale Euro – die auf der Blockchain-Technologie aufbauen," erklärt Alexandra Vetrovsky-Brychta, Business Director bei onlyfy by XING und Präsidentin des Dialog Marketing Verbands Österreich. Blockchain ist eine große Datenbank aus sogenannten "Blocks", die jeweils Transaktionen abbilden und nach Entstehen aneinandergereiht werden. Es ist eine Technologie, die als sehr sicher gilt."

Porträt mit verschränkten Armen vor weißem Hintergrund
Alexandra Vetrovsky-Brycha, Präsidentin DMVÖ

Der digitale Euro ist Bargeld für die digitale Welt, mit den gleichen Vorteilen: Man kann es im Geschäft genauso als Zahlungsmittel verwenden wie zwischen Privatpersonen, ohne Zwischenglied wie etwa ein Kreditkarteninstitut. Es ist immer verfügbar und risikofrei. Eine grundlegende Nutzung wäre kostenlos.

Alexandra Vetrovsky-Brychta

So wie heute bei Scheinen und Münzen. Diese Ergänzung zu Bargeld sei aufgrund des hohen Anteils an Digitalisierung ein wertvoller Beitrag, um Konsumenten – im Vergleich zu den bereits bestehenden, meist privatwirtschaftlichen digitalen Zahlungsmitteln – eine gute, sichere und kostenlose oder jedenfalls kostengünstigere Alternative zu bieten.

Wie Bargeld

Auch Monika Cisar-Leibetseder, Vorstandsvorsitzende der Volksbank Steiermark, steht der Währungs-Innovation positiv gegenüber: "Der digitale Euro wäre sicher und privat und könnte wie Bargeld überall im Euro-Raum genutzt werden."

Mit dem digitalen Euro würden Sie mit Ihrem Handy, welches über ein sogenanntes Wallet, eine Brieftasche verfügt, direkt mit digitalem Bargeld bezahlen. Auf dem Bankkonto würde keine Bewegung stattfinden. Sie könnten beispielsweise auch Ihrem Kind das Taschengeld auf dessen Handy übertragen.

Monika Cisar-Leibetseder

Aktuell prüft und evaluiere die Europäische Zentralbank die Einführung eines digitalen Euro, so Cisar-Leibetseder: "Sie analysiert unter anderem auch die Auswirkungen auf das Finanzsystem sehr genau. Die schwedische Riksbank ist da schon etwas weiter. Sie hat seit einigen Jahren ein Pilotprojekt laufen, um die technische Lösung für eine digitale Krone zu testen."

Porträt
Monika Cisar-Leibetseder, Vorstandsvorsitzende Volksbank Steiermark

Garantie durch die Nationalbank

Vorteil des digitalen Euro im Vergleich etwa zu Bitcoin: Der Wert einer Kryptowährung schwankt. Hinter dem digitalen Euro stünde die EZB, die auch dessen Wert garantieren würde, bzw. die nationalen Notenbanken wie die Österreichische Nationalbank. 

Der Status Quo

Im November 2023 ist die sogenannte Vorbereitungsphase gestartet, in der die Grundlagen für die mögliche Ausgabe eines digitalen Euro erarbeitet werden. Denn es muss erst das Regelwerk geschaffen werden. Außerdem müssen technische Anbieter identifiziert werden, die gegebenenfalls eine Plattform und die Infrastruktur entwickeln können. Die Bankerin: "Es ist derzeit noch gar nicht final entschieden, ob es überhaupt zur Einführung kommen wird."

Zum Papierflieger gefalteter 100 Euro-Schein
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Bares spenden 

Besorgt über mögliche Nachteile einer Digitalwährung zeigen sich Charityverbände. Ihre Befürchtung: Das Spendenaufkommen, etwa für den Tierschutz oder an Obdachlose, könnte unter einer Abschaffung des Bargelds leiden."Wir dürfen nicht außer Acht lassen, dass es viele Bereiche gibt, in denen der Euro lockerer sitzt, wenn er physisch im Geldbörsl ist," gibt Dr. Roman Szeliga zu bedenken. Der Arzt, Autor und Keynote Speaker ist Mitbegründer der CliniClowns. "Denken wir an Charity- und Fundraising-Aktionen auf Einkaufsstraßen. Ein paar anonyme Euro wirft man gern einmal in die Spendenbox, die Karte zückt man dann nicht ganz so schnell."  

Deshalb braucht es auf jeden Fall auch weiterhin Möglichkeiten, unkompliziert und anonym im Vorbeigehen kleine Beträge für den guten Zweck spenden zu können. Man muss das Bargeld ja nicht gleich komplett abschaffen, es können auch mehrere Systeme nebeneinander existieren.

Dr. Roman Szeliga
Porträt mit Bügel-Mikrofon
Dr. Roman Szeliga, Mitbegründer der CliniClowns

Hauptsache Geld

Angesichts dieser Bedenken - und der Tatsache, dass in Österreich viele Menschen auf Unterstützung angewiesen sind – ein Appell: Bitte spenden Sie weiter an gemeinnützige Organisationen, Straßenzeitungsverkäufer oder das Rote Kreuz. Bares oder Digitales, ganz wie Sie wünschen!

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