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Landeshauptmann Thomas Stelzer
Thomas Stelzer, Landeshauptmann von Oberösterreich (ÖVP), zieht die Lehren aus der Krise.
Thomas Stelzer, Landeshauptmann von Oberösterreich (ÖVP), zieht die Lehren aus der Krise.
Hermann Wakolbinger

Thomas Stelzer: Stresstest für die Politik

15.12.2020 um 10:01, Klaus Schobesberger
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Es ist das schwierigste Jahr für Thomas Stelzer als Landeshauptmann. Im Interview erklärt der Politiker, welche Lehren er aus dem Jahr 2020 zieht und warum Oberösterreich besser aus der Krise kommt.

CHEFINFO: Welche Lehren ziehen Sie aus dem Jahr 2020, das Covid-19 brutal beherrscht?

Thomas Stelzer: Das erste und bitterste Lektion ist: Keine Generation kann sich in Sicherheit wiegen. Unsere Großeltern und Urgroßeltern haben Weltkrieg und Wiederaufbau erlebt. Nun sind wir selbst mit einschneidenden Ereignissen konfrontiert, die unsere Gesellschaft von ihrer Grundeinstellung möglicherweise verändern wird. Mein zweites Learning: Es ist gut und wichtig, dass wir ein breit gestreutes Gesundheits- und Spitalswesen haben. Bei allen notwendigen Spezialisierungen und Spitzeninstituten ist eine regionale Versorgung für ein Flächenbundesland wie unseres ganz wichtig. Das hilft uns gerade sehr in der zweiten Welle. Drittens: Die wirtschaftliche Stärke Oberösterreichs ist gerade sehr gefordert – und ein unschätzbarer Vorteil. Viertens: Innovation gewinnt. Ich höre von immer mehr Industriebetrieben, dass ihre Auftragsbücher wieder gefüllt sind. Das fünfte ist, dass ein solider Finanzweg gut für schlechte Zeiten ist. Dank unserer Rücklagen und des guten Ratings können wir jetzt mehr helfen als andere. Das heißt für uns aber auch, dass wir nach der Krise wieder zu konsolidierten Haushalten im Land zurückfinden wollen.

Unsere Großeltern und Urgroßeltern haben Weltkrieg und Wiederaufbau erlebt. Nun sind wir selbst mit einschneidenden Ereignissen konfrontiert.

CHEFINFO: Es wurde der Zick-zack-Kurs bei den Maßnahmen kritisiert. Kann es überhaupt einen roten Faden in einer Pandemiebekämpfung geben oder muss immer wieder neu justieren werden?

Stelzer: Entschieden werden muss jeden Tag neu, zum einen weil das Virus noch nicht vollständig erforscht und Pandemieverlauf unberechenbar ist. Im Sommer waren sich zwar alle Experten einig, dass eine zweite Welle kommen wird, aber ihre Wucht und ihre Geschwindigkeit hat so niemand prognostiziert. Zum anderen greifen die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie sehr stark in unsere Freiheitsrechte ein. Der Staat muss daher mit Augenmaß handeln und auf viele Interessen Rücksicht nehmen. Das macht es schwierig, einen roten Faden zu verfolgen. Letztlich müssen wir uns alle – nicht nur die Politik kritisch hinterfragen. Im Sommer hatte sich ja stark das Gefühl breitgemacht, das alles nicht so schlimm sei und es so locker weitergehen wird. Das war ein gefährlicher Trugschluss.

CHEFINFO: Ist Corona auch ein Stresstest auch für den Föderalismus?

Stelzer: Ganz sicher. Es ist ein Stresstest für das gesamte System und für unseren Aufbau als Bundesstaat. Es zeigt sich, was immer die Bundesregierung anordnet oder vorhat: Umgesetzt wird es in den Ländern. Massentestungen kann man noch als so großes Ziel in Wien verkünden, wenn wir in den Ländern, in Gemeinden und Städten nicht umsetzen, wenn wir nicht zupacken, bleibt es eine schöne Überschrift. Insofern ist es ein Stresstest, aber auch ein Beleg dafür, dass der Aufbau in den Bundesländern und in den Gemeinden ein guter ist, weil da die Arbeit vor Ort passiert.“

Es zeigt sich, was immer die Bundesregierung anordnet oder vorhat: Umgesetzt wird es in den Ländern.

CHEFINFO: Sie haben als Landesregierung ein großes Investitionspaket geschnürt. Kommt Oberösterreich besser als andere aus der Krise?

Stelzer: Mit dem Oberösterreichplan werden in den nächsten fünf Jahren 1,2 Milliarden Euro zusätzlich investiert, um Oberösterreich wieder stark zu machen. Daher glaube ich, dass wir es besser schaffen können als andere. Investiert wird genau dort, wo der wirtschaftliche Effekt am größten ist: Nämlich in klassische regionale Infrastrukturprojekte, die auch für die lokale Wirtschaft Aufträge bringen und damit Arbeitsplätze sichern. Es sind notwendige Projekte, um den Standort weiterzuentwickeln: Im Vordergrund steht der Ausbau von Straßen, erneuerbarer Energie, Breitbandinfrastruktur bis hin zu Spitalsinvestitionen. Weil wir sehen, dass die Arbeitslosigkeit steigt, investieren wir in Bildungsqualifikations- und Schulungsmaßnahmen. Ein weiter wichtiger Punkt ist Innovation und Forschung: Die Digitaluniversität ist ein Meilenstein für die Weiterentwicklung des Standorts Oberösterreich.

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