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Ray Demsky

Trendsport Bouldern – Einblicke vom Profi

18.08.2021 um 08:00, Alexandra Nagiller
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Was für viele früher nur eine Trainingsform für das Klettern am Seil war, ist heute zum absoluten Trend geworden. Bouldern erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Doch warum ist das so? Wir sind dem Phänomen auf den Grund gegangen.

Bouldern boomt – und viele halten es für eine recht junge Sportart. Dabei ist das Klettern etwa in Großbritannien oder an den Sandsteinblöcken in Fontainebleau (Frankreich) schon seit den 1930-Jahren Tradition, wie auch Boulder-Legende Bernd Zangerl bestätigt: „Dort ist das ein Volkssport, den alle, von den Kids bis zu den Großeltern, betreiben. Ganz zu Beginn war schon das Training für Seilklettern der Hintergrund, seit den 60ern hat sich Bouldern aber als eigene Disziplin etabliert.“    

Reiz an Bewegung

Der Spaß am Fels steht für Zangerl, der zu den Pionieren in der internationalen Boulderszene gehört, an erster Stelle. „Im Spitzensport geht es um Leistung. Mir geht es aber um die Natur, um die Freude an der Bewegung, Kreativität und das Spiel mit dem Fels. Erfolg passiert dann. Bouldern ist für mich die Königsdisziplin im Klettern und gleichzeitig der Kindergarten, weil man so schöne Bewegungen erschafft und gleichzeitig mit Freude und ohne Druck am weitesten kommt.“  

Hotspots in Tirol

Der Oberländer hat schon alle berühmten Bouldergebiete der Welt erkundet – aktuell ist er in Südafrika. Doch einige der schönsten Gebiete finden sich laut ihm auch in Tirol. Beim Silvapark in Galtür (etwa 175 Boulder-Touren) war er sogar maßgeblich an der Entwicklung beteiligt. Das Zillertal hat ebenfalls einiges zu bieten, allerdings eher schwierigere Boulderrouten. „Nachdem diese im Tal sind, sind sie im Frühling und Herbst interessanter“, so der Profi. Auch das Ötztal mit einigen kleinen Gebieten empfiehlt er für Anfänger.

Bouldern mit Kids

Klettern ohne Seiltechnik und auch bei Höhenangst – das macht Bouldern natürlich für eine breite Bevölkerungsschicht attraktiv, auch für Familien. Gerade Kids liegen Zangerl sehr am Herzen: „Deshalb haben wir bereits 2010 Kinderklettern in Galtür etabliert. Es wird auch sehr gut angenommen. Innerhalb von ein paar Stunden, immer freitags, gibt es tolle Erfolgserlebnisse, selbst für eher unsportliche Kids. Sich spielerisch und angstfrei mit der Materie Fels vertraut machen ist einfach ein besonderes Erlebnis. Und wer sich auf eigene Faust an den Fels wagen möchte, leiht sich ein Crashpad aus.“ Inzwischen gibt es auch andere Gebiete, die den Einstieg in den Bouldersport noch leichter machen: so z. B. der Mandlers Boden im Pitztal (rund 176 Boulderprobleme). Durch die Höhenlage und den Wald ist das Gebiet ebenso wie Galtür vor allem an heißen Sommertagen ein lohnendes Ziel. Crashpads können im Alpincenter oder der Tourismusinformation in Mandarfen ausgeliehen werden. Neben den hier erwähnten Gebieten warten aber noch ganz viele weitere kleine, aber feine Bouldersektoren – Infos z.B. auf climbers-paradise.com

Bernd Zangerl, Oberländer Boulderpionier

Wie bist Du zum Bouldern am Fels gekommen?
Das war eher Zufall. Ich war gerne Seilklettern, habe dann einen Freund in Vorarlberg und im Tessin besucht und dort Bouldern probiert – das hat mir auf Anhieb so gut gefallen, dass ich jahrelang kein Seil mehr angerührt habe.


Was macht die Faszination für Dich aus?
Beim Seilklettern bin ich auf Schwierigkeit gegangen, beim Bouldern aber plötzlich leichte Steine nicht raufgekommen, weil die Schwierigkeit viel höher ist. Bouldern ist ideal, um schwierigste Bewegungen zu trainieren, auch spielerisch und ruhig auch mal verrückte Moves.


Deine Tipps für Anfänger?
Jeder kann Bouldern – und es ist der einfachste Start am Fels. Viele machen aber den Fehler, aus der Halle raus gleich an den Fels zu gehen und den gleichen Schwierigkeitsgrad zu suchen. Besser mit einem leichteren starten. Hier mal ein Bewegungsrepertoir aufbauen und sich relaxt rantasten, denn es geht weniger um Kraft als mehr um das Gefühl für den Fels, das einen weiter bringt.

Tipp: Im Herbst 2022 soll das Schulsportprogramm im Bezirk Landeck wieder aufgenommen werden, bei dem Bernd die Kinder in die Welt des Bpuldern einführt. Nähere Infos folgen hier

Dieses Buch ist der erste Bildband, der die über 100-jährige Geschichte des Bouldersports von den Anfängen bis zu Olympia dokumentiert. Inhalte: Motivation, Natur, Respekt vor Outdoorsport, Reglements, Naturschutz und wie man Kids sinn- und verantwortungsvoll zum Sport hinführen soll. Gastautoren sind u. a. die Bouldergrößen John Gill oder Fred Nicole. Bergwelten Verlag, 232 Seiten, 24 Euro.

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