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Ein Jäger mit Fernglas-Gucker unterwegs im Wald.
Die Entscheidung basiert in erster Linie auf der Trinkwasserversorgung, die für Kufstein aus dem Kaisertal kommt.
Die Entscheidung basiert in erster Linie auf der Trinkwasserversorgung, die für Kufstein aus dem Kaisertal kommt.
iStock.com/r.sakinmaz@gmail.com

Wirbel in Kufstein: Milliardärs-Familie verliert Jagdrevier

07.02.2024 um 15:23, Simone Reitmeier
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Darf die deutsche Industriellenfamilie Henkel in Tirol nicht mehr jagen? Kufstein wird den Pachtvertrag nicht verlängern und einen Berufsjäger einstellen.

Die Nachricht hat vergangene Woche für mächtig Wirbel gesorgt: Zahlreiche Medien berichteten, dass Kufstein der deutschen Industriellenfamilie Henkel die Jagdpacht im Kaisertal entziehe. Weekend.at hat bei Bürgermeister Martin Krumschnabel nach den Gründen gefragt und wie die Jagd in Zukunft organisiert werden soll.

Pachtvertrag läuft aus – nichts wird entzogen

Gleich zu Beginn stellt Bürgermeister Martin Krumschnabel klar, dass der Familie Henkel das Jagdrevier im Kaisertal nicht entzogen wird. "Ein Pachtvertrag läuft aus. Anstatt den freiwerdenden Pachtgegenstand auszuschreiben, hat sich die Stadtgemeinde Kufstein entschieden, diesen selbst zu bewirtschaften. Niemand hat ein Erbrecht auf einen Pachtgegenstand, niemandem kann daher etwas entzogen werden." Der Pachtvertrag läuft offiziell am 31. März 2025 aus und wird nicht verlängert. Dafür hat die Stadt auch nachvollziehbare Gründe genannt.

Trinkwasser braucht intakten Mischwald

Die Entscheidung basiert in erster Linie auf der Trinkwasserversorgung, die für Kufstein aus dem Kaisertal kommt. Um Niederschläge bestmöglich vorzufiltern und Oberflächenabfluss zu verhindern, braucht es einen guten Bodenaufbau. Das gelingt am besten mit einem Mischwald, der ein stabiles Ökosystem bildet und die Gefahr von Krankheiten minimiert. "Grundvoraussetzung dafür ist, dass Mischbaumarten aufkommen können. Dieses Ziel wird aufgrund des Wildeinflusses derzeit deutlich verfehlt", beschreibt Martin Krumschnabel die Situation im Kaisertal. Die Stadt  – als größter Grundeigentümer – möchte daher rechtzeitig gegensteuern und den Pachtvertrag für das etwa 2.800 Hektar große Revier mit der Familie Henkel nicht verlängern.

Luftaufnahme vom Kaisertal in Tirol.
Ein Berufsjäger soll dem Kunden die Abschüsse abnehmen und gleichzeitig die Interessen der Stadt erfüllen.

Abschusszahlen müssen erhöht werden

In seiner Stellungnahme räumt der Bürgermeister auch mit dem Vorwurf auf, dass die Entscheidung nur wegen zu geringer Abschusszahlen der Familie Henkel gefallen sei. Tatsache sei vielmehr, dass "die Jagd im Kaisertal schlichtweg viel zu weit vom Zielwert von sieben Stück pro 100 Hektar entfernt ist". In der Eigenjagd liege der Abgangswert (= Abschuss und Fallwild) in den vergangenen drei Jahren bei zwei Stück pro 100 Hektar. Im Revier Stadtberg, das Kufstein selbst bewirtschaftet, waren es im selben Zeitraum vier Stück pro 100 Hektar. Aber auch das sei zu wenig. Werden diese Zahlen nicht erreicht, wird die Verjüngungsdynamik des Waldes beeinträchtigt, was zu Trinkwasserproblemen führen kann.

Kufstein stellt Berufsjäger ein

Um die Problematik zu verdeutlichen, nennt Bürgermeister Krumschnabel ein Beispiel. Ein Jagdkunde bezahle zum Beispiel für sieben Rehe, um draußen im Wald zu sein und Wildtiere beobachten zu können. "Tatsächlich schießt er ein bis zwei Trophäen, der Rest interessiert ihn nicht", so Krumschnabel. Die Lösung: Kufstein stellt einen Berufsjäger ein, der dem Kunden die Abschüsse abnimmt und gleichzeitig die Interessen der Stadt erfüllt.

Eine Frau mit ihrem Hund bei der Jagd.
Künftig werden auch andere Personen im Kaisertal jagen dürfen.

Jagdkarten für Hobbyjäger

Das bedeutet aber nicht, dass Hobbyjäger im Kaisertal nicht mehr jagen dürfen. Die Angebote – Pirschbezirke, Jagdkarten und Einzelabschüsse – werden künftig ausgeschrieben. "Bis dahin können sich Interessenten jederzeit bei der Stadtgemeinde Kufstein melden und sich informieren. Für die Ausschreibung werden sie in Evidenz gehalten", erklärt Krumschnabel die künftige Jagdordnung.  Davon ausgenommen ist auch die Familie Henkel nicht, aber auch andere Personen können nun im Kaisertal auf die Jagd gehen.

Natürlich wäre uns die Familie Henkel als Jagdkunde weiterhin sehr willkommen. Jetzt in einem System, das die Interessen beider Seiten wahren wird.

Martin Krumschnabel, Bürgermeister Kufstein

Der Berufsjäger wird für die Revierbetreuung, die Jagdgäste und die Abschusserfüllung zuständig sein.

Droht Kufstein nun ein Jagdtourismus?

Die Entscheidung der Stadt ist aber auch auf Kritik gestoßen. Stadtrat Walter Thaler (Gemeinsame Kufsteiner Liste, GKL) meint gegenüber der Tiroler Tageszeitung: "Das hat sich der Henkel nicht verdient", er habe viel Geld in das Revier gesteckt und die Hütten ordentlich betreut. Ähnlich sehen das auch Stadtrat Richard Salzburg (ÖVP) und NEOS-Gemeinderätin Birgit Obermüller. Stadtrat Lukas Blunder (MFG) befürchtet sogar einen aufkeimenden Jagdtourismus im Kaisertal. Bürgermeister Krumschnabel kann dem nichts abgewinnen, denn "die Angebote werden ausschließlich durch die Stadtgemeinde Kufstein gesteuert". Jagdkunden seien in der Regel treue Gäste, läuft die Zusammenarbeit gut, werde diese langjährig sein. "Wenn nicht, dann sind wir uns der Attraktivität unserer Jagdangebote bewusst und werden einzelne erneut ausschreiben."

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