41 Jahre am Sonnblick: "Wetterfrosch" Ludwig Rasser im Porträt
Den gelernten Installateur und Spengler zog es mit 21 Jahren auf das Observatorium am Sonnblick, wo er als Wetterwart tätig wurde. „Ich war schon im frühen Kindesalter mit meinem Vater in den Bergen unterwegs, um Mineralien zu suchen“, erzählt der erfahrene Alpinist mit leuchtenden Augen und sofort wird klar: Die Berge sind sein Zuhause. Und genau die Suche nach einem neuen Stein war es, die ihn zu seinem Beruf brachte. Auf einer Tour erfuhr Rasser von der freien Stelle auf dem Gipfel des Sonnblicks auf 3.106 Metern Seehöhe. Zwei Wochen später trat er als Wetterbeobachter seinen ersten Dienst an. Das war 1980, und bis zu seinem letzten Arbeitstag im April 2021 ist er geblieben. Mit 41 Dienstjahren geht er nun in den wohlverdienten Ruhestand und war so lange auf der höchstgelegenen und dauerhaft bemannten Beobachtungsstation Europas, wie noch kein anderer vor ihm. „Mit so vielen Dienstjahren werde ich wahrscheinlich auch der einzige bleiben“, ist sich der Pinzgauer sicher.
Kälte, Eis und Stürme
„Die ersten Jahre verbrachten meine Kollegen und ich noch im alten Gebäude mit einem Kohlenofen als Heizquelle und ohne Sanitäranlagen“, schwelgt der Pinzgauer in Erinnerungen an eine fordernde, wie auch schöne Zeit. Wochenlange Schneestürme, Windböen und Lawinen verhinderten oft die Heimkehr ins Tal und verlängerten so ungewollt die Arbeitseinsätze, die damals regulär drei Wochen am Stück dauerten. Pro Schicht waren immer drei Wetterbeobachter im Einsatz. Per Telefon gaben sie den Wetterschlüssel – eine Kombination aus Zahlen – in regelmäßigen Abständen an die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) weiter. Oft war es schwierig für Ludwig Rasser, so lange von seiner Frau und den fünf Töchtern getrennt zu sein. „Der Rückhalt zu Hause und bei den Kollegen am Berg haben es mir ermöglicht, meinen Dienst so lange auszuüben.“
Mehr Komfort für die „Wetterfrösche“
Durch den Neubau 1986 im Zuge der „100-Jahr-Feier“ gestaltete sich das Leben der „Wetterfrösche“ am Berg ein wenig komfortabler. Toiletten wurden installiert und jeder Wetterwart hatte ab sofort ein Zimmer für sich allein, wenn er den Dienst antrat. Neben dem Wetterturm wurde eine Messstation für luftchemische Hintergrundmessungen errichtet. Mit verschiedensten Ausbildungen, unter anderem zum Betriebsleiter für Seilbahnen, lernte der heute 62-Jährige alles von der Pike auf. Erst im November 2018 wurde eine neue Seilbahn in Betrieb genommen, zuvor war jene aus den 50er Jahren im Einsatz. Heutzutage sind die Messtechniker am Sonnblick immer zu zweit und 15 Tage durchgehend im Dienst. Jede Schicht dauert von 6.00 bis 21.00 Uhr und dabei ist vor allem technisches Know-how gefragt. Alle Messsysteme müssen rund um die Uhr beobachtet, überprüft, vom Schnee befreit und alle Filter ausgetauscht werden. Abwechselnd kümmert sich währenddessen ein Kollege um Küche und Haushalt.
Gipfelglück
Konditionell gesehen gehört Rasser definitiv nicht zum alten Eisen. Als ehrenamtlicher Bergretter ist er bereits über 40 Jahre im Dienst und wird es auch weiterhin bleiben. Dreißig Jahre davon war er Hundeführer und bei unzähligen Lawinenbergungen und Einsätzen dabei. In seiner Freizeit wird es den Rauriser auf jeden Fall weiterhin auf den Sonnblick und auf die umliegenden Gipfel ziehen – zu Fuß oder auf Tourenski. Die Leidenschaft für Mineralien brachte den frischgebackenen Pensionisten vor 41 Jahren zu seinem außergewöhnlichen Beruf, eine Zeit, die er schätzt und auf die er gerne zurückblickt. Viele der gefundenen Kristalle findet man bei Ludwig Rasser im hauseigenen Museum oder im Talmuseum Rauris. Neben Hobbys, wie Bienen- und Fischzucht, sowie seiner kleinen Landwirtschaft ist er gern auf dem Motorrad unterwegs. Langeweile kommt bei dem junggebliebenen Bergfex also garantiert nicht auf.