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Ein offizieller der Saudi Professional Leauge auf dem Spielfeld mit zwei Schiedsrichtern sowie Cristiano Ronaldo und Sergio Ramos
Kritiker vermuten, dass Saudi-Arabien sein politisches Negativ-Image mithilfe spektakulärer Fußball-Transfers aufpolieren möchte
Kritiker vermuten, dass Saudi-Arabien sein politisches Negativ-Image mithilfe spektakulärer Fußball-Transfers aufpolieren möchte
AHMED YOSRI / REUTERS / picturedesk.com

Ronaldo bis Neymar: Das ist die millionenschwere Wüsten-Elf

24.09.2023 um 11:20, Stefan Kohlmaier
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Saudi Arabien ist im Fußball-Fieber und lockt die besten Kicker der Welt ins islamische Königreich. Von Neymar bis Ronaldo: Das ist die goldene Wüsten-Elf.

Der sportliche Ruf, den die Saudi Professional League unter Fußballfans und -experten weltweit genießt, kann selbst wohlwollend betrachtet bestenfalls als bescheiden bezeichnet werden. Das Gros der Beobachter ist sich darüber einig, dass sich in dem islamischen Königreich in erster Linie abgehalfterte Stars, deren Ruhm sich längst verflüchtigt hat, und ewige Talente, denen der große Durchbruch stets verwehrt geblieben ist, die Klinke in die Hand drücken, um noch einmal ihre Altersvorsorge kräftig aufzubessern.

Teure Transfers

Doch in den vergangenen Monaten konnte die bisher kaum beachtete Liga das Engagement einiger veritabler Hochkaräter in ihren besten Jahren vermelden, was in der internationalen Fußballszene mehrheitlich mit einem staunenden Kopfschütteln quittiert wurde. Von Neymar bis Ronaldo: Wir haben uns die elf schillerndsten Namen näher angesehen und wagen ein Einschätzung ihrer Motivation für den Wechsel in die sportlich Irrelevanz.

Tor: Edouard Mendy

Der Schlussmann der senegalesischen Nationalmannschaft surfte von Sommer 2020 bis Herbst 2022 auf einer imposanten Erfolgswelle: Mit dem FC Chelsea kürte er sich 2021 zum Champions League-Sieger und wurde zudem als FIFA-Welttorhüter des Jahres ausgezeichnet. Ein Jahr darauf erfolgte der Triumph mit seinen Nationalteamkollegen beim Afrika-Cup. Doch mit Beginn der Saison 2022/2023 wurde er von einem hartnäckigen Leistungstief verfolgt, weshalb ihn Chelsea-Trainer Graham Potter auf die Ersatzbank verbannte. Mit seinem Wechsel zu al-Ahli für kolportierte 20 Millionen Euro will der 31-jährige somit wahrscheinlich einem quälenden Reservistendasein entfliehen.

Torhüter Edouard Mendy, der an einem ihn passierenden Fußball vorbeihechtet
Torhüter Edouard Mendy zählt zu den ganz Großen.

Verteidigung: Alex Telles

Rein sportlich betrachtet hätte der 30-jährige Brasilianer sich bei seinem vormaligen Verein – dem FC Sevilla – pudelwohl fühlen müssen. Er lief für die Mannschaft sowohl in nationalen als auch in internationalen Partien regelmäßig auf und konnte vergangene Saison den Gewinn der Europa League bejubeln. Warum es ihn trotzdem zum Ronaldo-Club Al-Nassr FC verschlagen hat, ist daher nicht ganz nachvollziehbar. Die sieben Millionen Euro Jahresgehalt dürften jedoch eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben.

Alex Telles, der einen Surfer-Gruß vollführt
Alex Telles freut sich über den Millionen-Deal.

Verteidigung: Roger Ibanez

Mit gerade einmal 25 Jahren zählt er zu den Jungspunden, die das Abenteuer Saudi-Arabien in Angriff genommen haben, wo er nun bei al-Ahli zu den Schützlingen des Ex-Salzburg-Trainers Matthias Jaissle gehört. Auch in seinem Fall dürften finanzielle Überlegungen den Ausschlag gegeben haben – allerdings aus der Perspektive seines damaligen Arbeitgebers, der AS Roma. Sollte Ibanez von al-Ahli verkauft werden, wandern nämlich 30 % der Ablösesumme auf das Konto des italienischen Hauptstadtclubs.

Roger Ibanez, der kurz davorsteht, einen Pass zu spielen
Beim Transfer von Ibanez hat der AS Roma kräftig mitverdient.

Verteidigung: Kalidou Koulibaly

Mit dem 32 Jahre alten Senegalesen versucht ein weiterer Afrika-Cup-Sieger des Jahres 2022 seine Pechsträhne mit einem Engagement in Saudi-Arabien zu überwinden. Nach einem vielbeachteten Transfer vom SSC Neapel an die Stamford Bridge in Chelsea im Sommer des vergangenen Jahres konnte er die in ihn gesetzten Ansprüche nie vollends erfüllen, wurde ferner von einer Oberschenkelverletzung ausgebremst und schlussendlich auf dem Abstellgleis geparkt.

Kalidou Koulibaly, der einen Pass spielt und von einem Gegenspieler von hinten beobachtet wird
Der Afrika Cup-Sieger befindet sich nach einer Verletzung am Abstellgleis.

Mittelfeld: Jordan Henderson

Mit seinen 33 Jahren hat der englische Mittelfeldspieler schon beinahe jeden Titel von Belang gewonnen: von der Champions League über die FIFA-Klub-Weltmeisterschaft bis hin zu nationalen Ligapokalen sowie der Premier League. Für seinen Wechsel musste er jedoch heftige Kritik seitens der Regenbogen-Gemeinde einstecken, die er während seiner Zeit in England besonders leidenschaftlich unterstützt hatte. Schließlich können homosexuelle Handlungen in Saudi-Arabien sogar mit dem Tod bestraft werden. Die 800.000 Euro Wochengehalt, die er angeblich ab sofort bei Al-Ettifaq verdienen soll, dürften allerdings zu verlockend gewesen sein.

Jordan Henderson, der mit einem Fan am Spielfeldrand posiert
Für seinen Wechsel zu Al-Ettifaq hat Henderson ordentlich Kritik einstecken müssen.

Mittelfeld: Ruben Neves

Ruben Neves hat sich insbesondere mit seinen atemberaubenden Weitschüssen in das Herz der Fangemeinde der Wolverhampton Wanderers gespielt, in deren Diensten er von 2017 bis 2023 stand. Sein Umzug zum saudischen Rekordmeister Al-Hilal dürfte von seinem bisherigen Verein jedoch ebenfalls wohlwollend vorangetrieben worden sein, schließlich bescherte der Verkauf dem Club die bisherige Rekordtransfersumme von 55 Millionen Euro.

Ruben Neves, der mit dem Ball den Spielfeldrand entlangsprintet
Der Verkauf von Neves an Al-Hilal hat dem Wolverhampton Wanderers 55 Millionen Euro beschert.

Mittelfeld: N’golo Kanté

Al-Ittihad sicherte sich die Dienste des 32-jährigen Franzosen, ohne dafür auch nur einen Cent Ablöse zahlen zu müssen. Auf diesen günstigen Umstand ist somit wahrscheinlich auch der besonders lukrative Vertrag zurückzuführen, den sich der ehemalige Weltmeister (2018) und Champions League-Sieger (2021) aushandeln konnte. So soll er dem Vernehmen nach jährlich 25 Millionen Euro kassieren und darüber hinaus Einnahmen aus Werbedeals und Bildrechten einstreichen. Die finanzielle Komponente dürfte daher auch in diesem Fall von elementarer Bedeutung gewesen sein.

N’golo Kanté , der den Ball unter Kontrolle bringt
Bei Al-Itthiad soll Kanté jährlich 25 Millionen Euro kassieren.

Sturm: Neymar (da Silva Santos)

Als der 31-jährige Brasilianer 2017 seinen Spint beim FC Barcelona ausräumte und für die aberwitzige Summe von 222 Millionen Euro bei Paris Saint-Germain anheuerte, erwarteten sich die Fans regelrechte Wundertaten von dem Champions League- (2015) und Olympiasieger (2016). Doch der von vielen Experten als Jahrhunderttalent gehandelte Stürmer konnte die immensen in ihn gesetzten Erwartungen nie vollständig erfüllen, wirkte oftmals lustlos und zog schlussendlich den Zorn der PSG-Anhänger auf sich. Letztere wollten ihn schließlich sogar mit Schimpf und Schande davonjagen. Die 150 Millionen Euro, die er nun jährlich bei Al-Hilal einstreichen soll, dürften ihn über das unschöne finale Kapitel seiner Pariser Zeit jedoch rasch hinwegtrösten.

Neymar, der Grimassen für die Kamera schneidet
150 Millionen Dollar kassiert Neymar jährlich bei Al-Hilal.

Sturm: Karim Benzema

Für die 35-jährige ehemalige französische Real Madrid-Legende stellt Saudi-Arabien, laut eigenem Bekunden, aus konfessionellen Gründen eine Wunschdestination dar. Der gläubige Muslim hob diesbezüglich die Nähe zu der bedeutungsvollen Pilgerstätte Mekka hervor. Nachdem der sportliche Einstand des Weltfußballers des Jahres 2022 allerdings nicht nach Wunsch verlaufen ist und er sich auch bereits nachhaltig mit Ittihad FC-Trainer Nuno Espirito Santo zerstritten hat, will die Gerüchteküche bereits von seinem Wunsch, die Rückkehr nach Europa anzutreten, erfahren haben.

Karim Benzema, der - beobachtet von einem Gegenspieler -, auf den Ball zuläuft
Benzema soll sich mit seinem Trainer bei Ittihad zerkracht haben.

Sturm: Cristiano Ronaldo

Das lebende portugiesische Fußballdenkmal hat sich mit so ziemlich jeder Auszeichnung, die der Fußballkosmos zu bieten hat, bereits mehrfach geschmückt. Zudem erfüllte er eine Art Wegbereiter-Funktion, als er im Januar dieses Jahres als erster renommierter Fußballstar einen Zweijahresvertrag in Saudi-Arabien unterschrieb. Doch trotz eines surreal anmutenden Jahresgehalts von 200 Millionen Euro, soll die Liebe des 38-Jährigen zu dem Wüstenstaat bereits nach wenigen Monaten abgekühlt sein. Laut „Mundo Deportivo“ fällt es dem fünfmaligen Weltfußballer des Jahres unter anderem sehr schwer, sich mit den strengen gesellschaftspolitischen Konventionen des Landes anzufreunden. Seit dem Triumph beim Arab Club Champions Cup im August scheint sich seine Laune jedoch wieder erheblich gebessert zu haben.

Cristiano Ronaldo im Dress der portugiesischen Nationalmannschaft, der eine Daumen-hoch-Geste vollführt
Ronaldo aka CR7 war der erste Star, der in Saudi Arabien angeheuert hat.

Sturm: Sadio Mané

Als Ronaldos schillerndster Teamkollege muss der senegalesische Starstürmer – Afrikas Fußballer des Jahres 2022 – angesehen werden. Der 31-jährige euphorisierte zunächst als personifizierte Torfabrik die Fans in Liverpool richtiggehend und hätte in weiterer Folge auch dem FC Bayern zu neuen Höhenflügen verhelfen sollen. In München konnte der Champions League-Sieger (2019) seine unbestreitbare Klasse jedoch niemals ausspielen, hatte mit einem schwerwiegenden Sehnenriss zu kämpfen und wurde – nach einer Schlägerei mit Teamkollegen Leroy Sané – mehr oder minder „unehrenhaft entlassen“. Die 40 Millionen Euro, die er nun pro Jahr kassieren soll, dürften seine Leiden allerdings rasch lindern.

Sadio Mané, der mit dem Ball über den Platz läuft und eine Anspielstation sucht
Mané lässt sich den Wechsel in den Wüstenstaat mit einem Jahresgehalt von 40 Millionen entgelten.

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