Pride-Month: Wintersportlerin outet sich
Die finnische Skilangläuferin Anni Lindroos hat mit einer sehr persönlichen Entscheidung für Aufmerksamkeit gesorgt. Die 23-Jährige hat sich öffentlich als homosexuell geoutet. Während sie sportlich bisher noch auf ihren Durchbruch im Weltcup wartet, sendet sie mit ihrem Coming-out ein starkes Signal. In ihrer Sportart gibt es bislang nur wenig Raum für Offenheit in Bezug auf sexuelle Orientierung.
Große Erleichterung
In einem Interview mit dem finnischen Nachrichtenportal Iltalehti erklärte Lindroos, wie groß die Erleichterung nach ihrem Coming-out für sie gewesen sei. „Endlich bin ich frei“, sagte sie wörtlich. Über fünf Jahre habe sie ihre sexuelle Orientierung für sich behalten, was sie als erhebliche mentale Belastung empfand. Erst durch das öffentliche Aussprechen habe sich für sie ein neuer Abschnitt aufgetan. „Ich konnte mein eigenes Leben nicht richtig leben“, so Lindroos. Das offene Sprechen darüber habe vieles einfacher gemacht.
Erste Hinweise
Bereits zu Beginn des Jahres hatte Lindroos im Rahmen einer Fernsehdokumentation vorsichtig über ihre Sexualität gesprochen. Doch erst im Juni, dem weltweiten Pride-Monat, erhielt ihre Geschichte größere Aufmerksamkeit. Die mediale Resonanz war in Finnland deutlich spürbar. In ihrer Sportart ist es keineswegs selbstverständlich, über das eigene Privatleben offen zu sprechen.
Zwei Leben
Die junge Athletin schilderte eindrücklich, wie es sich anfühlte, über Jahre hinweg mit ihrer Identität zu ringen. „Es war, als hätte ich zwei Leben geführt“, so Lindroos. Ihr engstes Umfeld habe zwar Bescheid gewusst, doch der Schritt in die Öffentlichkeit sei ein ganz anderer gewesen. Besonders belastend sei nicht das Verheimlichen an sich gewesen, sondern das permanente Ausweichen auf Fragen, bei denen sie sich innerlich verstellen musste.
Kaum Offenheit
Obwohl Finnland international als liberales Land gilt, empfindet Lindroos die Atmosphäre im nordischen Skisport als zurückhaltend und wenig offen für andere Lebensentwürfe. Sie wurde fast nie direkt auf eine mögliche Partnerin angesprochen, sondern fast ausschließlich auf männliche Partner. Das habe zur Folge gehabt, dass sie häufig ausweichend oder einsilbig antworten musste. „Ich hoffe, ich kann jetzt ein Vorbild sein“, sagte sie. Innerhalb des finnischen Langlaufteams habe es bislang kein öffentliches Coming-out gegeben.
Mentale Last
Neben der emotionalen Belastung hatte Lindroos auch mit physischen Auswirkungen zu kämpfen. Seit ihren ersten Einsätzen im Weltcup in der Saison 2022/23 litt sie unter Schlafproblemen, die sie im Nachhinein als Folge innerer Anspannung einordnet. Diese Beschwerden wirkten sich spürbar auf ihre sportliche Leistung aus. Sie beschreibt diese Zeit als eine Phase der inneren Blockade, aus der sie sich nun befreien möchte.
Zeichen setzen
Mit ihrem Coming-out will Anni Lindroos nicht nur ihre eigene Lebensqualität verbessern. Sie möchte auch dazu beitragen, dass mehr Offenheit und Sichtbarkeit im Langlauf möglich wird. In einem Umfeld, das bislang kaum Raum für Diversität lässt, setzt sie ein wichtiges Zeichen.