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Marina Hoermanseder mit dem Nacktkleid auf der Bühne.
Marina Hoermanseder mit ihrem "Venus"-Kleid bei der Berliner Fashionweek.
Marina Hoermanseder mit ihrem "Venus"-Kleid bei der Berliner Fashionweek.
Frederic Kern / Action Press / picturedesk.com

Austro-Designerin: Nackt-Kleid rührt zu Tränen

20.03.2024 um 17:21, Simone Reitmeier
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Marina Hoermanseder sorgte mit ihrem Kleid "Venus" auf der Berliner Fashionshow für Aufregung. Hinter dem Design steckt eine starke Botschaft.

Mucksmäuschenstill war es im Publikum der Berliner Fashion Week, als das Model zu Sias Song "Unstoppable" den Laufsteg betritt. Wenige Minuten später sind die Zuschauer in Tränen und Jubel ausgebrochen.

Nackte Tatsachen auf dem Laufsteg

Die Rede ist von Marina Hoermanseders Kleid "Venus", das sie im vergangenen Februar in Berlin erstmals der Öffentlichkeit präsentierte. Wobei "Kleid" in diesem Fall eigentlich nicht das richtige Wort ist, denn mehr oder weniger handelt es sich bei dem Entwurf um den nackten Körper einer korpulenten Frau. "Ich hatte in erster Linie nicht vor, damit eine große Welle loszutreten oder eine bewusst große Message zu transportieren", erklärt Hoermanseder gegenüber weekend. Sie sehe es als ihre künstlerische Freiheit, eine Form zu schaffen, die den Körper realistisch darstellt. 

Sich kreativ auszutoben, ist für die österreichische Designerin nichts Ungewöhnliches. Die Mittdreißigerin experimentiert gerne mit Materialien und Formen und ist bekannt für ihre ausgefallene Couture. Zuletzt präsentierte sie bei Germany's Next Topmodel ein Kleid aus Glücksbärchi-Kuscheltieren. Ihre Entwürfe sorgen immer für Diskussionsstoff, aber eine so emotionale Reaktion wie bei "Venus" gab es wohl noch nie.

Ich wollte einfach einmal einer anderen Körperform huldigen. Die ‚Venus von Willendorf‘ hat mich dazu inspiriert.

Marina Hoermanseder, Designerin aus Österreich

Publikum hat "Rotz und Wasser" geweint

Schon vor der Show wusste die zweifache Mutter, wie sie das Kleid inszenieren wird. "Mir war klar: Das Kleid bekommt den Laufsteg für sich allein, es bekommt den Glitzerregen und den Song 'Unstoppable' von Sia", so die Designerin. Obwohl von Anfang an ein großer Auftritt geplant war, überwältigte die heftige Reaktion selbst Hoermanseder. "Das Publikum auf der Berliner Fashion Show hat teilweise Rotz und Wasser geheult, alle hatten Tränen in den Augen, so emotional war der Moment mit dem Song." Sogar ihr Freund Paul und das Model haben sich anstecken lassen und mitgeheult.

Netz reagiert gespalten

Aus ihrer Community hat Hoermanseder jede Menge Zuspruch und Nachrichten bekommen, die sie sehr berührt haben. "Viele haben gesagt, dass es wichtig ist, dass diese Diversität auch auf dem Laufsteg gezeigt wird. Sie fühlten sich abgeholt." Auch auf Instagram wird die "Venus" heiß diskutiert, die Meinungen sind gespalten. Während die einen das Design feiern, bezeichnen andere es als "Schrott", es habe nichts mehr mit Mode zu tun. Das lässt die Österreicherin nicht an sich heran, mit Hass im Internet kann sie mittlerweile umgehen.  

Ich maße mir auch nicht an zu sagen, das eine oder das andere ist richtig. Es ist nur wichtig zu sagen, dass es das und das gibt.

Marina Hoermanseder, Designerin aus Österreich

"Würde das Kleid nicht selbst tragen"

Auf die Frage, ob sie das Design auch selbst tragen würde, antwortet Hoermanseder entschieden: "Nein, denn das Kleid soll jemand tragen, der hineinpasst. Jeder soll seinen Körper feiern und ich möchte nicht, dass jemand etwas aufgetragen bekomme. Es muss authentisch bleiben, darf nicht wie eine Verkleidung wirken. Deshalb: Das Kleid ist genau für die Frauen, die genau da reinpassen." Hinter „Venus“ sieht sie mittlerweile auch eine wichtige Botschaft: Die Entwicklung des westlichen Schönheitsideals soll laut Hoermanseder hinterfragt werden, auch woher es kommt. Es soll also eine Diskussion entstehen – und das ist der österreichischen Designerin auf jeden Fall gelungen.

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