Florian Scheuba im Talk: "Humor als Notwehr"
Inhalt
- Satire als Spiegel
- Kunst unter wachsendem Druck
- Digitale Empörung
- Populismus: Von Freibier zu Ausgrenzung
- Neues Solo-Programm
Ein Gespräch mit Florian Scheuba öffnet den Blick auf eine Welt, in der Satire längst zur Überlebensstrategie geworden ist. Seine Beobachtungen reichen von politischen Abgründen bis zu persönlichen Einsichten eines Künstlers, der nach 40 Bühnenjahren nichts an Schärfe verloren hat. Wer wissen will, wie man den Irrsinn der Gegenwart aushält, findet hier Antworten: pointiert, persönlich und kompromisslos.
Sie sind heuer 60 geworden. Hat die Zahl etwas verändert?
Scheuba: Es gab keine Zäsur, auch keinen plötzlichen Neustart. Ich habe mir weder ein Motorrad gekauft noch eine Freundin zugelegt (grinst). Ich plane grundsätzlich nicht langfristig, vor allem nicht beruflich. Die Bühne ist mir damals mit 16 Jahren eigentlich passiert – und ich bin immer wieder zurückgekehrt. Auch weil ich hier in über 40 Jahren keinerlei Kompromisse eingehen musste.
Sie waren im Kulturbetrieb stets auch Teamplayer. Warum jetzt wieder solo?
Scheuba: Ganz einfach: Mich hat erneut die Lust am Ausprobieren gepackt. Ich arbeite weiterhin gern in Ensembles, aber allein auf der Bühne habe ich die größtmögliche Bewegungsfreiheit. Und die lebe ich gerne aus.
Satire als Spiegel
„Schönen guten Abend“ klingt freundlich. Der Inhalt Ihres dritten Solostücks ist es weniger.
Scheuba: Es spiegelt die Exzesse wider, die gerade um sich greifen; eine Dichte an Bedrohungsszenarien, die ich so noch nie erlebt habe: Krieg in Europa, Klimakrise – natürliche und künstliche Dummheiten. Denn Wahrheiten zerbröseln. Lügen werden nicht mehr heimlich, sondern offen und schamlos eingesetzt. In einer Zeit, in der selbst das Offensichtliche bestritten wird, braucht es den scharfen Blick durch die satirische Brille mehr denn je.
Die Lüge ist zur Unterhaltung geworden. Meinungen lösen Wahrheiten ab.
Kunst unter wachsendem Druck
Um die Freiheit der Kunst …
Scheuba: … steht es schlecht wie lange nicht. Unerschrockene Unterhalter reiben sich seit jeher an Autoritäten und Autokraten. Nur wurde darauf bisher mit einer gewissen Coolness reagiert – meistens auch ganz oben. Politische Leader haben uns höchstens ignoriert. Dass ein Präsident der USA einen Feldzug gegen einen Talkmaster (Anm. der Red.: Jimmy Kimmel) startet, wäre vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen. Klagen aus den Institutionen waren einmal ein „No-Go“. Heute sind die kalkulierten Strategien Maulkörbe anlegen, abschrecken, Kosten erzeugen. Wir erleben massiven Druck.
Führt das zu Selbstzensur?
Scheuba: Bei mir nicht. Wenn die Angst vor Klagen zur inneren Schere wird, ist das der eigentliche Sieg derer, die die Öffentlichkeit kontrollieren wollen.
Digitale Empörung
Was richten die sozialen Medien und künstliche Intelligenz mit ihrer Macht an?
Scheuba: Die digitalen Warlords sind am Ruder, beschleunigen und belohnen Empörung. Reichweite ersetzt Recherche. Für klassische Medien ist das ökonomisch verheerend, für die Debattenkultur toxisch. Deshalb plädiere ich für Medienkompetenz als Schulfach. Man muss Quellen prüfen lernen – Satire inklusive, weil auch sie missbraucht wird, um Lügen im Nachhinein zu tarnen. Wobei die Brandstifter auch immer gewissenloser werden.
Populismus: Von Freibier zu Ausgrenzung
Sie sagen, der Populismus alter Schule sei in seine sadistische Variante gekippt. Haben Sie ein Beispiel für mich?
Scheuba: Früher versprachen die klassischen Populisten „Freibier für alle“, heute heißt es: „Kein Bier für die anderen“ – und dann machen sie das Bier teurer. Dieses Denken zersetzt Solidarität. Ich versuche dagegenzuhalten, indem ich aufzeige, welche kleine Klientel von der Spaltung profitiert und wie der große Rest verliert.
Früher versprachen die klassischen Populisten ‚Freibier für alle‘, heute heißt es: ‚Kein Bier für die anderen!‘
Wo erreichen Ihre Botschaften noch am besten das Publikum?
Scheuba: Auf der Bühne. Da gelingt es am unmittelbarsten. Das Medium Fernsehen funktioniert längst nicht mehr als gemeinsamer Nenner, Podcasts sind fein, aber allein die Bretter bleiben letzter Ort bedingungsloser Freiheit.
Erleben Sie auch Hoffnung?
Scheuba: Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin kein Pessimist: Ich begegne selbstverständlich auch klugen und engagierten jungen Menschen. Dass die alle nur noch TikTok schauen und nichts in der Birne haben, ist einfach nicht wahr. Auch der Ruck, der endlich durch die politische Landschaft gegangen ist, freut mich. Korruptionsaffären werden juristisch aufgearbeitet, Transparenz rückt vor. Langsam und sehr mühsam, aber es passiert wirklich. Wenn wir alle wachsam bleiben.
Erleben Sie auch Hoffnung?
Scheuba: Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin kein Pessimist: Ich begegne selbstverständlich auch klugen und engagierten jungen Menschen. Dass die alle nur noch TikTok schauen und nichts in der Birne haben, ist einfach nicht wahr. Auch der Ruck, der endlich durch die politische Landschaft gegangen ist, freut mich. Korruptionsaffären werden juristisch aufgearbeitet, Transparenz rückt vor. Langsam und sehr mühsam, aber es passiert wirklich. Wenn wir alle wachsam bleiben.
Weiterer Bühnenstoff ist wohl vorprogrammiert.
Scheuba: Davon gehe ich fix aus: Ich will auch mit „60 plus“ royale Modenschau betreiben: Wenn keiner mehr schreit, dass der Kaiser nackt ist – freut sich nur der Kaiser. Und alles bleibt beim Alten.
Neues Solo-Programm
In seinem erst dritten Soloprogramm antwortet Florian Scheuba mit viel Witz auf die Wahnsinnigkeiten der Gegenwart. Für ihn bleibt das „Lachen die beste Form der Notwehr“. Dazu holt er aktuelle wie bereits verblichene Figuren aus dem Politbetrieb zu sich ins Scheinwerferlicht. Termine unter www.florianscheuba.com