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Kanzler Karl Nehammer im Gespräch
Nehammer will Bargeld in den Verfassungsrang heben.
Nehammer will Bargeld in den Verfassungsrang heben.
GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com

Bargeld: Nehammer will Cash in Verfassung verankern

04.08.2023 um 08:58, Stefanie Hermann
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Kanzler Karl Nehammer will Bargeld künftig in der Verfassung verankern. Damit kommt er einer Forderung der FPÖ nach. Diese reagiert sauer.

In den letzten Wochen ist die Debatte um Bargeld bzw. dessen vermeintliche geplante Abschaffung verstärkt in den Fokus der Parteien gerückt.

Festung Bargeld

Die FPÖ hat sich das Thema schon länger auf die Fahnen geheftet. Als "Hüterin des Bargelds" will sie Scheine und Münzen in der Verfassung verankern. Vor zwei Wochen hat sie deshalb auch das Volksbegehren "Festung Bargeld" geschaffen. Indizien für die Abschaffung ortet die FPÖ in der Einführung des Digitalen Euros, der Abschaffung des 500-Euro-Scheins sowie einer geplanten Bargeldobergrenze von 5.000 Euro bei Kaufgeschäften. "Beteuerungen oder substanzlose Pseudo-Versprechen, wie sie von verschiedenen Seiten gemacht werden, reichen bei weitem nicht aus, sondern nur eine umfassende Verankerung des Bargelds in der Verfassung", sagt FPÖ-Konsumentenschutzsprecher Peter Wurm.

ÖVP will Bargelderhalt

Nun hat auch die ÖVP das Thema für sich entdeckt. Nach der ehemaligen Generalsekretärin Laura Sachslehner äußert sich jetzt der Regierungschef selbst. "Immer mehr Menschen haben Sorge, dass das Bargeld als Zahlungsmittel in Österreich eingeschränkt werden könnte", ist Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) überzeugt. Widersprüchliche Informationen und Berichte würden diese Unsicherheit schüren. Für ihn ist klar: "Die Menschen in Österreich haben ein Recht auf Bargeld."

Grundversorgung mit Bargeld

Neben der verfassungsrechtlichen Absicherung von Bargeld als Zahlungsmittel fordert er zudem die Sicherung der Grundversorgung. "Die Menschen müssen eine Absicherung haben, dass Bargeld ein Zahlungsmittel bleibt und die Möglichkeit haben, weiterhin mit Bargeld zu bezahlen. Und sie müssen eine Grundversorgung mit Bargeld in zumutbarer Entfernung haben", so die drei Kernforderungen des Kanzlers.

Ein Bankomat pro Gemeinde

Die SPÖ fordert dazu weiterhin einen Bankautomaten pro Gemeinde. Mittlerweile gibt es 450 Gemeinden, in denen entweder kein Bankomat mehr vorhanden ist oder die Gemeinde selbst dafür bezahlen muss. Die Banken sollten für die Grundversorgung aufkommen. Der Forderung der Sozialdemokraten kann Nehammer nichts abgewinnen. Diese sei zu eng gedacht und ermögliche nicht genug Freiraum in der Umsetzung. Den digitalen Euro selbst sieht Nehammer wertfrei. "Jeder soll die Möglichkeit haben, frei zu entscheiden, wie und womit er zahlen will. Das kann mit Karte sein, mittels Überweisung, vielleicht künftig auch mit dem digitalen Euro, aber eben auch mit Bargeld."

FPÖ ist sauer

Die FPÖ sieht sich unterdessen darin bestätigt, dass die ÖVP "Ideenklau" betreibt. Viermal habe sie seit 2021 entsprechende Anträge im Parlament eingebracht, immer seien sie abgelehnt worden. "Ist Ihnen Ihr Ideen-Diebstahl von der 'bösen und extremen FPÖ' eigentlich nicht peinlich? Fällt Ihnen selbst überhaupt gar nichts Vernünftiges ein?", wettert FPÖ-Chef Herbert Kickl.

Grüne schweigen

Wie der Koalitionspartner zum Vorhaben der ÖVP steht, ist unterdessen weiter ungewiss. Noch liegt kein Statement der Partei vor. Für eine Verfassungsänderung bräuchte Nehammer eine Zweidrittelmehrheit.

Experten sehen keine Not

Bankenvertreter haben erst vor einer Woche betont, dass die Bargeldversorgung hierzulande gut sei: "Österreich hat ein ganz besonders dichtes Bankomatennetz", sagt Franz Rudorfer, Geschäftsführer der Bundessparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer. In Österreich kommt man auf 97 Bankomaten pro 100.000 Einwohner, in Deutschland gibt es etwa nur 66 Geldautomaten auf 100.000 Einwohner. Zudem gibt es seit einigen Jahren eine zunehmende Anzahl von sogenannten Cash-back-Möglichkeiten, also dass in Geschäften Geld behoben werden kann. Dazu kommt: Die Menge an Bargeld in Euro ist in den letzten Jahren sogar gestiegen.

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