Direkt zum Inhalt
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) im Rahmen eines Interviews mit der Austria Presse Agentur in Wien.
Bundeskanzler Karl Nehammer, ÖVP
Bundeskanzler Karl Nehammer, ÖVP
GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com

Kanzler beruft Nationalen Sicherheitsrat ein

01.04.2024 um 11:57, Andrea Schröder & APA, Red
min read
Auf die Festnahme des früheren Verfassungsschützers Egisto Ott wegen Spionageverdachts reagiert Bundeskanzler Nehammer mit dieser Maßnahme.

Die Grünen hatten nach Otts Verhaftung das Zusammentreten des Gremiums gefordert. Dafür reicht das Verlangen einer Parlamentsfraktion. Der Kanzler reagierte und rief für den 9. April den Nationalen Sicherheitsrat (NSR) ein. 

Es stehen Vorwürfe der Spionage gegen Egisto Ott, ehemaliger Mitarbeiter im BVT, im Raum. Wir müssen verhindern, dass russische Spionagenetzwerke unser Land bedrohen (...), unterwandern oder instrumentalisieren.

Karl Nehammer

 

Der NSR sei jenes Gremium, in dem diese Fragen diskutiert werden könnten.

Anklage gegen Ott möglich

Die Staatsanwaltschaft Wien hat am Ostersonntag gegen den festgenommenen Ott die Verhängung der U-Haft beantragt. Darüber muss innerhalb von 48 Stunden entschieden werden. Gegen den Ex-Verfassungsschützer wird seit 2017 von der Anklagebehörde unter anderem wegen Amtsmissbrauchs, geheimen Nachrichtendiensts zum Nachteil Österreichs und Verletzung des Amtsgeheimnisses ermittelt.

Neue Informationen

Der Festnahme vorangegangen waren jüngste Informationen, denen zufolge Ott Handyinhalte von Spitzenbeamten an russische Spione übergeben haben soll. Sein Ex-Schwiegersohn, der als Beitragstäter gilt, wurde ebenfalls festgenommen.

Ott und Wirecard-Marsalek 

Ott war Mitarbeiter des mittlerweile aufgelösten Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Zuletzt war er im Zusammenhang mit dem flüchtigen Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek in die Schlagzeilen geraten, dem er beim Aufbau einer Spionage-Zelle für Russland innerhalb des BVT behilflich gewesen sein soll.

Für Russland spioniert

Ott soll - gemeinsam mit dem ehemaligen BVT-Abteilungsleiter Martin Weiss - für Marsalek bzw. Russland Informationen beschafft haben, wobei er auf seine früheren Tätigkeiten als Verfassungsschützer und Polizeiattaché zurückgreifen konnte. Dem deutschen Nachrichtenmagazin "Spiegel" zufolge soll es sich um Informationen über in Europa lebende Journalisten und einen kasachischen Oppositionspolitiker gehandelt haben.

Smartphones gestohlen

Zur Festnahme geführt hatten Hinweise aus Großbritannien, Ott habe im Sommer 2022 die gespiegelten Inhalte von Smartphones dreier (Ex-)Spitzenbeamter aus dem Innenministerium an russische Geheimdienste - mutmaßlich an den Inlandsgeheimdienst FSB - übermittelt.

Was wurde geleakt?

Bei den gestohlenen Smartphones soll es sich um die Geräte von Michael Kloibmüller, der jahrelang Kabinettschef im Innenministerium war, den nunmehrigen Bundespolizeidirektor Michael Takacs sowie von Gernot Maier, Direktor des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, handeln. Für Ott gilt die Unschuldsvermutung.

Hinter den Kulissen

Die drei Handys waren 2017 "Opfer" eines Unfalls geworden. Bei einem Ausflug des Innenministeriums war ein Kanu gekentert, die Smartphones fielen ins Wasser. Daraufhin wurde ein IT-Techniker des Verfassungsschutzes gebeten, die Diensthandys zu reparieren. Der fertigte offenbar Kopien der Geräte an und gab sie an Ott und andere weiter.

Verdacht gegen Sobotka

Chats aus dem Smartphone von Kloibmüller gelangten auch an die Staatsanwaltschaft und an Medien. Sie führten wegen des Verdachts der Postenkorruption zu Ermittlungen gegen Kloibmüller und Ex-Innenminister Wolfgang Sobotka, wobei das Verfahren gegen letzteren bereits eingestellt wurde.

more