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Geldscheine wechseln den Besitzer, Großaufnahme auf Hände
Ob Ausgleich oder Zuschüsse, die Entlastungen waren enorm.
Ob Ausgleich oder Zuschüsse, die Entlastungen waren enorm.
Svetlana Karner/ Westend61/picturedesk.com

Überversorgt und unterzufrieden: Typisch Österreich?

22.12.2022 um 15:16, Andrea Schröder
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Bei Anti-Teuerungsmaßnahmen liegen wir europaweit auf Platz zwei: Mehr als 4.000 Euro Entlastungen gab es pro Kopf. Das ist Einigen nicht genug.

Erst Corona, dann Inflation und Teuerung: Die vergangenen Jahre hätten zum Exodus der heimischen Wirtschaft und des sozialen Friedens führen können. Um entgegenzusteuern, hat die Regierung Entlastungsmaßnahmen für Unternehmen und Bevölkerung in Milliardenhöhe beschlossen. 

Vergleich macht sicher

Allein 2022 umfasste das Entlastungspaket rund 37,3  Milliarden Euro. Damit hängt Österreich im internationalen Vergleich alle anderen europäischen Länder ab  – nur die Einwohner Luxemburgs schneiden noch besser ab. Das Match Österreich:Deutschland lautet dagegen 1:0 für Österreich:

Grafik
Aus dem Jahresbilanz-Medienpapier der Bundesregierung.

Vom Stamme "Nimm"

Dennoch kommt es laufend zu weiteren Forderungen. Ein aktuelles Beispiel.

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) warnt: Ab 1. Jänner 2023 droht eine finanzielle Mehrbelastung für Haushalte durch die neuen Verordnungen der E-Control für die Netzkosten. 

Die Stromkostengrenze des Bundes decke zwar den Strompreis bis zu einer Verbrauchsgrenze von 2900 kWh ab. Die Mehrkosten durch die geplante Erhöhung würden sich aber für einen Kärntner Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.500 kWh auf rund 87 Euro belaufen.

Wer soll das bezahlen?

Die Lösung laut Kaiser: Nicht der Verbraucher, sondern der Bund soll die Mehrkosten übernehmen.

Innsbrucks Vizebürgermeister Markus Lassenberger hat dagegen die Mietenexplosion im städtischen Wohnbau im Visier. Die Zahlen (Quelle: meinbezirk.at) sprechen für sich:

Bei Einzug im Jahr 1990 lag der Mietpreis für 90,5 m2 bei 365,47 Euro, 2022 war die Vorschreibung bei 991 Euro und jetzt werden 1.249,60 Euro vorgeschrieben.

Was tun? Lassenbergers Vorschlag: die Abschaffung der Umsatzsteuer. "Hier gibt es eine rasche und spürbare Entlastung von 10 Prozent für die Mieterinnen und Mieter, die vom Nationalrat rasch und unkompliziert beschlossen werden kann." Die Kosten schätzt der FPÖ-Politiker so ein:

Es wird höhere Millionenbeträge, wahrscheinlich sogar im zweistelligen Bereich benötigen, um der Teuerungsspirale entgegenwirken zu können.

Preisdeckel für Klopapier?

Auch Gewerkschafts-Chef Wolfgang Katzian hat die eine oder andere Idee, wie man Österreichern (noch) stärker unter die Arme greifen könnte, darunter mit einem Wärmepaket (Preisobergrenze soll nicht nur für Stromkosten gelten), sowie mit einem Preisdeckel auf Güter des täglichen Bedarfs. Dazu zählt bekanntermaßen Klopapier.

Wer braucht wirklich Hilfe?

Um die gerechte Verteilung der Hilfen hat man sich bei aller Entlastungs-Euphorie kaum gekümmert: Zuviel Gießkanne, die auch Besserverdienenden zugute kam, zu wenig Unterstützung für die, die sie wirklich brauchen - so die Analyse von ÖGB-Volkswirtschaftlerin Miriam Baghdady.

Preissenkende Maßnahmen für mehr Gerechtigkeit? Billiges Klopapier würde auch wieder jene entlasten, denen der Preis egal sein kann. Es bleibt komplex.

Forsche Forderungen

Krankt Österreich nun an einer "Versorgungsmentalität"? Die oben genannten Beispiele scheinen diese zu belegen. Man kann aber davon ausgehen, dass jene, die Forderungen am forschesten formulieren, nicht immer jene sind, die sich eigentlich zu Wort melden müssten.

 

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