Überversorgt und unterzufrieden: Typisch Österreich?
Erst Corona, dann Inflation und Teuerung: Die vergangenen Jahre hätten zum Exodus der heimischen Wirtschaft und des sozialen Friedens führen können. Um entgegenzusteuern, hat die Regierung Entlastungsmaßnahmen für Unternehmen und Bevölkerung in Milliardenhöhe beschlossen.
Vergleich macht sicher
Allein 2022 umfasste das Entlastungspaket rund 37,3 Milliarden Euro.Damit hängt Österreich im internationalen Vergleich alle anderen europäischen Länder ab – nur die Einwohner Luxemburgs schneiden noch besser ab. Das Match Österreich:Deutschland lautet dagegen 1:0 für Österreich:

Vom Stamme "Nimm"
Dennoch kommt es laufend zu weiteren Forderungen. Ein aktuelles Beispiel.
Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) warnt: Ab 1. Jänner 2023 droht eine finanzielle Mehrbelastung für Haushalte durch die neuen Verordnungen der E-Control für die Netzkosten.
Die Stromkostengrenze des Bundes decke zwar den Strompreis bis zu einer Verbrauchsgrenze von 2900 kWh ab. Die Mehrkosten durch die geplante Erhöhung würden sich aber für einen Kärntner Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.500 kWh auf rund 87 Euro belaufen.
Wer soll das bezahlen?
Die Lösung laut Kaiser: Nicht der Verbraucher, sondern der Bund soll die Mehrkosten übernehmen.
Innsbrucks Vizebürgermeister Markus Lassenberger hat dagegen die Mietenexplosion im städtischen Wohnbau im Visier. Die Zahlen (Quelle: meinbezirk.at) sprechen für sich:
Bei Einzug im Jahr 1990 lag der Mietpreis für 90,5 m2 bei 365,47 Euro, 2022 war die Vorschreibung bei 991 Euro und jetzt werden 1.249,60 Euro vorgeschrieben.
Was tun? Lassenbergers Vorschlag: die Abschaffung der Umsatzsteuer. "Hier gibt es eine rasche und spürbare Entlastung von 10 Prozent für die Mieterinnen und Mieter, die vom Nationalrat rasch und unkompliziert beschlossen werden kann." Die Kosten schätzt der FPÖ-Politiker so ein:
Es wird höhere Millionenbeträge, wahrscheinlich sogar im zweistelligen Bereich benötigen, um der Teuerungsspirale entgegenwirken zu können.
Preisdeckel für Klopapier?
Auch Gewerkschafts-Chef Wolfgang Katzian hat die eine oder andere Idee, wie man Österreichern (noch) stärker unter die Arme greifen könnte, darunter mit einem Wärmepaket (Preisobergrenze soll nicht nur für Stromkosten gelten), sowie mit einem Preisdeckel auf Güter des täglichen Bedarfs.Dazu zählt bekanntermaßen Klopapier.
Anti-Teuerungsmaßnahmen: ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian begrüßt den Strompreisdeckel, fordert aber Gleiches für alle Heizformen. https://t.co/cDEZ220a2g
— Wiener Zeitung (@WienerZeitung) December 18, 2022
Wer braucht wirklich Hilfe?
Um die gerechte Verteilung der Hilfen hat man sich bei aller Entlastungs-Euphorie kaum gekümmert: Zuviel Gießkanne, die auch Besserverdienenden zugute kam, zu wenig Unterstützung für die, die sie wirklich brauchen - so die Analyse von ÖGB-Volkswirtschaftlerin Miriam Baghdady.
Österreich hat als eines der wenigen Länder in Europa kaum preissenkende Maßnahmen gesetzt. Stattdessen gab es Einmalzahlungen, die nur kurzfristig wirken. Unsere Wirtschaftsexpertin @miriam_baghdady hat die Hilfen gegen die Teuerung analysiert:https://t.co/SGTneHDCs8
— ÖGB (@oegb_at) December 22, 2022
Preissenkende Maßnahmen für mehr Gerechtigkeit? Billiges Klopapier würde auch wieder jene entlasten, denen der Preis egal sein kann. Es bleibt komplex.
Forsche Forderungen
Krankt Österreich nun an einer "Versorgungsmentalität"? Die oben genannten Beispiele scheinen diese zu belegen. Man kann aber davon ausgehen, dass jene, die Forderungen am forschesten formulieren, nicht immer jene sind, die sich eigentlich zu Wort melden müssten.