Direkt zum Inhalt
Franziska van Almsick mit Mikrophon
Franziska van Almsick ist Schwimmweltmeisterin von 1994.
Franziska van Almsick ist Schwimmweltmeisterin von 1994.
Marco Steinbrenner / dpa / picturedesk.com

Franziska van Almsick: Doku zeigt Schattenseiten des Ruhms

09.09.2025 um 10:10, Jovana Borojevic
min read
Drücke "Play" zum Laden und Hören
  • Lädt Sprachdatei
  • Buffering...
  • In Kürze bereit zum Abspielen
Beim Erstellen der Sprachdatei ist ein Fehler passiert
0:00 /
Die neue ARD-Dokumentation „Being Franziska van Almsick“ beleuchtet den Aufstieg der Schwimmerin Franziska van Almsick zur nationalen Ikone.

Inhalt

Franziska van Almsick gehört zu den bekanntesten deutschen Sportlerinnen der vergangenen Jahrzehnte. Bereits in jungen Jahren wurde sie durch ihre sportlichen Leistungen und die begleitende mediale Aufmerksamkeit zu einer Ausnahmeerscheinung im öffentlichen Leben. Die ARD widmet der Schwimmerin nun mit „Being Franziska van Almsick“ eine dreiteilige Dokumentation, die ab heute um 22.50 Uhr ausgestrahlt wird. Darin schildert van Almsick erstmals selbst die prägenden Stationen ihrer Karriere und lässt Weggefährten zu Wort kommen, die aus nächster Nähe erlebt haben, wie die Sportlerin schon als Kind zur nationalen Symbolfigur wurde. Die Serie zeigt, wie eng sportlicher Ruhm, öffentliche Erwartungshaltungen und persönliche Krisen miteinander verflochten waren. 

Früher Ruhm bei Olympia 1992

Mit gerade einmal 14 Jahren sorgte Franziska van Almsick bei den Olympischen Sommerspielen 1992 in Barcelona für Furore. Sie gewann zweimal Silber und zweimal Bronze und wurde damit über Nacht zu einem Idol, das weit über den Sport hinausstrahlte. Zeitungen, Magazine und Fernsehsender stürzten sich auf die gebürtige Ost-Berlinerin, die mit ihrem unbekümmerten Auftreten sofort Sympathien gewann. Doch mit der Popularität wuchs auch der Druck. Kamerateams begleiteten sie bis in den Schulunterricht, Boulevardblätter formten ihr Image nach Belieben, und für viele Menschen im vereinten Deutschland verkörperte sie plötzlich mehr als nur eine erfolgreiche Sportlerin. Van Almsick wurde zur Projektionsfläche für nationale Sehnsüchte, mit all den Folgen, die dieser Rollenwechsel für eine Jugendliche mit sich brachte. 

Die Dokumentation als Rückschau

Die ARD-Dokumentation rekonstruiert diese Zeit mithilfe zahlreicher Originalaufnahmen und ergänzt sie durch Interviews mit Eltern, Freunden, Trainern und Medienvertretern. Dabei entsteht ein vielschichtiges Bild eines Lebens, das von Erfolgen, aber auch von Belastungen geprägt war. Besonders deutlich wird, wie stark die mediale Dauerpräsenz die gesamte Familie beeinflusste. Eltern Bernd und Jutta van Almsick berichten von ständigen Anrufen und dem Eindringen Fremder in die Privatsphäre. Auch ehemalige Sportkommentatoren ordnen die damalige Berichterstattung ein und ziehen Vergleiche zur heutigen Medienwelt, in der Athletinnen und Athleten durch Social Media selbst bestimmen können, wie sie sich präsentieren. 

Erfolge und verpasste Träume

Sportlich gesehen zählt Franziska van Almsick zu den erfolgreichsten Schwimmerinnen Deutschlands. Zahlreiche Welt- und Europameistertitel sowie spektakuläre Weltrekorde machten sie in den 1990er-Jahren zu einer festen Größe. Dennoch blieb ihr der wichtigste sportliche Erfolg verwehrt: eine olympische Goldmedaille. Diese unerfüllte Sehnsucht zieht sich wie ein roter Faden durch ihre Laufbahn und hat sie bis heute geprägt. In der Rückschau bezeichnet sie diesen Umstand jedoch als lehrreich. Er habe ihr gezeigt, dass Lebensglück nicht allein an sportlichen Triumphen gemessen werden könne. 

Persönliche Herausforderungen

Neben den sportlichen Erfolgen thematisiert die Dokumentation auch die Schattenseiten des frühen Ruhms. Van Almsick spricht offen über ihre langjährige Essstörung, die sie während ihrer aktiven Karriere begleitete. Sie beschreibt ein Leben, das durch Trainingspläne, Erwartungen und äußere Kontrolle bestimmt war, in dem kaum Raum für eigene Entscheidungen blieb. Erst mit dem Ende ihrer sportlichen Laufbahn fand sie die Möglichkeit, sich von diesem Druck zu befreien und einen neuen Weg einzuschlagen. Die Reflexion über diese schwierigen Phasen macht deutlich, wie sehr die öffentliche Rolle und die Anforderungen des Spitzensports auch das Privatleben beeinflussten. 

Ein neues Leben abseits des Schwimmsports

Einen entscheidenden Wendepunkt markierte für Franziska van Almsick die Geburt ihres ersten Sohnes im Jahr 2007. Durch die Familie verschoben sich ihre Prioritäten grundlegend. Heute lebt sie mit Partner, Kindern und Hund eher zurückgezogen im Westen Deutschlands. Sie meidet das Rampenlicht weitgehend, engagiert sich jedoch leidenschaftlich für den Schwimmunterricht an Schulen. Für van Almsick bedeutet dies eine Möglichkeit, ihre Erfahrungen weiterzugeben und gleichzeitig einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten. Ihr Selbstverständnis hat sich gewandelt: Sie ist nicht mehr auf äußere Bestätigung angewiesen und empfindet gerade darin ihre größte persönliche Stärke.

more