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Die erste gemeinsame Wohnung kann für viele Beziehungen zur Zerreißprobe werden.
Die erste gemeinsame Wohnung kann für viele Beziehungen zur Zerreißprobe werden.
istockphoto.com/MangoStar_Studio

Zusammenziehen: Zerreißprobe oder Start ins Glück?

30.05.2022 um 09:44, Teresa Frank
min read
Für viele Verliebte erfüllt sich mit dem Zusammenziehen ein absoluter Wunschtraum. Für manche ist es jedoch der Anfang vom Ende.

Wenn aus zwei Leben plötzlich ein gemeinsames wird, ändert sich so einiges. Angefangen beim Kennenlernen der Badezimmergewohnheiten des anderen bis hin zu finanziellen Streitigkeiten und dem Erstellen von Putzplänen. Andererseits bedeutet es auch den ersten Schritt in die gemeinsame Zukunft zu tun, jede Nacht nebeneinander einzuschlafen und wieder aufzuwachen und seine Alltagsfreuden und -sorgen miteinander zu teilen.

Generell empfiehlt es sich aber, nicht gleich im ersten Jahr zusammenzuziehen. Da befindet man sich noch in der rosaroten Phase, ist sehr von den Hormonen gesteuert und trifft keine durchdachten Entscheidungen.

Doris Jeloucan, Psychologin

Idealer Zeitpunkt?

Früher oder später kommt in jeder Beziehung der Punkt, an dem sich die Frage nach dem Zusammenziehen stellt. Viele Paare entscheiden sich schon früh für diesen Schritt, um zu sehen, ob die Beziehung überhaupt Zukunftspotenzial hat. Andere hingegen wollen zunächst eine solide Basis schaffen, bevor sie sich in das gemeinsame Wohnen stürzen. „Jedes Paar sollte individuell für sich entscheiden, wann es bereit ist, in eine gemeinsame Wohnung zu ziehen“, erklärt Psychologin Doris Jeloucan. „Laut einer deutschen Statistik ziehen die meisten nach 17 Monaten zusammen, aber das muss für den einzelnen nichts heißen. Generell empfiehlt es sich aber, nicht gleich im ersten Jahr zusammenzuziehen. Da befindet man sich noch in der rosaroten Phase, ist sehr von den Hormonen gesteuert und trifft keine durchdachten Entscheidungen“, ergänzt sie.

Fragen über Fragen

Wenn die Frage nach dem „Wann“ erst einmal geklärt ist, sieht man sich bald schon mit vielen weiteren Entscheidungen konfrontiert. Zieht einer zum anderen oder sucht man eine ganz neue Bleibe? Welche Lage und Wohnungsgröße sind optimal und gleichzeitig auch leistbar? Schon im Vorfeld können sich die unterschiedlichen Vorstellungen der Partner zeigen und das bedeutet vor allem eines: Kompromisse eingehen!

Konfliktherde

Wer nun glaubt, nach dem Umzugsstress das Gröbste hinter sich zu haben, der irrt gewaltig. Das größte Konfliktpotenzial ergibt sich nämlich im Alltag. „Die meisten Streitigkeiten drehen sich im Normalfall um das Führen des gemeinsamen Haushalts, um das Putzen und Einkaufen. Aber auch finanzielle Aspekte sind immer wieder Thema“, erklärt Doris Jeloucan. Diese Angelegenheiten können aber relativ einfach geklärt werden. „Wer was bezahlt und wie Möbel finanziert oder auch nach einer Trennung aufgeteilt werden, sollte schon im Vorfeld geklärt werden. Damit kann so manch böse Überraschung vermieden werden. Was das Putzen angeht, ist es genauso. Ein gemeinsamer Putzplan kann helfen, sich die Aufgaben fair aufzuteilen und das Konfliktpotenzial zu verringern“, ergänzt die Psychologin.

Um die Romantik auch in der gemeinsamen Wohnung aufrechtzuerhalten, sind bestimmte Rituale wichtig.

Doris Jeloucan, Psychologin

Romantik im Alltag

Die Probleme im Alltag sind jedoch nicht der einzige Konfliktherd im gemeinsamen Zuhause. Vielen fehlt der eigene Rückzugsort, den man besonders nach einem Streit benötigt. Zwischen Arbeitsstress und Haushaltsführung kommen oft auch liebe Gesten und die gezielt gemeinsam verbrachte Zeit zu kurz. Doris Jeloucan empfiehlt daher: „Um die Romantik auch in der gemeinsamen Wohnung aufrechtzuerhalten, sind bestimmte Rituale wichtig: Der tägliche Begrüßungs- und Abschiedskuss gehören da einfach dazu. Auch eine besondere Date-Night schafft einen Ausbruch aus der Alltagsroutine.“ Den Partner nicht für selbstverständlich zu nehmen und sich jeden Tag aufs Neue Mühe zu geben, ist für ein harmonisches Zusammenleben also besonders wichtig.

Interview Doris Jeloucan

weekend: Stimmt das Klischee, dass sich Männer eher vorm Zusammenziehen fürchten?
Doris Jeloucan:
Nein, das würde ich nicht sagen. Skeptische Gefühle und gewisse Bedenken vor diesem Schritt herrschen bei beiden Geschlechtern. Auch Frauen haben oft Angst vor Bindung und ernsten Beziehungen.

weekend: Kommt es oft vor, dass Paare wieder auseinanderziehen, aber sich nicht automatisch trennen?
Doris Jeloucan:
Das erlebe ich eher selten. Öfter kommt es vor, dass Paare nach dem „Living Apart Together“-Prinzip leben und sich ganz bewusst dafür entscheiden, ihr gemeinsames Leben in zwei getrennten Wohnungen zu führen. Sie geben sich damit Freiraum und Unabhängigkeit. Das ist für viele die ideale Lösung.

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