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Die hohe Jagd: Zwischen Wirtschaftsfaktor und Naturschutz

13.10.2014 um 10:54, A B
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Tierschützer wollen sie komplett abschaffen. Junge Männer Mitte 30 entdecken sie gerade neu. Kulinarisch ist Wild derzeit auf allen Speisekarten. Doch viele regt das Thema auf – zwischen Rache für Bambi und Jägerlatein. Brauchen wir die Jagd? 

Läuft Ihnen auch schon das Wasser im Mund zusammen, wenn Sie an die Wildwochen beim Wirten Ihrer Wahl denken? Ja? Und wie denken Sie über die Jagd? Alles reiche Tierquäler, die der Lust am Töten frönen? Das Thema Jagd polarisiert – in der Stadt stärker als am Land. Dabei leisten die mehr als 120.000 Jägerinnen und Jäger in Österreich einen wesent­lichen Beitrag zum Naturschutz. Und auch volkswirtschaftlich ist der Anteil der Jagd nicht zu unterschätzen. Umwelt- und Tierschutz geht mit der Hege – auch die gehört zum weidmännischen Dasein – Hand in Hand. Eine nüchterne Betrachtung eines umstrittenen Themas.

Aufgaben des Jägers

Wer denkt, bei der Jagd geht es nur darum, wahllos herumzuballern oder mit den Kollegen ein Schnapserl zu kippen, liegt falsch. Die Abschusszahlen sind streng behördlich geregelt, auch die Fertigkeit mit der Waffe muss regelmäßig trainiert werden. Das Zielwasser mag zu früheren Zeiten vielleicht Usus gewesen sein, heute sollte bei der Jagd wie beim Fahren gelten: 0,00. Der geregelte Abschuss selbst ist aber nur ein kleiner Teil der weidmännischen Pflichten. Wer ein Revier vom Grundbesitzer pachtet, trägt auch Sorge für das Wohl des Walds. Das heißt, die Bäume vor ­Verbiss zu schützen, neue zu pflanzen und zu hegen.

Natürlicher Schutz

Die Schäden, die jährlich durch Wildverbiss in Österreich entstehen, lassen sich in Geld schwer beziffern. ­Allerdings: Der Wald hat eine Schutzfunktion. Wo diese nicht intakt ist, haben Naturgewalten freien Lauf. Sterben die Bäume ab, weil sie aufgefressen werden, fehlt eine natürliche Barriere gegen Schnee, Schutt und Geröll. Generell geht es darum, den Wald als Ökosystem in Balance zu halten. „Die Jagd ist Teil eines überge­ordneten Wildlife-Managements“, betont auch Dr. Friedrich Völk. Der Jagd­experte der Österreichischen Bundesforste – diese sind mit 1.500 Jagdverträgen und 860.000 Hektar Jagdfläche der größte Jagdanbieter ­Österreichs – ist überzeugt, dass für ein konfliktfreies Miteinander alle Beteiligten etwas beitragen müssen. Dazu zählt auch, dass Freizeitsportler nicht wie wild querfeldein durch den Schutzwald und das Gebirge radeln und scheue Tiere wie Gams und Reh aus ihrem natürlichen Umfeld vertreiben.

Wirtschaftsfaktor

Für viele Grundbesitzer – ein Teil davon sind Landwirte – stellt die Jagdpacht eine wesentliche und verlässliche Einnahmequelle dar – auch in mageren Zeiten. Zusätzlich muss der Jagdpächter für Schäden aufkommen. Für Friedrich Völk ist eine monetäre Abgeltung aber nicht das Nonplusultra. „Dem Wald geht es deshalb nicht besser“, so Völk. Klüger wäre, den Waldbestand langfristig zu erhalten.

Zum Abschuss freigegeben

Was und wie viel pro Jahr ­geschossen werden darf, bestimmt die Behörde bzw. die Bezirkshauptmannschaft. Die Werte dafür bezieht man aus den Vorjahren, auch weiß jeder Pächter, wie viel Wild in seinem Revier heimisch ist. „Ohne Zählung gibt es keine Jagd“, betont auch Hans-Friedemann Zedka, Sprecher der Zentralstelle der österreichischen Jagdverbände. Beim „Schalenwild“ – Paarhufern wie Hirsch, Reh, Gams und Wildschwein – gab es in den vergangenen Jahren viel mehr Population. Schuld sind einerseits die milden Winter, die vor allem das Schwarzwild-Vorkommen zum Explodieren brachten. Auch Veränderungen in der Landwirtschaft schaffen ein Paradies für die Schweine. Davon, dass zu viel abgeschossen wird, kann also keine Rede sein.

Alles bio

Ein Jäger jagt nicht nur wegen der Trophäen – so nennt man Geweihe, Fell und Hauer im Fachjargon. Wildbret ist eines der gesündesten Fleischsorten überhaupt. Die Tiere hatten ein schönes Leben, konnten sich ihr (Bio-)Futter selbst aussuchen, bekamen keine Antibiotika. Wildbret ist das am schonendsten gewonnene Fleisch – gesund und cholesterienarm.

Nachhaltig

Heute kann sich der Wildbestand nicht mehr selbst in Balance halten. Neue Straßen und Siedlungen schneiden den Tieren ihre Routen ab, große natürliche Feinde sind nicht vorhanden. Es bedarf einer gezielten Regulation – zum Wohle von ­gesundem Wild und Wald.

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