Wiens ältester Heuriger in Ottakring: Ein Vierterl in Ehren
Ein Abend beim Heurigen gehört zum echten Wiener Lifestyle einfach dazu. Bei Schrammelmusik und Gemischten Satz wird dort diskutiert und politisiert, gelacht und geschmaust. Der älteste Heurige der Stadt – manche meinen, sogar von ganz Österreich – ist im 16. Bezirk, in Alt-Ottakring, zu finden: die 10er Marie.
Heurigenkultur
Seit 1740 wird in der Ottakringer Straße 222 – 224 spritziger Wein und die typische Heurigenjause kredenzt. Bis heute ist das Lokal ein beliebter Treffpunkt von Einheimischen und Besuchern, die ein bisschen in Nostalgie und Wiener Gemütlichkeit schwelgen möchten.
Namensgebend
Das ehrwürdige Haus steht heute unter Denkmalschutz. Im Laufe der Zeit wechselten einige Male die Besitzer. Im 19. Jahrhundert betrieb die Ottakringer Weinhauerfamilie Heimböck den Heurigen. Die schöne Tochter des Hauses hieß Maria. Die damalige Adresse der Institution: Alt-Ottakring Numero 10. Also ging man zur „10er Marie“, wenn man Geselligkeit und etwas Weinseligkeit suchte.
Musik & Adel
Die Anziehungskraft des Lokals blieb auch erhalten, als die schöne Marie längst weggezogen war. So soll sich Kronprinz Rudolf mit seinem Leibfiaker, dem Wienerlied-Sänger Josef Bratfisch gerne bei der 10er Marie unters Volk gemischt haben. Auch Franz Schubert, Johann Strauss Vater, Franz Lehár und Robert Stolz zählten zur illustren Gästeschar in Alt-Ottakring.

Wilde Zeiten
Bei der „Marie“, da kehrte man immer gerne ein. Besonders lustig war es unter der legendären Wirtin Käthe Musil, die das Haus bis in die 1980er-Jahre führte. Mit Reich & Schön auf Du und Du, machte sie den ehrwürdigen Heurigen zum Szene-Treff. Kein Wunder, dass auch internationale Megastars ihrer Zeit – Liz Taylor, Bond-Girl Ursula Andress, Curd Jürgens, Arnold Schwarzenegger, Larry Hagman u. v. m. zu ihren Gästen zählten. Schlager-Barde Rex Gildo verewigte sich im Gästebuch der Hausherrin mit einem markigen Spruch: „Die Frau Käthe hat Sex – das sagt euch euer Rex!“
Neue Ära
Seit 1993 gehört die 10er Marie der Neustifter Weinbau-Familie Fuhrgassl-Huber. Auch bei Heurigenwirtin Gerti Huber kehren Politiker und Prominente gerne ein. Noch heute ist die 10er Marie eine Insel inmitten des hektischen städtischen Treibens. Neben den Touristen, die auf ihrer Suche nach typisch Wiener Heurigenkultur hier landen, kommen auch die Ottakringer selbst gern auf ein Achterl oder zwei vorbei.
Ausg’steckt is in Ottakring
Früher stellte der Weinbau einer der wichtigsten Einnahmequellen der Ottakringer dar. Die Vorstadt war um 1800 ein Weindorf, heute findet man im Bezirk nur noch relativ wenige Heurigenlokale.
Zentral und dörflich
Die 10er Marie ist öffentlich gut erreichbar: Nur ein paar Minuten Fußweg von der U3 Endstation Ottakring entfernt oder mit der 2er-Bim kommt man in den Genuss des Heurigen-Idylls. Das Haus am Platzl hinter der Kirche könnte genauso gut irgendwo am Land sein: ein Hort der Gemütlichkeit inmitten einer modernen Millionenstadt.