Kultgetränk Kaffee: 10 Dinge, die jeder Fan wissen sollte
Es war einmal ein Hirtenjunge, der hatte eine sonderliche Herde Ziegen. Immer wenn sie die roten Früchte einer bestimmten Pflanze fraßen, sprangen sie aufgeregt umher und konnten nächtelang nicht schlafen. So oder so ähnlich beginnen die Legenden, die sich um den Ursprung des schwarzen Goldes ranken. Als gesichert gilt, dass Kaffee um das Jahr 850 in Äthiopien entdeckt wurde. Von dort aus trat er seinen globalen Siegeszug an. Nach Wasser ist der Aufguss aus den Kernen der Kaffeekirsche weltweit das zweimeistkonsumierte Getränk der Welt.
Österreich, Land der Genießer
Herr und Frau Österreicher trinken im Schnitt drei Tassen täglich, das sind jährlich immerhin 145 Liter oder über 1.000 Portionen des Heißgetränks. 110 Euro geben sie dem De’Longhi-Kaffeereport zufolge dafür jährlich aus. 49 Prozent der Befragten geben in Umfragen sogar an, ohne Kaffee nicht leben zu können. Das spiegelt sich auch in unserer Wertschätzung dem Muntermacher gegenüber wider. Der Trend geht Richtung bewusster Konsum und Entschleunigung. "Wir leben in einer Zeit, in der wir die kleinen Dinge wieder mehr schätzen. Niemand setzt sich genüsslich für einen Hotdog hin und schwärmt von den himmlischen Vorzügen des Frankfurters", ist Barista Michael Haller vom Vienna Coffee College überzeugt. "Aber für einen mit Liebe zubereiteten Kaffee, der mit jedem Schluck besser wird, nimmt man sich gerne Zeit." Tatsächlich ist für 68 Prozent der Österreicher eine Tasse Kaffee mehr als ein schneller Koffeinkick. Sie genießen den Duft bereits während der Zubereitung und zelebrieren den Moment des Trinkens.
Kunstvolles Kaffeebrühen
Dabei will man sich nicht mehr nur auf die Perfektion professioneller Baristas verlassen. Die Kunst des gekonnten Kaffeebrühens hält auch in heimischen Küchen Einzug. Sichtbar wird das an der ständig wachsenden Workshop-Auswahl. Beim Kaffee- und Espresso-Fachgeschäft Beans bietet man bereits seit 2013 Home-Barista-Kurse an. "Den ersten Kurstermin mussten wir gleich einmal ausfallen lassen, wir hatten nicht eine einzige Anmeldung", sagt Geschäftsführerin Doris Schleger. "Richtig losgegangen ist es dann beim zweiten Kurs. Die Nachfrage ist mit der Zeit stark gestiegen." Dass das Interesse an hochwertigem Kaffee und an Kaffeewissen zunimmt, bestätigt auch Barista-Know-how-Autor Kurt Leopold Traxl: "Die Menschen werden neugieriger."
Die perfekte Bohne gibt es nicht
Eine gelungene Zubereitung steht und fällt mit vielen großen und kleinen Details. "Aber allem voran geht es um eine gute und hohe Kaffeequalität", sagt Barista Haller. "Ein hochwertiges Produkt kann man ziemlich schwer ungenießbar machen. Auf der anderen Seite ist es fast unmöglich, ein schlechtes Produkt gut schmecken zu lassen." Qualitativer Kaffee zeichnet sich dadurch aus, dass die Kirschen bei der Ernte reif sind, sorgfältig aufbereitet und schonend geröstet werden. Die Wahl der Bohnensorte selbst ist vom persönlichen Geschmack abhängig. Eine Besonderheit bildet der klassische italienische Espresso. "Er besteht zumeist aus einer Mischung aus Arabica- und Robusta-Bohnen", erklärt Espresso-Expertin Schleger. "Erstere betonen mehr die fruchtigen Geschmackskomponenten, letztere eher die bitteren. Die Mischung der beiden ergeben dann dieses einzigartige Geschmackserlebnis." Subjektiv sind auch die Vorlieben beim Röstgrad der Bohnen. Je dunkler, desto intensiver der Geschmack. Sehr dunkle Röstungen laufen aber Gefahr, feine Aromen zu verbrennen. "Ein haselnussbrauner Grad oder ein wenig dunkler ist optimal für Espresso", sagt Haller. "Für Filter- bzw. Brühmethoden wollen wir eher hellbraune Röstungen. Hier bleibt mehr Geschmack und mehr Säure in der Bohne enthalten, was den hohen Wasseranteil von Filterkaffee belebt und einen frischen und lebendigen Eindruck hervorbringt."
Mühle macht den Meister
Generell sollten die Bohnen immer im Ganzen und nie fertig vorgemahlen gekauft werden, rät auch Autor Traxl, da "die Qualität nicht mehr kontrolliert werden kann und hier häufig der ganze 'Röstabfall' gemahlen und verkauft wird." Gemahlener Kaffee "raucht" zudem auch schneller aus, was negative Auswirkungen auf das Aroma hat.
Unverzichtbares Werkzeug für jeden Hobby-Barista ist eine gute Kaffeemühle. Eine konstante Mahlung bestimmt letztlich die Qualität des fertigen Getränks. "Ein gleichmäßiger Mahlgrad ist nach neuesten Erkenntnissen einer der Hauptgründe, ob ein Espresso eine gleichmäßige Extraktion hat und so auch ein ausgewogenes Verhältnis von Säuren, Süße und Bitterstoffen aus dem Kaffee gelöst wird", erklärt Haller. Im Privatgebrauch sollten Genießer Handmühlen den Vorzug geben. Flüchtige Kaffeearomen können durch die Wärmeerzeugung elektronischer Geräten verloren gehen. Beim Kauf Zweiterer ist darauf zu achten, dass Mahlgrad und Kaffeemenge einstellbar sind. Und noch etwas zum Kauf: Kaffee verliert sofort nach der Röstung einen wesentlichen Teil seines Aromas – egal wie gut die Verpackung ist. Es empfiehlt sich der Kauf kleinerer Mengen. Der Kühlschrank ist übrigens eine Todeszone für die schwarzen Bohnen. Auch von Einmachgläsern und durchsichtigen Boxen ist abzuraten. Am besten wird das licht- und feuchtigkeitsempfindliche Produkt in der Originalverpackung an einem dunklen und trockenen Ort gelagert.
Flüssiger Jungbrunnen
Kaffee-Junkies müssen sich keine Gedanken um ihre Gesundheit machen – im Gegenteil. Das Getränk steckt voller Antioxidantien, schützt vor Alzheimer und Demenz und kurbelt die Fettverbrennung an. Erste wissenschaftliche Hinweise deuten zudem darauf hin, dass die beliebten Bohnen den Alterungsprozess der Zellen verlangsamen können. In Versuchen wurde nachgewiesen, dass dieser Effekt unabhängig von Koffein ist. Welche Kaffeebestandteile exakt ausschlaggebend sind, ist bis dato noch nicht bekannt. Noch etwas haben jüngste Untersuchungen herausgefunden: Mit den (angeblichen) Worten von Franz Kafka: "Kaffee dehydriert den Körper nicht, ich wäre sonst schon Staub." Koffein kann kurzfristig zwar zu verstärktem Harndrang und gesteigerter Urinproduktion führen. Bei regelmäßiger Konsumation stellt sich aber rasch ein Gewöhnungseffekt ein.
4 hilfreiche Experten-Tipps
- French Press Das Equipment vorwärmen, damit wir nicht zu viel Brühtemperatur verlieren. Bei Brühverfahren wie French Press ist es ein Mythos, dass kochendes Wasser den Kaffee verbrennt (Kaffee wird mit knapp über 200 °C geröstet), daher eher zu kaltes Brühwasser vermeiden. Den Mahlgrad eher gröber wählen. Anders als beim Espresso sollen überwiegend Aroma- und nicht Bitterstoffe gelöst werden. Umrühren nicht vergessen, weil sich der Kaffee absetzt.
- Bialetti Kommt dem Geschmack eines Espresso sehr nahe. In den unteren Teil der Mokkakanne heißes Wasser füllen, damit sich die Kanne nicht zu sehr aufheizt und der Kaffee nicht im Sieb verbrennt. Wenn der Kaffee hochsteigt, auf keinen Fall die Temperatur zurückdrehen! Dadurch würde der Wasserdruck abfallen, das Wasser zu langsam durch den Kaffee ziehen und viele Bitterstoffe lösen. Steigt der Kaffee zu schnell hoch, den Mahlgrad beim nächsten Mal feiner wählen.
- Tamper & Mühle Ein gleichmäßiger Mahlgrad sorgt nach neuesten Erkenntnissen beim Espresso für eine gleichmäßige Extraktion. Außerdem ist es extrem wichtig, dass der Kaffee vor dem Verdichten gleichmäßig im Sieb verteilt wird. Dazu wird ein Tamper gewählt, der genau mit der Siebgröße abschließt und kein "Spiel" hat. Wird der Kaffee nur bedingt verdichtet, kommt es zu Kanälen, die den Kaffee verwässern und den Geschmack vermiesen können.
- Filterkaffee Prinzipiell gelten dieselben Tipps wie bei der French Press. Der Mahlgrad kann jedoch etwas feiner (mittel) gewählt werden. Den Papierfilter vor Verwendung mit heißem Wasser spülen, damit die papierigen Stoffe aus dem Filter gelöst und das Equipment vorgewärmt wird. 60 Gramm Kaffee pro ein Liter Wasser bringt erfahrungsgemäß die besten Ergebnisse.
6 skurrile Fakten über Kaffee
- Dank Kaffee wurde die Webcam erfunden! Wissenschaftler der Universität Camebridge wollten ihre drei Stockwerke tiefer gelegene Kaffeemaschine ohne aufwendiges Treppensteigen im Auge behalten.
- Koffein spricht dieselben Hirnregionen an wie Kokain und Heroin. Obwohl die Wirkung viel geringer ist, galt Kaffee Anfang des 18. Jahrhunderts als gesellschaftliches Problem.
- Als das beliebte Heißgetränk nach Europa kam, wurde es ursprünglich als arabischer Wein bezeichnet. Dabei hat Kaffee geschmacklich mehr zu bieten: Im Wein wurden bislang 500 verschiedene Aromen identifiziert – bei Kaffee sind es 800.
- Wer den Koffeingehalt von zwei bis drei Tassen Kaffee intus hat, ist empfänglicher für positive Worte.
- Vielleicht treffen sich auch deswegen 73 Prozent der deutschsprachigen Singles zum ersten Date auf eine Tasse Kaffee.
- Ein frühes türkisches Gesetz zeigt, wie ernst es den Menschen mit dem Kaffee war: Wenn ein Ehemann der Gattin den Kaffee verweigere, sei dies ein triftiger Scheidungsgrund.