Geil, Oida! Ist unsere Sprache noch zu retten?
"Hey, I bims, Bruh. Die Squad tut fernschimmeln. Bist du unfly, weil du nix davon kennst???" Und nun für alle in Hochdeutsch: Unsere coole Truppe chillt heute woanders als üblich. Sind Sie auch zu uncool, um das zu verstehen? Es kann heute schon eine Herausforderung sein, Kids zu verstehen. Denn der Wortschatz ändert sich permanent: Der neue Duden etwa hat heuer 5.000 neue Wörter aufgenommen. Neu dabei sind z. B. Fake News, Brexit und postfaktisch. Viele weitere Wörter sind englischen Ursprungs, darunter Tablet, Selfie, liken oder facebooken.
Got it?
Der Trend zum Englischen ist somit ungebrochen. Unter den Neuwörtern der 90er-Jahre machten die Anglizismen bereits 40 Prozent aus, wie das Institut für Deutsche Sprache ermittelt hat. Dieser Anteil dürfte heute sogar noch um einiges höher sein – wobei sich unter diese englischen Wörter auch so manche heimische Wortkreation gemischt hat. Diese klingen zwar englisch, sollte man aber definitiv nicht außerhalb des deutschen Sprachraums verwenden. Oder war Ihnen bewusst, dass die Einladung zu einem Public Viewing im englischsprachigen Raum einer Einladung zu einer Leichenfeier entspricht?
Auf Trendsuche
Anglizismen spielen interessanterweise jedoch bei der Suche nach dem österreichischen Wort, Unwort und Jugendwort des Jahres kaum eine Rolle, wie Rudolf Muhr, Initiator der österreichischen Erhebung, erklärt: "Das Englische hat viel an Prestige verloren. Entscheidend bei der Auswahl sind vielmehr die Themen, die das Land bewegen. Im Vorjahr war dies z. B. der extrem lange Wahlkampf für die Bundespräsidentenwahl." Ende Oktober wird eine Auswahl für die heurigen Österreichischen Wörter des Jahres getroffen – dann kann jeder online mitbestimmen (www.oewort.at) – und am 4. Dezember wissen wir dann, ob auch die Nationalratswahl heuer sprachtechnisch Spuren hinterlassen hat.
Sprachverfall?
Prinzipiell stellt Muhr aber klar: "Noch nie in der Geschichte der Menschheit wurde so viel geschrieben wie heute. Dass auf dem Handy in Kurzform getippt wird, ist nur logisch, weil alles andere unpraktisch wäre. Zudem war die ursprüngliche deutsche Schreibweise ebenfalls so, wie wir gesprochen haben. Es hat 800 Jahre gedauert, bis wir unsere heutige normierte Form entwickelt haben." Auch Manfred Glauninger, Soziolinguist an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Wien, sieht hier eher die Angst vor Veränderung: "Prinzipiell stehen wir Veränderungen kritisch gegenüber. Sprache ändert sich jedoch, genauso wie die Gesellschaft. Und dies lässt sich auch nicht aufhalten. Zudem: Wollen wir tatsächlich heute noch so reden und leben wie unsere Großeltern?"
Informeller Ton
Fakt ist, dass diese Veränderungen aber auch einher gehen mit einem lockereren Umgangston. "Dialekt ist heute auch in der Öffentlichkeit möglich, teilweise selbst im Geschäftsbereich", weiß Glauninger. "Als Begrüßungsform ist zudem ein 'Hallo' gebräuchlich – und das geht sowohl in der Du- als auch in der höflichen Sie-Form." Zudem weist der Soziolinguist darauf hin, dass diese lockere Sprache auch gerne von Werbung, Tourismus oder in Songtexten genutzt wird und sich so weiter etabliert.
Emoticons
Doch nicht nur neue Ausdrücke verändern unsere Sprache. Kaum eine SMS oder WhatsApp kommt noch ohne Emoticons oder Emojis aus. "Bilder gewinnen prinzipiell an Bedeutung, auch weil Sprache viel mehr als das geschriebene Wort ist. Es geht auch um Mimik, Gesten, Emotionen – und diese werden über diese Bilder transportiert", erläutert Glauninger. Und auch diese Sprachform verändert sich: 56 neue Symbole sind alleine heuer im Sommer hinzugekommen, darunter das lange erwartete "Kotz-Emoji". Somit gibt es nun 8.500 Emojis, die weltweit einheitlich digital dargestellt werden. Von einheitlichem Verständnis weltweit kann aber keine Rede sein. Denn oft werden diese sinnentfremdet – oder haben sogar je nach Kulturkreis eine unterschiedliche Bedeutung. Verwirrung ist da praktisch vorprogrammiert. Kurioses Detail am Rande: Da sich Symbole leichter einprägen als Zahlen, hat die britische Softwarefirma "Intelligent Environments" eine Technologie zur Authentifizierung entwickelt, die mit Emojis anstatt mit Ziffern arbeitet. Der Hintergrund: 64 Prozent der Millennials (Menschen, die zwischen 1990 und 2010 Teenies waren) kommunizieren regelmäßig ausschließlich mit Emojis. Zudem sind solche Codes aufgrund der Vielzahl an Kombinationen viel schwerer zu knacken. Also wer weiß: Vielleicht nutzen wir künftig Emojis zur Authentifizierung am Bankomaten? Und zumindest das wäre dann LIT – also sehr cool.
Abkürzungen, die Sie kennen sollten
- LOL - Laughing Out Loud (= lauthals lachen)
- BTW - By The Way (= übrigens)
- CUL - See You Later (= Wir sehen uns später)
- 2L8 - Too Late (= zu spät)
- GN8 - Good Night (= Gute Nacht)
- FYI - For Your Information (= zur Info)