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Nahaufnahme mehrerer wehender marokkanischer Flaggen mit grünem fünfzackigen Stern auf rotem Hintergrund vor blauem Himmel.
In Rabat sitzt die Aktivistin Ibtissam Lachgar wegen eines T-Shirts mit der Aufschrift „Allah ist lesbisch“ in Untersuchungshaft.
In Rabat sitzt die Aktivistin Ibtissam Lachgar wegen eines T-Shirts mit der Aufschrift „Allah ist lesbisch“ in Untersuchungshaft.
Valerio Rosati / dpa Picture Alliance / picturedesk.com

"Allah ist lesbisch": Aktivistin Lachgar festgenommen

11.08.2025 um 11:46, Stefanie Hermann
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Ein T-Shirt mit „Allah ist lesbisch“ bringt Ibtissam Lachgar ins Gefängnis. Der Fall entzweit Marokko und entfacht eine Debatte über Meinungsfreiheit.

Inhaltsverzeichnis

In Marokko ist die bekannte Feministin und LGBTQ-Aktivistin Ibtissam Lachgar festgenommen worden. Grund ist ein Foto, das sie Ende Juli in sozialen Medien veröffentlicht hat. Darauf trägt sie ein T-Shirt mit der Aufschrift „Allah ist lesbisch“. Die Staatsanwaltschaft in Rabat wirft der 50-Jährigen „beleidigende Äußerungen gegen Gott“ und „Beleidigung der islamischen Religion“ vor. 

Einsatz für Frauen- und Minderheitenrechte

Lachgar ist eine der wenigen bekennenden Atheistinnen Marokkos. Seit Jahren engagiert sie sich für die Legalisierung von Abtreibung und für die Rechte von LGBTQ-Personen. 2009 versuchte sie, ein öffentliches Picknick während des Fastenmonats Ramadan zu organisieren. Die Aktion wurde letztlich von Polizei und Protestierenden verhindert. Den Islam bezeichnete sie in der Vergangenheit mehrfach als „wie jede religiöse Ideologie faschistisch und frauenfeindlich“. Auch unter ihrem aktuellen T-Shirt-Foto schrieb sie diesen Satz, um ihre Kritik an religiöser Bevormundung zu verdeutlichen.

Online-Sturm und Festnahme

Der Social-Media-Beitrag löste heftige Reaktionen aus. Neben Unterstützung erhielt Lachgar etliche, teils heftige Drohungen. Auf Facebook berichtet sie von „tausenden Vergewaltigungsaufrufen, Morddrohungen und Aufrufen zur Steinigung“. Einige Nutzer forderten explizit ihre Festnahme. Die marokkanischen Behörden reagierten schnell: Gegen Lachgar wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, mittlerweile sitzt sie in Untersuchungshaft. „Die islamische Religion beleidigt“ zu haben, sei ein Verstoß gegen das Strafgesetzbuch, so die Staatsanwaltschaft. Rechtsgrundlage dafür ist Artikel 267-5 des marokkanischen Strafgesetzbuches, der Beleidigungen gegen Gott, den Propheten und die islamische Religion unter Strafe stellt.

Lange Haftstrafe möglich

In Marokko wird Religionsbeleidigung mit sechs Monaten bis zu zwei Jahren Haft und einer Geldstrafe zwischen 20.000 und 200.000 Dirham (rund 2.000 bis 20.000 Euro) geahndet. Erfolgt die Äußerung im öffentlichen Raum oder über elektronische Medien, können bis zu fünf Jahre Haft verhängt werden. Die Untersuchungshaft darf maximal 48 Stunden dauern, danach entscheidet die Staatsanwaltschaft über die Anklage. Menschenrechtsgruppen sehen den Fall als weiteren Beleg für die Einschränkung der Meinungsfreiheit im Land. Die von Lachgar mitbegründete Bewegung ‚Mouvement alternatif pour les libertés individuelles‘ (MALI) verurteilte die Festnahme als ‚willkürlich‘ und forderte ihre sofortige Freilassung.

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