Willkommen in der Post-Corona-Wirtschaft
Von Harry Gatterer
Die ersten Wochen nach dem Corona-Schock waren dominiert von prognostischen Versuchen, ein Ende sichtbar zu machen: „Wann“ ist der Spuk vorbei? Doch inzwischen begreifen die Unternehmerinnen und Unternehmer, dass die eigentliche Frage anders lautet. Nämlich: „Wie“ machen wir weiter? Wir leben in einer Zeit, in der plötzlich möglich wird, was vorher undenkbar war. Es ist auch die Zeit, in der neue Businessmodelle entstehen und funktionieren können, die kontextsensibel sind, neue Variablen mit einschließen und Wachstum anders begreifen. Es ist ein Jahr der Entscheidungen. Wir stellen jetzt die Weichen für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Zukunft der kommenden Jahre. Innerhalb nur weniger Monate werden die Pfade angelegt, die über die Zeit in die neue Realität führen werden. In diesem Zeitfenster entscheiden wir über unsere Zukunft.
Reframing der Wirtschaft
Dabei findet auch ein zentrales Reframing statt: Die Wirtschaft gliedert sich wieder deutlicher in die Gesellschaft ein. Der neoliberale Mythos der Selbststeuerung der Wirtschaft bröckelte schon vor Corona – und ist nun endgültig zerstört. Wirtschaft wird wieder als Teil des Gesamtsystems verstanden und ganzheitlicher gedacht. Die ursprüngliche Funktion des Wirtschaftens, nämlich die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse, rückt wieder in den Vordergrund. Jenseits der reinen Profitmaximierung werden Herstellungsbedingungen, Tauschprinzipien, die Verteilung, das Recycling und die Entsorgung sowie die Digitalisierung von Gütern und Dienstleistungen (wieder) zum Thema. Scheinbar unverrückbare Wahrheiten und Glaubenssätze werden infrage gestellt. Neben der finanziellen Performance, der Legalität und der guten Governance des eigenen Handelns gilt es auch, dessen Relevanz für Umwelt und Nachhaltigkeit, sozialen Zusammenhalt, Gerechtigkeit und Freiheit zu bedenken.
Erfolgreiche Marken müssen künftig weniger auf einzelne Individuen fokussieren, sondern mehr auf Werte und kollektive Identitäten.
Krisenfest durch Resilienz
Das Denken in Ursache-Wirkung-Beziehungen und Wenn-dann-Logiken führt nicht zu Kreativität und Resilienz. Wer krisenfest werden will, muss sich neue Formen des Denkens zu eigen machen: nämlich Denken in Zusammenhängen und Kontexten statt in linearen Verläufen. Das bedeutet auch: Die Zeiten der langfristigen Planung sind vorbei. Planung und Beherrschung waren lange Zeit die handlungsleitenden Maximen der Wirtschaft. Mit dem Einbezug von Natur und Mensch in den wirtschaftlichen Handlungsrahmen wird jedoch klar, dass die Zeit lang währender Strategiekonzepte vorbei ist. Dieser Trend ist bereits seit Längerem in agilen Prozessen ersichtlich, die volle Wirkungskraft entfaltete sich jedoch erst in der aktuellen Krise. Schmerzlich mussten wir im Kontext der Coronakrise unsere Hilflosigkeit bezüglich Planung und Beherrschung feststellen. Ein Virus verhält sich nicht betriebswirtschaftlich berechenbar – ebenso wenig wie ein Mensch oder die Natur. Alle Annahmen, die wir über Wirtschaftsprognosen getätigt haben, sind von uns selbst konstruiert. Deshalb müssen wir verstehen, dass wir immer in Modellen denken, die nur bestimmte Facetten von Realität abbilden.
Ein neues Unternehmertum
In der Konfusion entwickeln sich neue Autoritäten: jene, die eine Vision haben, um die um sich greifende Verwirrung in Fortschritt zu übersetzen. Authentische Visionen sind der Treibstoff einer neuen Klasse von Unternehmen. Auf die Konfusion folgt unweigerlich die Innovation, jedoch nicht mehr im Sinne von ständiger technologischer Neuerung, sondern mit einem neuen Verständnis von Kreativität und innerhalb neuer mutiger Unternehmenskulturen. Zentral für die Resilienz eines Unternehmens sind die Menschen, die in ihm und für es arbeiten. Um die richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden (und zu halten), ist ein Umdenken erforderlich – weg von Human Resources, hin zu Human Relations. Auch die Rolle von Marken und Marketing ist – nicht erst seit Corona – im Wandel: Erfolgreiche Marken müssen künftig weniger auf einzelne Individuen fokussieren, sondern mehr auf Werte und kollektive Identitäten. Zukunftsfähige Marken verstehen sich als aktive Treiber des Wandels. All diese Transformationsprozesse erfordern eine zeitgemäße Unternehmensführung, in der es nicht mehr primär um Leistungssteigerung und operative Exzellenz geht, sondern darum, die richtigen Bedingungen für Adaption zu schaffen. Dies bedeutet nicht zuletzt, dass Führungskräfte stets die Veränderungen im Außen im Blick haben und mit dem Innen des Unternehmens in Einklang halten müssen. Dies gelingt am besten in der systematischen Auseinandersetzung mit Trends und Megatrends.
Donnerstag, 4. November 2021, 9.30 Uhr, Design Center Linz
Und jetzt? Marketing in ungewöhnlichen Zeiten
Experten kündigen an, dass wir schon Ende des Jahres wieder das Vor-Corona-Niveau erreichen. Ökonomen warnen vor Insolvenzen und dem Verlust von Arbeitsplätzen. In diesem Spannungsfeld gilt es nun sich neu zu orientieren. Marketing und Kommunikation müssen an den neuen gesellschaftlichen Entwicklungen ausgerichtet werden.
Wir freuen uns auf hochkarätige Referenten:
• Achim Feige, Marken- und Business-Inspirator
• Harry Gatterer, Trendforscher und Geschäftsführer des Zukunftsinstituts.
• Franz Klammer, erfolgreichster Skirennläufer der Weltcupgeschichte
• Birgit Mager, Expertin für Service Design
• David Rohrmann, Spezialist für Collective Intelligence
• Marlene Urban, Best Practice im Bereich Tourismus und Social Media
Nähere Infos und Anmeldung unter www.mfl2021.at