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Lukas Kienbauer, Haubenkoch
Lukas Kienbauer, 31, betreibt in Schärding drei Lokale. Bereits mit 25 bekam er seine ersten zwei Hauben von Gault Millau.
Lukas Kienbauer, 31, betreibt in Schärding drei Lokale. Bereits mit 25 bekam er seine ersten zwei Hauben von Gault Millau.
privat

Was ist Innovation? Ein Kopf voll leckerer Ideen

22.07.2022 um 05:05, Jessica Hirthe
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Alles muss immer kreativer, noch nie dagewesen sein. Auch der Schärdinger Haubenkoch Lukas Kienbauer will ständig neue Kreationen auf den Tisch bringen. In Teil 5 der Innovations-Serie erzählt er, woher er die Inspirationen nimmt.

Knusprige Schweineschwanzerl – das ist eine der Spezialitäten von Lukas Kienbauer. Was man auf den ersten Blick nicht unbedingt auf der Speisekarte eines Haubenlokals vermutet, macht den Innviertler aus. Der 31-Jährige bringt regionale Küche auf den Teller, kombiniert mit extravaganten Beilagen, viel Liebe zum Detail und einer tiefen Verbundenheit zu den Zutaten. Nichts soll verkommen, von Brokkoli-Stielen über Kohlrabiblätter und eben Schweineschwanzerl – bei Lukas, wie er sich selbst den Gästen vorstellt, wird alles von Gemüse und Tier verkocht.

Mit 25 bereits Haubenkoch

Mit gerade einmal 24 eröffnete Lukas in Schärding sein erstes Lokal. Nur wenige Monate später sahnte er zwei Gault-­Millau-Hauben ab, Gourmetkritiker überschlugen sich mit Lobeshymnen. Sieben Jahre später hat der junge Koch-Superstar drei Lokale, drei Hauben, vier Fal­staff-Gabeln und Dutzende ­weitere Auszeichnungen. „Wie viele Hauben ich jetzt habe, ist mir nicht mehr wichtig. Anfangs war ich da sehr verbissen, jetzt kann ich relaxter sein“, so Kienbauer. Doch die Bedeutung ist nicht zu unterschätzen: Die Bewertungen sind nicht nur eine Bestätigung der guten Arbeit, sondern vor allem unbedingt ­notwendige Werbung. „Wir brauchen die mediale Präsenz, denn von den Schärdingern allein können wir nicht leben.“ Der Start war keinesfalls leicht, denn keiner glaubte an sein innovatives Konzept: Keine Speisekarte, kein fixes Menü. Die Gäste wählen im „Lukas Restaurant“ nur die Anzahl der Gänge und geben Allergien an – und essen, was auf den Tisch kommt. Von diesem mutigen Projekt musste der junge Koch, der schon seine Berufspraktika während der Ausbildung an der Tourismusschule Bad Leonfelden in mehreren Haubenlokalen absolvierte und nach seinem Abschluss unter anderem als Souschef im Mesnerhaus in Salzburg arbeitete, auch erst die Banken überzeugen.

Ich will nicht zu viel links und rechts schauen, sondern unsere Küche noch besser, spannender, kreativer und feiner machen.

Drittes Lokal im Lockdown

Der Plan ging auf: Längst parken Autos mit Münchener, Salzburger und Wiener Kennzeichen vor dem kleinen Lokal in Schärding. Nur drei Jahre nach seinem ersten Coup eröffnete Kienbauer sein zweites Lokal in Schärding, das „Lukas Steak“. Mitten im Coronalockdown schmiedete er weitere ­Zukunftspläne und baute sein drittes Lokal um: eine japanisch inspirierte Cocktail- und Speisebar namens „Lukas Izakaya“. Seine Ideen, seine Inspiration kommen von ganz tief in ihm, ein Kochkünstler mit Leib und Seele, der schon als Vierjähriger dem Lehrling im Gasthaus seiner Eltern in Zell an der Pram erklärte, wie man Schnitzel paniert. Die allgemeinen Trends der internationalen Haubenküche verfolgt er zwar, aber er macht lieber sein eigenes Ding. „Ich will nicht zu viel links und rechts schauen, sondern ­unsere Küche noch besser, spannender, kreativer und feiner machen“, so Lukas. Dafür müssen nicht 40 Komponenten am Teller liegen. Weniger ist mehr, lautet sein Credo. Der Anspruch, auch Sachen zu verkochen, die sonst niemand kocht, treibt ihn an. Von Reisen bringt er gerne neue Gewürze oder exotische Produkte mit.

Selbst gemachte Sojasoßen

Derzeit experimentiert er mit seinem Team viel mit Fermentationen, stellt auch Misopasten, Essig und Sojasoßen her. „Statt ganz klassisch mit Sojabohnen arbeiten wir auch hier mit heimischen Produkten wie Erbsen, Linsen und Bohnen“, berichtet er aus der Experimentierküche. „Ich bin am kreativsten, wenn ich viele Produkte vor mir habe und einfach ausprobieren kann.“ Dabei ist das ganze Team miteinbezogen: „Oft gibt es Ideenimpulse, die ich dann adaptiere, damit sie in unser Konzept passen.“ Mit mittlerweile drei Lokalen und 20 Mitarbeitern bleibt ihm natürlich weniger Zeit zum Kochen als früher. „Ich bin froh, dass sich seit ein paar Jahren mein Bruder großteils um Buchhaltung und Büro kümmert.“ Die Vorbereitung in den Restaurants überlässt er trotzdem längst seinen Führungskräften. „Das Tages­geschäft muss auch ohne mich gehen. Mir bleibt der Part, neue Sache zu entwickeln“, so der 31-Jährige.

4-Tage-Woche fürs Personal

Der Spagat zwischen Kochkünstler und Unternehmer ist nicht leicht. Auch hier ist Lukas innovativ, teils aus der Not heraus: Vor zwei Jahren führte er für seine Angestellten die 4-Tage-Woche ein, seine Lokale haben von Sonntag bis Dienstag geschlossen. „Die Arbeitszeit soll bei der Jobwahl kein Grund sein, um nicht in die Gastronomie zu gehen“, erklärt der Innviertler. Auch Weihnachten, Silvester und zwei Wochen im Sommer sind zu – untypische Zeiten in der Gastronomie.

Pläne für viertes Lokal im Kopf

Um auch für seine Gäste interessant zu bleiben, gibt es zwei Mal im Monat Events, das Menü im Restaurant ist jeden Monat neu. Den Onlineshop, der im Lockdown an den Start ging, hat Lukas zwar wieder aufgegeben, doch seine Soßen, Essige und das speziell gebraute Lukas Ale gibt es nach wie vor in den Lokalen zu kaufen. Das Konzept der ­Izakaya-Bar wurde angepasst, die Räumlichkeiten umgebaut, damit sie nicht nur als Speiselokal, sondern tatsächlich als Bar wahrgenommen wird. Einmal im Monat soll eine „Cat’s Clubbing Night“ mit DJ stattfinden. Die Ideen gehen Lukas nie aus. Er liebäugelt schon mit weiteren Lokalen: „Nach der Pandemie muss jetzt erst wieder alles richtig laufen – doch das Izakaya wird sicher nicht mein letztes gewesen sein.“

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