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Silhouette-Geschäftsführer Michael Schmied
Michael Schmied ist CEO des Brillenherstellers Silhouette.
Michael Schmied ist CEO des Brillenherstellers Silhouette.
WAKOLBINGER

Silhouette: Interview mit CEO Michael Schmied

09.06.2023 um 09:32, Klaus Schobesberger
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Beim Brillenhersteller Silhouette wird CEO Michael Schmied das Unternehmen mit alten Werten und neuem Denken in die Zukunft führen.

CHEFINFO: Silhouette ist einer der wenigen rein europäischen Brillenhersteller und die einzige Brillenmarke von Rang, die in Österreich produziert. Ist das für den Käufer relevant?
Michael Schmied: Viele Konsumenten reagieren darauf zu Recht immer sensibler. Dabei geht es nicht nur um Qualität, sondern auch um Umweltstandards und die Bedingungen, unter denen produziert wird. Die sind in Asien, wo das Gros unserer Mitbewerber produziert, schlicht andere als bei uns. „Made in Austria“ ist daher ein Wert, den wir weltweit stärker betonen in unserer Logo-Kommunikation. Denn man darf nicht vergessen: Österreich hat mit seiner Brillenindustrie einen gewissen Ruf und eine Geschichte. Das könnte man ja noch stärker verankern.

Wie soll das gehen?
Schmied: Das ist eine meiner spinnerten jungen Visionen. Warum sollen „Österreich“ und „Brille“ nicht zu einem Synonym für Qualität werden wie die Schweizer Uhr? Am Standort Österreich kann man sich nur über Qualität differenzieren. Im Billigwettbewerb zieht man immer den Kürzeren. Deshalb suchen wir ständig die Innovation, den nächsten Qualitätssprung. Das treibt einen an, täglich weiterzumachen.

In China wird produziert, weil die Produktionskosten deutlich niedriger sind. Ist verstärkte Automatisierung bei uns die Antwort?
Schmied: Mit gezählten 260 Verarbeitungsschritten für eine Brille verfügen wir über eine Wertschöpfungstiefe im eigenen Haus, die den Unterschied zu anderen eben auch ausmacht. Natürlich sind Lohn- und Energiepreise eine Herausforderung im internationalen Wettbewerb. Aber wir automatisieren, weil die Themenfelder immer komplexer werden. Ich gehöre zu jenen Menschen, die davon überzeugt sind, dass Automatisierung in unserer Volkswirtschaft keine Arbeitsplätze gekostet hat, sie hat sie nur verlagert. Das führt zu höherer Wertschöpfung und größerer Produktivität.

Handarbeit bei Silhouette
Trotz Automatisierung ist viel Handarbeit bei der Produktion einer Brille notwendig.

Machen 260 Arbeitsschritte wirklich den großen Unterschied aus?
Schmied: Zum Glück spürt der Kunde den Unterschied. Bereits mein Großvater hat das Unternehmen auf perfekte Verarbeitungsqualität getrimmt. Am Ende tragen Sie als Brillenträger viele Stunden am Tag ein Produkt im Intimbereich Gesicht, dementsprechend wichtig ist der Tragekomfort.

Ihr Großvater Arnold Schmied hat Prominente und Hollywoodstars für die Marke gewonnen. Heute nennt man das Influencer-Marketing. War er damit seiner Zeit voraus?
Schmied: Wir sind immer sehr stolz, darauf hinzuweisen, dass dies keine klassischen Product Placements waren. All diese Berühmtheiten haben sich ihre Brillen selbst ausgesucht, das macht es auch viel authentischer. Wir haben uns immer ikonischer Produkte bedient, um auf die Marke und um auf uns aufmerksam zu machen. Das gilt für die Futura-Kollektion, die 1973 auf den Markt kam und ein Welterfolg wurde, oder die Titan Minimal Art, die vor 20 Jahren eine Revolution in der gesamten Brillenbranche war und immer noch ist. Mit über 60 Raumfahrtmissionen ist sie eines der bekanntesten ikonischen Produkte in unserem Segment.

Lassen sich solche Designerfolge wiederholen?
Schmied: Mit über 3.000 Designideen im Jahr schaffen es die besten 100 bis 300 in die Kollektion. Aber um in unserem Selbstverständnis als Marke und Unternehmen innovativ zu sein, sind wir laufend auf der Suche nach Neuigkeiten, die zu uns passen. Im Fertigungsbereich zählt etwa der 3D-Druck mit nachhaltigen Materialien dazu. Auch die Tatsache, dass wir mit unserer Linsenproduktion Vision Sensation Fassung und Glas aus einer Hand anbieten, ist am Markt noch nicht überall angekommen. Wir waren damit die Ersten und es gibt bereits ­einige Nachahmer in der Branche. Im Sportbrillenbereich wird das gut angenommen, im Glasbereich noch nicht so erfolgreich, wie wir gerne wären. Aber steter Tropfen höhlt den Stein. Nichts ist bekanntlich so mächtig wie eine gute Idee, deren Zeit gekommen ist.

Wir können uns nur über Qualität differenzieren. Im Billigwettbewerb zieht man immer den Kürzeren.

Michael Schmied

Ist die Datenbrille für Virtual-Reality-Anwendungen, wie es Facebook vorschwebt, das nächste große Ding in der Brillenbranche?
Schmied: Bei Virtual Reality sehen wir noch nicht so den großen Kundennutzen, den es aber braucht, damit eine Invention zur Innovation wird. Aber wir werden die erste elektrifizierte Brille bringen für unsere Sportmarke evyl eye. Sie ist mit einem Elektrosensor ausgerüstet, der dafür sorgt, dass die Scheibe bei sich ändernden Lichtverhältnissen abdunkelt. Das ist ein starkes Innovations- und Zukunftsthema.

Immer mehr Große beherrschen den Brillenmarkt. Wie sehen Sie die Entwicklung?
Schmied: Der Markt ist sicherlich sehr konzentriert, sowohl auf der Herstellerseite als auch auf der Handelsseite. Wir als Familienunternehmen sind stolz darauf, familiengeführt und in Familienbesitz zu sein. Das wollen wir auch bleiben – und wir glauben, dass diese Unabhängigkeit auch für Handelspartner, Optiker und Kunden ein zunehmend wichtiger Wert ist. Innovation und Passion für unsere Produkte fortzuschreiben ist die beste Lebensversicherung, die wir haben. Wir hatten in der Vergangenheit neben unserer großen Stammmarke Silhouette zwei Lizenzmarken, davon haben wir uns getrennt. Wir haben heute ein starkes Eigenmarkenportfolio mit drei unabhängigen Marken. Diese Unabhängigkeit und Eigenständigkeit ist für uns auch der Weg in die Zukunft. 

Innovation und Passion für unsere Produkte fortzuschreiben ist die beste Lebensversicherung.

Michael Schmied

Wie Brillen gekauft und anprobiert werden, ändert sich derzeit stark mit den digitalen Möglichkeiten. Was bedeutet diese Entwicklung für Ihr Unternehmen und Ihre Partner?
Schmied: Ziel unserer Onlinestrategie ist es, unsere Marken in der digitalen Welt emotional erlebbar zu machen. Was die neuen digitalen Anwendungen für den Endkunden im Optikbereich betrifft, sind wir als Unternehmen immer mehr gefordert, in Richtung Endkunden zu denken und zu handeln – sei es auf Social-Media-Kanälen oder sei es mit dem Virtual Try-On, dem virtuellen Anprobieren von Brillen. Wir setzen hier ganz auf die Buy-local-Initiative: online aussuchen, beim Optiker testen und Wertschöpfung in der Region lassen. Das ist für mich als junge Generation das perfekte Gegenbeispiel zu Amazon & Co, weil es darum geht, lokale Strukturen beizubehalten.

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