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Pia Geusau, freiberufliche Restauratorin für Gemälde und Skulpturen für Kirchen, Klöster, Museen und private Sammler.
Pia Geusau, freiberufliche Restauratorin für Gemälde und Skulpturen für Kirchen, Klöster, Museen und private Sammler.
HERMANN WAKOLBINGER

Originale durch nichts zu ersetzen

18.12.2023 um 09:39, Friederike Ploechl
min read
Die Restaurierung von Gemälden und Kunstobjekten hatte, hat und wird auch in Zukunft eine enorme und unschätzbare Bedeutung für den Stellenwert der Kunst haben.

Durch die Restaurierung wird Wissen über die Geschichte und kulturelle Identität einer Gesellschaft gesichert und ist somit nicht bloß ein handwerkliches Verfahren, sondern vielmehr eine komplexe Angelegenheit, die auch ethische und rechtliche Aspekte umfasst. Für bestmögliche Ergebnisse braucht es neben der sorgfältigen Analyse, Planung, Reinigung, Konservierung und Rekonstruktion auch eine gewissenhafte Dokumentation. In den vergangenen Jahren hat es einige bedeutende Fortschritte gegeben, die auch die Zukunft dieser Disziplin beeinflussen werden. Zum Beispiel können bildgebende Verfahren wie Röntgen- oder Infrarotaufnahmen Informationen über das Material und den Zustand eines Objekts liefern, die für die Planung und Durchführung der Restaurierung von entscheidender Bedeutung sind.

Jede Restaurierung ist die Schaffung eines Zustandes, den es vorher noch nicht gegeben hat.

Andreas Strohhammer, Restaurator
Andreas Strohhammer
Andreas Strohhammer, Restaurator und Kunsthistoriker für die Museen der Stadt Linz

VERANTWORTUNG
„Die Frage, die man sich immer stellen sollte, bevor man eine Entscheidung trifft, sollte die sein, was man mit einer Restaurierung erreichen will“, so Andreas Strohhammer. „Dabei ist wichtig, den jeweiligen Kontext zu berücksichtigen, in dem das beschädigte Werk nach der Restaurierung gezeigt wird. Wenn beispielsweise von einer christlichen Skulptur Finger abgebrochen sind und fehlen, akzeptiert das Museum den Torso so. Ist die Skulptur jedoch für eine Kirche zu restaurieren, wird man sich wohl eher dafür entscheiden, die Finger wieder zu ergänzen, besonders wenn diese zum Beispiel für den Segensgestus benötigt werden.“ Für den Museumsbetrieb ist der Restaurator ein unverzichtbarer Mitarbeiter. Bei Andreas Strohhammer kommt hinzu, dass er auch Ausstellungskurator und erfolgreicher bildender Künstler ist.

In der Loge
Bevor eine Leihgabe das Lentos verlässt, muss der Zustand exakt überprüft werden. Hier das Gemälde "In der Loge" von Helene Funke.

SPURENSUCHE
Ein weiterer Tätigkeitsbereich des Restaurators besteht darin, die Geschichte und den Wert eines Werkes zu erforschen, Fälschungen zu erkennen sowie Werke ohne Datierung einer Epoche zuzuordnen. Leihgaben werden vor dem Abtransport auf ihren Zustand überprüft, da manche Werke im zweistelligen Millionenbereich versichert sind. Um Beschädigungen von vornherein zu vermeiden, werden konservatorische Vorkehrungen getroffen und die Kunstwerte so vor dem Verfall bewahrt. Dabei werden Schwankungen der Luftfeuchtigkeit und der Temperatur sowie die Lichteinwirkung berücksichtigt. Bei zeitgenössischen Werken ist die Konservierung in vielen Fällen komplexer, da die verwendeten Materialien oft vergänglicher sind als klassische Ölfarben. Zu vielen heute von Künstlern verwendeten Materialien gibt es außerdem noch keine Erfahrungswerte zu Alterung und Haltbarkeit.

Sammlungspflege
Eine Neuerwerbung des Stadtmuseums Nordico - ein Selbstbildnis des Malers Karl Hayd - wird unter die Lupe genommen.

AUFGEDECKT
Auch das „Bildnis Trude Engel“ von Egon Schiele aus der Sammlung Lentos wurde von Andreas Strohhammer genauer unter die Lupe genommen. Es kursierten zuvor bereits viele Mythen und Behauptungen darüber, da es nur wenige wissenschaftliche Erkenntnisse über die Entstehung des Bildes gab. Bei der Untersuchung stellte sich heraus, dass auf der Leinwand schon zuvor gemalt worden war. Das unter der obersten Farbschicht verborgene Bild glich anderen Skizzen des Künstlers, die genau datiert werden konnten. Das führte zu dem Schluss, dass das Bildnis der Trude Engel älter sein musste als angenommen, da die Ölfarbe der Kompositionsskizze erst trocknen musste, um es übermalen zu können. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über das Gemälde werden in einzelnen Analyseschritten in der Sammlungsausstellung des Lentos Kunstmuseums visualisiert.

Belvedere Wien
Egon Schieles Porträt "Bildnis Trude Engel" in der digitalen Röntgenanlage im Belvedere Wien.
Bildnis Trude Engel
Die Röntgenaufnahme zeigt einen zweiten Kopf unter dem Haupt der Porträtierten.

Jedes Kunstwerk beginnt sich zu verändern ab dem Moment, wo es der Künstler fertiggestellt hat.

Andreas Strohhammer, Restaurator
Art Handling
Im Ausstellungsaufbau sorgen Andreas Strohhammer und sein Team für die fachgerechte Präsentation der Objekte. Hier in der aktuellen Lentos-Ausstellung "Atemzonen"

QUALITÄT BLEIBT SICHTBAR
Pia Geusau ist eine erfahrene Expertin für Gemälde und Skulpturen. Sie fasziniert bei der Restaurierung von Gemälden und Skulpturen vor allem das verwendete Material und die Technologien. Bei der Retusche steht für sie die Verbesserung der optischen Lesbarkeit ohne Reduzierung des Alterswerts im Vordergrund. „Es ist für mich immer besonders schön, an ‚guten‘ Bildern zu arbeiten, wie der- zeit an dem Gemälde ‚Polyphem und Galatea‘ aus dem 17. Jahrhundert aus der Lehár-Villa in Bad Ischl oder an den barocken Gemälden von 1620 aus der Stiftskirche Kremsmünster. Denn ein gutes Bild ergibt immer auch eine gute Restaurierung, weil einfach die entsprechende Qualität da ist. Schwächere Bilder bedeuten häufig mehr Arbeit und dennoch ist das Ergebnis nicht so zufriedenstellend. Es ist immer wieder inspirierend, wie der Künstler sein maltechnisches Wissen eingebracht und die Farben, die letztlich einen optischen Effekt darstellen, verwendet. Bei der Arbeit als Restaurator muss man sich immer bewusst sein, dass man es nicht besser als der Künstler kann.“ Pia Geusau findet auch großen Gefallen daran, spannende Museumsobjekte wie etwa Skulpturen und Gemälde aus der Zeit von 1400 bis 1500 aus dem Bergbaumuseum zu restaurieren, die auch fragmentarischer bleiben dürfen als etwa Großprojekte wie in der Basilika Mondsee oder in der Karmelitenkirche in Linz.

Retusche
Mit der optischen Integration von Fehlstellen wird das Gemälde "Polyphem und Galatea" aus der Lehár-Villa in Bad Ischl komplettiert.

UNGELÖSTE RÄTSEL
Manchmal ergeben sich auch Fragen zur Entstehungsgeschichte von Werken im Zuge von Restaurierungsarbeiten. „So manches bleibt auch trotz gründlicher Recherche verborgen und lässt uns mit offenen Fragen zurück“, weiß Pia Geusau zu berichten. „Etwa wenn Bilder Verschmutzungen und Beschädigungen aufweisen, die beseitigt werden müssen und dann, beim Entfernen von Schmutz, gegilbtem Firnis oder Übermalungen von der Gemäldeoberfläche, entdeckt man auf einmal neue Perspektiven, für die man im Moment keine befriedigenden und schlüssigen Erklärungen hat.“ Neben den Arbeiten direkt am Objekt beeinflussen Restauratoren bei Bedarf auch die externen Bedingungen, wodurch der Alterungsprozess verlangsamt oder unterbrochen werden soll. Die Kunstwerke sind ja ständigen Einflüssen wie etwa Raumtemperatur, Luftfeuchtigkeit, Lichteinfällen und verschiedensten Emissionen ausgesetzt, die ebenfalls den Verfall beschleunigen können. Daher ist für die Restauratorin auch der Kontakt mit ihren Auftraggebern sehr wichtig: „Da muss der Dialog, die Kommunikation stimmen. So ergeben sich sehr schöne Projekte zur Freude aller.“

Ein Original ist durch nichts zu ersetzen.q

Pia Geusau, Restauratorin
Reinigung
Im Zuge der Generalrenovierung der Stiftskirche Kremsmünster wird das Gemälde "Tod des hl. Benedikt" aus dem Seitenschiff restauriert.

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