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Für Gerhard Heidlmair ist der Markenkern entscheidend für erfolgreiche Mitarbeiterakquise
Für Gerhard Heidlmair ist der Markenkern entscheidend für erfolgreiche Mitarbeiterakquise
HEIDLMAIR KOMMUNIKATION

Gerhard Heidlmair: "Die Marke ist oberste Chefin"

27.05.2024 um 16:30, Marika Berndorfer
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Für Gerhard Heidlmair, Gründer von Heidlmair Kommunikation, ist Markenführung Identitätsarbeit. Unter anderem heißt das, coole Imagebilder reichen nicht mehr.

Seit über 30 Jahren führen Sie Heidlmair Kommunikation, kennen die Branche sogar noch länger. Was hat sich in dieser Zeit verändert?
Zunächst einmal ganz klar das Tempo. Projektzeiträume, Kontakte und Meetings, Abläufe, Umsetzungen: Das alles ist nicht mehr zu vergleichen mit der Zeit, in der ich gestartet habe. Was die Markenführung betrifft, kam ein neuer Player ins Spiel. Vor etwas mehr als zehn Jahren wurde die Relevanz der Arbeitgebermarke klar – ein bis dahin völlig unbearbeitetes Feld neben der vertriebsorientierten Kommunikation. Der Arbeitnehmermarkt hat uns deutlich gezeigt, wie wertvoll Mensch, Cultural Fit und intrinsische Qualitäten für Unternehmen sind. Darum ist es unumgänglich, um gute Mitarbeiter genauso zu werben wie um Kunden. Das sehen wir heute noch einmal eindrucksvoller, weil KI und Co. zwar unterstützen, unzählige Leistungen wie Kreativität oder Teamspirit aber niemals ersetzen können. 

Wie begeistert man denn die richtigen Mitarbeiter für sich?
Mit authentischer, verständlicher und regelmäßiger Kommunikation, zuerst nach innen und dann erst nach außen. Als sich Employer Branding etablierte, orientierten sich viele an den Maßnahmen und Wirkungsweisen der vertriebsorientierten Markenführung. Die Konsequenz davon: platte Imagekampagnen, die viel versprechen. Oft haben sie aber nichts mit der aktuellen Unternehmenskultur oder dem tatsächlichen Berufsalltag zu tun. Wir sehen das besonders in Unternehmen mit hoher Fluktuation, in denen neue Kollegen binnen kurzer Zeit enttäuscht wieder abspringen. Heute kommt eine weitere Herausforderung für jene hinzu, die Marke als schillernde Imagefassade verstehen: Die Arbeitnehmer haben die Bemühungen der Unternehmen längst durchschaut. Niemand lässt sich mehr von einem schicken Imagebild blenden. Sie wollen echte Einblicke, echten Charakter, einen Arbeitgeber mit Werten und glaubwürdigen Strategien. Authentizität eben.

Niemand lässt sich mehr von einem schicken Imagebild blenden. Arbeitnehmer wollen echte Einblicke.

Gerhard Heidlmair, CEO Heidlmair Kommunikation

Was macht einen glaubwürdigen Arbeitgeber aus?
Stärken, aber auch Schwächen. Ein glaubwürdiger Arbeitgeber muss nicht alles anbieten, sondern genau das Richtige für die Richtigen. Dafür ist intensive Positionierungsarbeit notwendig. Angefangen bei den eigenen Werten und Analysen eigener Stärken, aber auch die kreative Zuspitzung und Übersetzung in der Kommunikation. Wer passt zu uns? Und vor allem: Zu wem passen wir? Wie müssen wir diejenigen ansprechen? Auf welchen Kanälen? Und vieles, vieles mehr. Die klassische Strategie, bei der drei fix definierte Sujets auf allen Kontaktpunkten ausgespielt werden, ist längst vorbei. Wir arbeiten mit einem Markenkern, der je nach Anlass in eine passende Umsetzung geführt wird. Denn genau dieser Kern ist ein echter Charakter, eine Weltanschauung. Und er ist spürbar in jeder Handlung und in jedem Satz. Die Kernbotschaft und die Tonalität bleiben quer durch alle Disziplinen gleich. Wirklich glaubwürdig wird ein Arbeitgeber nur dann, wenn genau diese Qualitäten auch im Arbeitsalltag tatsächlich gelebt werden. Es braucht einen Markenkern, der sich durch sämtliche Entscheidungen, Prozesse und Kontaktpunkte ziehen muss. Wir nennen das: Brand Being. Du musst die Marke sein.

Wie werden Unternehmen zur Marke? 
Zunächst ist eben wichtig, diesen einen Markenkern, die Positionierung, sauber für die gesamte Organisation auszuarbeiten. Wir unterscheiden dabei nicht in Unternehmens-, Leistungs- oder Arbeitgebermarke. Denken Sie an ein prominentes Beispiel: Warum will jemand bei Red Bull arbeiten? Bestimmt nicht wegen ein, zwei guter Benefits. Es ist das generelle Image, die ganze Welt des Unternehmens, die es für Arbeitnehmer so anziehend macht. Es verspricht einen bestimmten Lifestyle, eine Ideologie und Werte, die damit verbunden sind. Potenzielle Mitarbeiter möchten genauso Teil dieser Welt sein wie Kunden. Eine starke Marke muss Identität bieten. Sie muss Antworten auf Fragen haben wie „Woran glaubt die Marke?“ und „Wie kann die Marke unsere Gesellschaft verändern und die Welt besser machen?“.

Erschweren Social Media und Bewertungswebseiten den Aufbau eines positiven Images?
Spätestens seit Social Media muss ich Transparenz als Unternehmen auch zulassen. Wir haben nicht mehr unter Kontrolle, was die Menschen über uns sagen, denn es findet global ständiger Austausch über uns statt. Es genügt nicht, sich hinter hübschen Anzeigen zu verstecken. Wir erzählen online mit jedem Posting unsere Geschichte. Und die muss einfach stimmen und stimmig erzählt werden. Deshalb beginnt Markenführung auch in der Führungsetage. Es braucht eine lebendige Positionierung, die in sämtlichen Abläufen tatsächlich stattfindet. Sie behaupten, ein innovatives Unternehmen zu sein? Wo sind die Experimente, die Fehlerkultur, die Trial-and-Errors? An diesem Beispiel wird gut sichtbar: In Zukunft ist Marke die oberste Chefin jedes Unternehmens.

ZUR PERSON

Gerhard Heidlmair (61)
schloss 1990 sein Studium an der Linzer Kunstuniversität ab und gründete wenige Monate später Heidlmair Kommunikation. Während zu Beginn vertriebsorientierte Maßnahmen zentrale Aufgaben waren, entwickelte sich das Tätigkeitsfeld über einen Schwerpunkt in der externen sowie internen Mitarbeiterkommunikation hin zur ganzheitlichen Kommunikation. Seit 2020 führt er das Unternehmen, mit aktuell 15 Mitarbeitern, gemeinsam mit Edith Wödlinger.

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