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Drohnen können in der Landwirtschaft für weniger Dünger und gezielte Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden.
Drohnen können in der Landwirtschaft für weniger Dünger und gezielte Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden.
BARANOZDEMIR / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS

Drohnen verleihen Flügel

06.10.2023 um 08:34, Jürgen Philipp
min read
Bei Innovationsführer Dronetech denkt man weiter. Etwa wie Drohnen Leben retten, die Klimawende beschleunigen oder die Landwirtschaft revolutionieren könnten.

En schwerer Autounfall auf der Autobahn. Die Polizei bahnt sich ihren Weg durch die schlecht organisierte Rettungsgasse. Wie viele Beamte wird es brauchen, die Stelle abzusichern und den Verkehr zu regeln? Wie viele Rettungswagen werden benötigt? Muss der Notarztwagen oder gar der Rettungshubschrauber angefordert wer- den? Sind genügend Feuerwehrleute vor Ort? Haben sie das richtige Equipment mit? Fragen, die über Leben und Tod entscheiden können. Was wäre, wenn es die Antworten schon am Anfang des Einsatzes geben würde? David Michael Hopf, geschäftsführender Gesellschafter von Dronetech Austria, weiß, wie das machbar wäre. „Mit autonomen Drohnen, die mit 160 km/h autark, ausgelöst durch Crashsensoren in Autos, zur Unfallstelle fliegen und den Blaulichtorganisationen Bilder liefern, die all die Fragen im Vorfeld beantworten können. Für die Einsatzkräfte ist es eine unglaublich hohe psychische Belastung, wenn sie nicht wissen, was sie erwartet.“ Dronetech will weltweit der Erste sein, der zu diesem Zweck Flächendrohnen einsetzt. „2030 soll es keine tödlichen Verkehrsunfälle mehr geben. Jede Minute, die man verliert, steigt die Chance, dass ein Mensch am Unfallort verstirbt, und das steigt exponentiell an.“ Doch die behördlichen Mühlen mahlen langsam. „Unsere Luftfahrtregulatorien sind extrem überbordet. Das verzögert unsere Projekte enorm.“

 

Drohne im Einsatz
Ob Dächer, Fassaden oder PV-Anlagen: Drohnen erleichtern die Arbeit der Objekt-Inspekteure enorm

Vogelperspektive bringt neue Aussichten
Dronetech ist ein Spin-off von Immotech Austria, das sich der Gebäudesicherheit widmet. Vor zehn Jahren startete man mit Drohnen, um Gebäude an Stellen zu scannen und zu prüfen, an die man auf herkömmliche Art und Weise nur sehr schwer herankommt. Schnell war man sich aber einig, dass damit das Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft ist. „Das Ganze hat sich massiv entwickelt. Wir haben frühzeitig erkannt, dass wir unsere eigene Forschung und Entwicklung aufbauen müssen, um Dinge voranzutreiben. Die Technologie ist noch relativ neu. Mit unserer eigenen F&E haben wir ein Alleinstellungsmerkmal.“ Mittlerweile macht die Unternehmensgruppe ein Drittel des Umsatzes mit Drohnen. In der angestammten Branche, den Immobilien, werden etwa PV-Anlagen im großen Stil vermessen. „Passen die Dachflächen? Passen die Schrägen? Sind die Paneele in Ordnung oder nicht?“ Auch Architekten nutzen Dronetech für 3D-Modelle. Windkraftanlagen werden geprüft, ohne dass jemand auf den Turm klettern muss. „Dafür brauche ich normalerweise zwei Leute.“ Zudem checken die Fluggeräte Hochspannungsnetze. „Früher wurden teuer und ressourcenintensiv Helikopter zur Prüfung der Abstandhalter bei Hochspannungsnetzen beauftragt. Das erledigen mittlerweile Drohnen.“

Objekte pro Jahr

Air Force gegen Borkenkäfer
Doch auch abseits der Immobilien- und Bauwirtschaft gibt es ungeahntes Potenzial. „Vor zwei Jahren haben wir ein großes Forschungsprojekt mit Huawei und dem Landwirtschaftsministerium zum Thema Smart Farming gemacht.“ Mittels Copter wird der Zustand der Pflanzen im großen Stil, man untersuchte konkret Spargel und Weinreben, gecheckt. „Der Landwirt erkennt damit, wo er gezielt düngen muss und wo nicht. Das passte perfekt in die Zeit, weil der Preis von Dünger explodiert ist. Damit sparen sich Landwirte endlos Geld.“ Doch der Tatendrang der Linzer wird immer wieder gebremst. „Wir haben etwa ein riesiges Borkenkäferproblem in unseren Wäldern. Wir können mit unseren Drohnen punktgenau sagen, welche Bäume befallen sind. Damit müsste man nicht alle fällen, doch wir kommen nicht zu Aufträgen. Das Potenzial wird nicht erkannt.“ Stattdessen setzen Waldbesitzer selbst Drohnen ein. „Da nützen aber keine, die man beim Conrad gekauft hat. Dazu braucht man Copter, die große Gebiete schnell abfliegen können. Diese kosten dann schon einmal bis zu 100.000 Euro. Sie können aber dann auch bis zu 500 Kilometer in eine Richtung fliegen.“ Ziel ist es, einen Livestream zu errichten, der die Daten in Echtzeit liefert. „Das wird kommen. In Österreich ist es aber noch schwierig.“ Die bestehenden Regularien machen all diesen Visionen einen Strich durch die Rechnung. „Regulatorien sind schon in Ordnung und sollten im privaten Bereich sogar viel schärfer gemacht werden. Man sieht ja oft bei Massenveranstaltungen, dass da Drohnen drüberfliegen. Wenn eine solche, selbst eine kleine ,Spielzeugdrohne‘, von 80 Metern Höhe jemandem auf den Kopf fällt, hat man ein Problem. Doch für Unternehmen, die alles einhalten und alle Zulassungen haben, gehören die Regulatorien gelockert. Bei uns Profis bin ich als Geschäftsführer persönlich haftbar, wenn etwas passiert, bei Privaten stellt sich im Falle eines Falles immer die Frage: Wem gehört die? Meistens dann niemandem.“

Feuerwehr aus der Luft
Auch der „Dauerbrenner“ Waldbrand könnte mit fix installierten Systemen in den Griff bekommen werden. „Drohnen, die täglich kontrollieren und frühzeitig erkennen, wo Brände entstehen. Das ist keine große Wissenschaft. Es braucht nur das Know-how, die Software und es läuft.“ In puncto Umweltschutz können Drohnen sogar zum Gamechanger werden. „Wir haben mittlerweile Anfragen von Gemeinden, die ihr ganzes Ortsgebiet digital vermessen lassen wollen. Damit lassen sich etwa potenzielle Hangrutschungen beobachten. Ich kann die Bilder übereinanderlegen und frühzeitig erkennen, ob ein Hang in Bewegung gerät oder nicht.“ Hopf sieht dabei oftmals altes Denken.

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