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Frau mit Herz und Geld in einem Glas
Zahlreiche Vermögende spenden ihr Geld für wohltätige Zwecke.
Zahlreiche Vermögende spenden ihr Geld für wohltätige Zwecke.
INVINCIBLE_BULLDOG / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS

BIG Spender: Philanthropie im Fokus

12.06.2023 um 10:12, Jürgen Philipp
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Wer ist der größte ­Spender aller Zeiten und warum passiert das in Österreich oft im Verborgenen? Eine Spurensuche nach „gutem Geld“.

Welcher Mensch, schätzen Sie, hat bisher das meiste Geld gespendet: Bill Gates? Warren Buffet? George Soros? Nein, es ist der indische Industrielle Jamsetji Tata (1839–1904) der in seinem Leben über 102 Milliarden US-Dollar (inflationsbereinigt) gespendet hat. Die Bill & ­Melinda Gates Stiftung folgt auf Rang zwei, Warren Buffet auf dem dritten Platz. Gates und Buffet spenden aber nicht nur fleißig, sondern rufen mit der Initiative „The Giving Pledge“ auch andere Milliardäre dazu auf, es ihnen gleichzutun. 

Wird Buffet der großzügigste Mensch der Welt?

Rund 900 Millionen Euro pro Jahr, das ist fast doppelt so viel wie vor zehn Jahren, spenden die Österreicher pro Jahr. Trotz Krisen und Inflation spenden etwa 70 Prozent der Österreicher einmal pro Jahr, ein guter Wert. Doch im Vergleich mit den größten Spendern der Welt macht sich die Summe von 900 Millionen Euro klein aus. Die Bill & Melinda Gates Stiftung alleine will bis 2026 fast das Zehnfache dieser Summe pro Jahr spenden und auch Warren Buffet gab sich ein ehrgeiziges Ziel. Er will 99 Prozent seines Vermögens wohltätigen Zwecken zukommen lassen, ob noch zu Lebzeiten oder nach seinem Tod, lässt er offen. Buffet machte nie ein Geheimnis zu seiner Beziehung zu Geld: Er „liebe es, Geld zu verdienen“, aber weniger „es zu besitzen“.  Spendet er 99 Prozent seiner 115,3 Milliarden hat er Jamsetji Tata als größten Wohltäter der Welt abgelöst.

Heidi Horten im KAC Stadion
Die 2022 verstorbene Heidi Horten war wohl die bekannteste Mäzenin des Landes und baute dem KAC ein Stadion.

Philanthropen in Österreich „unsichtbar“

Einer, der Philanthropen und ihre Motive genau kennt, ist Günther Lutschinger. Lutschinger ist seit 2007 Geschäftsführer des Fundraising Verband Austria – dem Dachverband der österreichischen Spendenorganisationen – und im Vorstand des Verbands für gemeinnütziges Stiften. Er möchte Philanthropie in Österreich wieder sichtbarer machen: „Gemeinsames Ziel ist es, im Land der Kleinspender eine Kultur des Gebens auch unter Vermögenden zu etablieren.“ Lutschinger kennt die Szene, möchte aber ein detailliertes Bild zeichnen und herausfinden, was potenzielle Phi­lanthropen motiviert bzw. welche Faktoren ein Engagement hemmen. „Derzeit läuft in unserem Auftrag eine IHS-Studie. Bis zum Sommer werden die Ergebnisse erwartet.“ Das Ziel des Fundraising Verbands ist es, auch Spender und Stifter sichtbarer zu machen. Während das in anderen Ländern gang und gäbe ist, ist Österreichs Szene im Verborgenen. Sichtbar wird es nur, wenn etwa Heidi Horten 4,35 Millionen Euro für das neue Stadion ihres Lieblings-Eishockeyklubs KAC ausgibt, schließlich heißt die Spielstätte auch Heidi Horten-Arena. Und auch die Kunstsammlung der 2022 verstorbenen Mäzenin, die ­Heidi Horten Collection, gehört in diese Kategorie. Seit letztem Jahr ist sie für die Öffentlichkeit zugänglich. Dennoch ist: „Im Vergleich zu Deutschland und der Schweiz die Szene der Stifter und Philanthropen sehr klein, aber vor allem sehr jung.“

Massive Hürden für bereitwillige Spender

Der Verband für gemeinnütziges Stiften ist erst wenige Jahre alt und „zählt zu den jüngsten Dachverbänden in Österreich. Seitens der heimischen Politik wurde erst vor wenigen Jahren damit begonnen, fördernde Rahmenbedingungen nach internationalem Vorbild zu schaffen, um gemeinnützige Stiftungsaktivitäten anzuregen.“ Doch nicht nur das, Lutschinger spricht auch von massiven Hürden bzw. Steinen, die den Spendern in den Weg gelegt werden, „wie die fehlende Spendenabsetzbarkeit für Zuwendungen für Bildungszwecke oder die fehlende KESt-Befreiung. All das wäre in Deutschland nicht vorstellbar, weshalb die Szene dort bereits wesentlich besser entwickelt ist.“ Lutschinger kann das auch belegen: „Aus unseren jährlichen Spendenbericht-Analysen der Steuerdaten sehen wir, dass 85 Prozent der abgesetzten Privatspenden in Österreich aus den zahllosen Spendenbeträgen unter 200 Euro resultieren. Nur 2 Prozent bewegen sich über 1.000 Euro. Während in Deutschland rund 44 Prozent aller Spenden von Personen der höchsten Steuerklasse stammen, liegt der vergleichbare Wert in Österreich bei unter 10 Prozent.“ Österreich ist damit wahrlich kein Land der Großspender. Für den Experten liegt dieses stark ausbaufähige Engagement nicht allein am fehlenden Willen der Vermögenden, „sondern auch an der fehlenden Kultur des Gebens und der Wertschätzung in der Gesellschaft.“ 

Bill Gates am World Economic Forum
Bill Gates will mit seiner Bill & Melinda Gates Foundation bis 2026 neun Milliarden USD pro Jahr spenden.

Zielscheibe von Verschwörungen

Wertschätzung, wie in anderen Ländern, „in denen diese Personen und ihre außerordentlichen Leistungen als Vorbild dienen“. Doch oft dreht es sich, gerade in der Pandemie wurden Phi­lanthropen zu Feindbildern bzw. Hauptakteure obskurer Verschwörungstheorien, allen voran Bill Gates und George Soros. Während Soros Haupt einer jüdischen Weltverschwörung sein soll, der die Migrationsströme forciert, wurde Gates zum Gottseibeiuns der Impfgegner. Lutschinger sieht das aber als allgemeines Phänomen: „Dies sehe ich nicht wirklich speziell in Bezug auf Philan­thropen, sondern generell bei Menschen, die viel öffentliches Interesse auf sich ziehen. Dass Vermögende stärker mit Hass und Neid konfrontiert sind, ist im Hinblick auf die zuvor erwähnten Aspekte nicht überraschend.“ Gerade Österreich wird immer wieder als klassische Neidgesellschaft gesehen. „Vermögend zu sein ist in Österreich generell negativ konnotiert, im Gegensatz etwa zu den USA, wo geschaffenem Vermögen durchaus mehr Wertschätzung entgegengebracht wird.“ Ein Grund, warum für Lutschinger hierzulande Menschen mit ihrem Vermögen tendenziell nicht in der Öffentlichkeit aufscheinen wollen, „ebenso wenig wie mit einem übermäßig großen Spendenengagement“. Ob sich das ändern wird, wird sich weisen. Respekt haben sich die wortwörtlich aus dem Altgriechischen übersetzten „Menschenfreunde“ jedenfalls verdient.

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