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Anleger wollen es weiter grün

09.02.2024 um 12:26, Melanie Aprin
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Die Nachhaltigkeits-Euphorie droht in den Chefetagen zu verfliegen. Gibt es eine Parallele auf den Finanzmärkten oder ist Green Finance weiter en vogue?

Marion Morales Albiñana-Rosner findet zur Nachhaltigkeit klare Worte. „Aus unserer Sicht ist Nachhaltigkeit das Erfolgsmodell der Zukunft“, sagt die Vorständin Wealth Management and Private Banking der UniCredit Bank Austria und schiebt einen bildlichen Vergleich hinterher: „Dieser Zug nimmt immer mehr Fahrt auf.“ Und das gilt offenbar nicht nur für die Nachhaltigkeitsvorgaben aus Brüssel, sondern gleichermaßen für das Interesse an Green und Sustainable Finance. „Nachhaltige Investmentmöglichkeiten gewinnen insbesondere bei jungen Menschen immer mehr an Bedeutung“ sagt die Betriebswirtin, die seit April 2022 im Management Board der Bank sitzt und eine überzeugte Anhängerin von Sustainable Leadership ist. Da passt es gut, dass nachhaltige Investments für ihren langjährigen Arbeitgeber „eine hohe strategische Bedeutung haben“. Denn Nachhaltigkeit sei das neue „New-Normal“, und das werde auch in Zukunft so bleiben, prognostiziert Albiñana-Rosner.

Dominik Bachler

Es sind derzeit noch zu wenige Unternehmen als streng nachhaltig eingestuft.

Dominik Bachler, Leiter Private Banking, Raiffeisenbank Gunskirchen

Brüssel sorgt für einheitliche Standards
Zudem stünden „ESG-­Investments bezüglich Performance anderen Veran­lagungsformen in nichts nach“. Und das offenbar vor allem auf längere Sicht. So seien Unternehmen, die sich nachhal­tig orientieren, resilienter und würden damit „mittel-­ bis langfristig einen stra­tegischen Vorteil gegenüber Unterneh­men haben, die es nicht sind“. Bleibt die Frage, wie die Banken erkennen, welche Investments auch tatsächlich nachhaltig sind. Hier kommt die Europäische Union mit ihren Vorgaben ins Spiel. Albiñana­ Rosner zufolge sorgen die Gesetzgeber in Brüssel für einheitliche Standards, „die im Rahmen der EU­-Taxonomie laufend nachgeschärft werden“. Die Top­-Banke­rin findet dieses Vorgehen aus Brüssel wichtig und notwendig: „Diese Regeln leisten einen Beitrag zu mehr Transpa­renz und Vertrauen, indem sie Standards für die gesamten Finanzen und einen Kriterienkatalog definieren.“ Dadurch sei klar, welche Investiti­onen als nachhaltig und „grün“ gelten dürfen und welche nicht.

„Impact“ bei vielen wichtiger als Rendite
Diese Klarheit ist auch jenen Anle­gern wichtig, mit denen Lisa Metz­ ner vom Umweltcenter der Raiffeisen­bank Gunskirchen zu tun hat. „Diese Kundinnen und Kunden möchten aus­schließlich nachhaltig investieren“, erklärt Matzner, die von der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT) als Expertin für nach­haltige Veranlagungen zertifiziert wur­de. Die Rendite stehe bei diesen Anle­gern nicht im Vordergrund. „Vielmehr ist es der Impact, den sie durch das Invest­ment erzielen wollen.“ Weshalb diese Kunden auch „sehr sensibel sind, was Green Washing betrifft“. Mitarbeiter des Umweltcenters müssten daher „in der Beratung sehr umfassend und mit fun­dierten Informationen arbeiten“. Überzeugungsarbeit zugunsten nachhaltiger Investments hingegen müsse man nicht leisten. Im Gegenteil: Die Kunden for­dern mehr, als der Markt hergibt, deu­tet Matzner an und verweist auf eine zu geringe Auswahl an sogenannten Arti­kel­-9­-Fonds. Dabei handelt es sich nach Angaben ihres Kollegen Dominik Bach­ler, Prokurist bei Raiffeisen Gunskir­chen und Leiter Private Banking, um Fonds, die als „streng nachhaltig“ ein­gestuft werden. Es sei „positiv erkenn­bar“, dass immer mehr dieser Fonds „auf den Markt drängen“, zumal dies von den Kunden verlangt und gefordert werde.

 

114 Billionen Dollar

Erhöhte Nachfrage nach ESG-Fonds
Anders sehe es bei denjenigen Fonds aus, „die nach der EU­-Offenlegungs­verordnung als sogenannte Artikel­-8­-Fonds einzustufen sind, weil hier der Level der Nachhaltigkeit stark variiert, aber zumindest bei 50 Prozent liegt“. Diese Fonds würden „kundenseitig kritisch betrachtet“. Insgesamt beobachtet aber auch Bachler ganz klar „eine deut­lich erhöhte Nachfrage von ESG­-Fonds“ – was aber auch an der verpflichten­den Abfrage jedes Veranlagungskun­den im Anlegerprofil liege. Dabei werde erfragt, „ob Nachhaltigkeitspräferenzen bestehen und ob Negativkriterien, die sich belastend auf die Umwelt auswirken, für Wertpapierveranlagungen aus­geschlossen werden sollen“. Denjenigen Kunden, die über Fonds tatsächlich grün investieren wollen, sei „Transparenz in der Fondsgestaltung und der damit ver­bundene positive Umwelteffekt beson­ders wichtig“. Wie ertragreich der Fonds ist, sei hingegen „derzeit noch sekundär“. Der Fokus liege derzeit „primär auf sozi­alen und umwelttechnischen Maßnah­men, gepaart mit vorbildlicher Unter­nehmensführung“.

Marion Morales Albinana-Rosner

Nachhaltige Investmentmöglichkeiten gewinnen insbesondere bei jungen Menschen immer mehr an Bedeutung.

Marion Morales Albiñana-Rosner, Vorständin Wealth Management and Private Banking der UniCredit Bank Austria

Breite Risikostreuung nicht immer möglich
Und dann hat Bachler auch noch einige Zahlen parat, die das Interesse an Green und Sustainable Finance am Beispiel der eigenständigen Raiffeisenbank Guns­kirchen eindrucksvoll belegen. Demnach liegt die Nachhaltigkeitspräferenz im Pri­vate Banking bei 67 Prozent. Auf der Ebe­ne der gesamten Bank liege sie bei 61 Pro­zent, ergänzt er. „Das heißt, dass zwei Drittel aller Kundinnen und Kunden ein hohes Interesse daran haben, in Wertpa­piere­-Veranlagungen zu investieren, die als nachhaltig eingestuft werden.“ Die­ses hohe Interesse nimmt auch Vorstän­din Albiñana­-Rosner von der UniCredit Bank Austria wahr: „Das Thema Nach­haltigkeit spielt heute auch deswegen eine so zentrale Rolle in unserer Unterneh­mensstrategie, weil es eine klare Erwar­tungshaltung gibt.“ Diese Erwartungshal­tung gebe es eben nicht nur vonseiten der Politik und auch der Aufsichtsbehörden, sondern auch „vonseiten unserer Kun­den und Investoren“. Sie rate allerdings dazu, bestimmte Grundsätze zu beach­ten: „Wie generell beim Veranlagen ist es wichtig, nicht aktionistisch zu agie­ren, eine fundierte Strategie zu haben und diese durchziehen.“ Auch bei nachhalti­gen Investments gelte: „Ein stark diver­sifiziertes Portfolio und ein langfristiger Anlagehorizont schützen am besten vor den Risiken der Kapitalmärkte.“ Bachler zufolge ist die breite Risiko-­ und Ertrags­streuung indes noch nicht bei allen grü­nen Fonds möglich. So könnten bei den Artikel-­9-­Fonds „die sekundär betrachte­ten Ertragserwartungen nicht ganz erfüllt werden“. Aus einem einfachen Grund: „Es sind derzeit noch zu wenige Unterneh­men als streng nachhaltig eingestuft.“

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