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Signa-Gründer René Benko im Porträt.
Signa Prime Selection AG will über 200 Millionen Euro aus Rückforderungen zurückholen.
Signa Prime Selection AG will über 200 Millionen Euro aus Rückforderungen zurückholen.
Starpix / picturedesk.com

28 Klagen: Signa fordert 200 Millionen Euro

04.06.2025 um 10:45, Jovana Borojevic
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Millionenpoker nach der Pleite: In 28 Klagen fordert die Signa Prime Selection AG über 200 Mio. Euro zurück – von Banken, Baufirmen und Ex-Managern.

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Im Zuge der Insolvenz der Signa Prime Selection AG unter dem Gründer René Benko macht der Insolvenzverwalter nun ernst: Mehr als 200 Millionen Euro an Zahlungen sollen zurückgeholt werden. Derzeit laufen 28 Klagen, die sich gegen ein breites Spektrum an Beteiligten richten – darunter Banken, staatliche Stellen, Bauunternehmen und ehemalige Führungskräfte. Ziel ist es, möglichst viele Vermögenswerte für die Gläubiger zu sichern. Die Dimension der Rückforderungen zeigt, wie weitverzweigt und komplex das Firmennetzwerk rund um Signa war und wie viel Geld noch im Umlauf ist, das laut Insolvenzverwalter unrechtmäßig geflossen sein könnte.

Höchste Forderung an Julius Bär

Die größte Einzelforderung trifft die renommierte Bank Julius Bär, von der der Insolvenzverwalter über 62 Millionen Euro zurückverlangt. Es handelt sich dabei um Zahlungen, die offenbar kurz vor oder während der Krise geflossen sind und nun auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden. Doch nicht nur private Finanzinstitute geraten ins Visier. Auch staatliche Stellen sind betroffen: Allein vom Finanzamt für Großbetriebe sollen knapp 23 Millionen Euro zurückgeführt werden. Darüber hinaus bestehen weitere Ansprüche gegenüber der Republik Österreich, insbesondere im Zusammenhang mit steuerlichen Fragestellungen. 

Klagen gegen Unternehmen und Stiftungen

Auch die Baubranche bleibt von den Rückforderungen nicht verschont. Einige der wichtigsten Subunternehmen, die am Ausbau von Signa-Immobilien beteiligt waren, sollen nun ebenfalls Gelder zurückzahlen. So wird von Metallbau Früh eine Summe von rund 4,9 Millionen Euro gefordert, von Züblin Spezialbau etwa 2,15 Millionen Euro, während Adolf Lupp mit 10,8 Millionen Euro zur Kasse gebeten wird. Beim Baukonzern Porr geht es um vergleichsweise geringere 860.000 Euro. Besonders brisant ist die Klage gegen die Ingbe-Privatstiftung, die Zuwendungen in Höhe von 15,2 Millionen Euro erhalten haben soll. Darüber hinaus werden nun auch deren Pfandrechte an Signa-Firmen gerichtlich angefochten.

Ex-Manager unter Druck

Neben externen Partnern geraten zunehmend auch ehemalige Führungskräfte der Signa Prime Selection AG ins Visier. Gegen Timo Herzberg, den einstigen CEO, wird eine Rückforderung von rund 6,65 Millionen Euro geltend gemacht. Herzberg war eine zentrale Figur im operativen Geschäft und maßgeblich in die Expansionsstrategie eingebunden. Auch gegen den ehemaligen Finanzchef Manuel Pirolt wird juristisch vorgegangen. Er soll rund 4 Millionen Euro zurückzahlen. Brisant: Pirolt befindet sich selbst bereits in einem eigenen Insolvenzverfahren, was seine Möglichkeiten zur Rückzahlung deutlich einschränken dürfte. Die rechtlichen Auseinandersetzungen mit den ehemaligen Managern deuten darauf hin, dass sich die Insolvenzverwalter nicht nur auf externe Geschäftspartner konzentrieren, sondern auch interne Verantwortlichkeiten klären wollen.

Verfahren noch offen

Viele der laufenden Verfahren sind derzeit nicht entscheidungsreif, weil zentrale wirtschaftliche Gutachten fehlen. Die Gutachten sollen vor allem klären, wann genau die Zahlungsunfähigkeit von Signa eingetreten ist. Nur, wenn Zahlungen nach dem offiziellen Eintritt der Insolvenzreife erfolgten, können diese als „anfechtbar“ zurückgefordert werden. Von dieser Frage hängen unter anderem Rückforderungen an die Hamburg Commercial Bank, die RAG-Stiftung sowie an Kühne Immobilia Austria ab. Erst mit Vorliegen dieser Expertisen werden die Gerichte eine abschließende Bewertung vornehmen können. Bis dahin bleibt vieles im juristischen Schwebezustand.

Erste Verhandlung im September 2025

Ein erster konkreter Termin ist bereits festgesetzt: Im September 2025 findet die erste Beweistagsatzung statt. Dabei soll unter anderem Beweismaterial vorgelegt und bewertet werden. Es wird erwartet, dass bis dahin weitere Klagen vorbereitet und neue Rückforderungen erhoben werden. Der Insolvenzverwalter scheint entschlossen, alle rechtlich möglichen Mittel auszuschöpfen, um Gelder für die Gläubiger zu sichern – unabhängig davon, ob es sich um internationale Banken, Baukonzerne oder ehemalige Signa-Manager handelt. Die juristische Aufarbeitung der Signa-Pleite dürfte sich damit noch über Jahre hinziehen.

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