Finanzstadträtin Novak: Sparen ohne soziale Kälte
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Barbara Novak, Wiens Finanzstadträtin, gibt im Interview einen Blick hinter die Kulissen des Haushalts 2026. Sie erklärt, wie die Stadt Sparzwänge meistern, soziale Ausgleichsmaßnahmen sichern und gleichzeitig in Zukunftstechnologien investieren will. Geld wird auch für das Welt-Event Song Contest in die Hand genommen.
Frau Stadträtin, Sie haben Ihr Amt in schwierigen Zeiten übernommen, der Spardruck ist enorm.
Novak: Die Aufgabe der Budgetkonsolidierung ist herausfordernd, aber machbar. Nicht nur in meinem Bereich. Überall in den Ressorts schauen die Kolleginnen und Kollegen ganz genau hin, welche Einsparungspotenziale es gibt. Wir wissen: Hinter jeder gestrichenen Zahl und hinter jeder reduzierten Leistung steht ein betroffener Mensch. Ich denke, bis November ist der Wiener Haushalt reif für die Beschlussfassung. Ich bin mir sehr sicher, dass wir bis dahin ein gutes, sozial ausgeglichenes Budget 2026 zusammenbringen werden.
Budget: Sparen und Ausgleich
Wie werden kommende Belastungen also verteilt?
Novak: Der soziale Frieden darf nicht in Gefahr geraten. Deshalb sollen jene mehr tragen, die auch mehr können: für jene Gruppen, die an ihre finanziellen Grenzen stoßen – aufgrund von Krankheit, Alter oder Behinderungen. Wir wollen darüber hinaus nicht nur zielsicher sparen, sondern weiter auch punktgenau fördern, etwa mit unseren Jobprogrammen. Alle, die in Beschäftigung kommen können, wollen wir in Beschäftigung bringen.
Jeder wird einen Beitrag leisten, manche einen größeren und manche einen kleineren.
Apropos Spielregeln: Sie fordern wiederholt ein größeres Stück vom Steuerkuchen.
Novak: Als Finanzstadträtin werde ich auch dafür sorgen, dass die Wienerinnen und Wiener einen gerechteren Anteil bekommen. Es geht hier nicht um Almosen, sondern um gemeinschaftlich erwirtschaftetes Geld. Wenn der Bund neue Abgaben einführt, müssen wir entsprechend beteiligt werden. Wir als Kommune haben zentrale, gleichzeitig aber auch immer kostenintensivere Aufgaben zu bewältigen, etwa im Bereich Gesundheit und Pflege. Und die Verpflichtungen wachsen weiter. Dass die aktuellen Mittel ausreichen, gehört da eindeutig in die Kategorie „Milchmädchenrechnung“.
Wie realistisch ist ein neuer Deal?
Novak: Der Dialog mit unserem Gegenüber ist intensiv, aber konstruktiv: Wir – also die Städte, Länder und Gemeinden – werden weiter für eine aliquote Verteilung werben, sei es bei der Bankenabgabe oder auch bei jeder weiteren künftigen Einnahme, die seitens des Finanzministers vielleicht noch vorgeschlagen werden könnte.
Wirtschaft und Zukunftstechnologien
Sicher sind Sie sich auch, dass Wien 2025 ein Wirtschaftsplus schafft: Die Prognose hält?
Novak: Dazu ein klares Ja. Unsere Stadt ist wirtschaftlich resilient – mit Kongresstourismus, Biotech, Life Sciences und einer starken IT-Wirtschaft. In den Zukunftstechnologien liegt wohl das größte Potenzial für unsere regionale Wertschöpfung. Als ehemalige Digitalisierungssprecherin im Gemeinderat will ich unsere Stadt hier international noch weiter nach vorne bringen.
Sie werben mit Verve um einen von fünf europaweit geplanten KI-Gigafactory-Standorten.
Novak: Wir haben die besten Voraussetzungen: eine starke Breitbandinfrastruktur, die potenziellen Abnehmer der Rechenleistung – etwa aus der Pharmaindustrie – und, ganz wichtig, viel grüne Energie. Durch die Einspeisung der Abwärme in unser dichtes Fernwärmenetz könnten wir zusätzlich jede Menge Haushalte versorgen. Ein absoluter Öko-Booster, der einer grünen Impfung gleichkommt. Der Standort Wien wäre aber auch aus einem anderen Grund sehr sauber.
Aus welchem?
Novak: Der digitale Humanismus hat ja bei uns seit jeher eine Heimat. Wir wollen, dass Technologie den Menschen dient, und setzen auf einen ethischen Umgang mit Daten – das unterscheidet uns von China oder den USA. Wien steht für einen europäischen Weg, im Sinne von digitaler Souveränität, Open Source und fairen Standards.
Wir investieren in Zukunftstechnologien wie Quantenforschung. Wien wird als Hotspot ausgebaut.
Wann fällt die Entscheidung?
Novak: Wir matchen uns mit 76 Städten, in einem Jahr wissen wir mehr. Ich denke aber, dass unsere Chancen fünfzig zu fünfzig stehen. Ich bin sehr optimistisch.
Kultur und Fair Pay
Eine wichtige Wahl ist bereits getroffen worden: Der Song Contest kommt wieder nach Wien.
Novak: Es war bis zum Schluss spannend. Wir haben eine sehr ernsthafte, engagierte Bewerbung abgegeben, auch mit der Einladung, das Tänzchen mit uns zu machen. Jetzt geht es wieder aufs Parkett, wir freuen uns riesig.
Bleibt Geld im nächsten Jahr auch für kleinere Bühnen?
Novak: Kultur ist tatsächlich ein Grundrecht. Ich sage: Sie ist manchmal Medizin für die Seele und hat auch bei mir einen ganz klaren Stellenwert. Auch wenn der Gürtel enger geschnallt werden muss, wird es weiter Förderschienen geben, etwa im Filmbereich. Wir werden generell weiter ein wachsames Auge auf Fair Pay haben.
Politischer Fokus
Frauen, Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Internationales und Digitales: Barbara Novak (SPÖ) hat das wohl ausdifferenzierteste Ressort in der Neuauflage der rot-pinken Stadtregierung übernommen. Vor ihr liegen budgetäre Mammutaufgaben. 500 Millionen Euro müssen noch heuer eingespart werden. Die gezielte Stärkung von Frauen bleibt weiterhin zentraler Arbeitsschwerpunkt: „Eine gute Arbeitsmarktpolitik für unsere Wienerinnen ist der beste Gewaltschutz, den man sich vorstellen kann.“