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Heimatliche Krippe des Krippenvereins Jenbach und Umgebung
Krippenverein Jenbach und Umgebung

Krippenbau als Tiroler Tradition

09.12.2020 um 07:46, Sabrina Terschan
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In Tirol werden traditionelle Weihnachtsbräuche besonders gelebt. Wir haben uns mit dem Tiroler Krippenbau beschäftigt und dabei einen Einblick in den Krippenverein Jenbach & Umgebung und das Volkskunstmuseum Innsbruck bekommen.

Den Krippenverein in Jenbach & Umgebung gibt es bereits seit 1985. Er wurde von dem Jenbacher Hois Egerbacher gegründet und zählt zurzeit 80 Mitglieder, von denen 25 aktiv im Verein tätig sind. Teil des Vereinsgeschehens sind die Krippenbaukurse, in denen die Teilnehmer, welche „Krippler“ genannt werden, von geprüften Krippenbaumeistern und deren Helfern mit hilfreichen Tipps beim Krippenbau unterstützt werden, erzählt uns Hans Gründler, Obmann des Krippenvereins Jenbach & Umgebung. Ein besonderes Highlight ist die danach stattfindende Krippenausstellung. Am Vortag werden die Krippen noch vom Pfarrer gesegnet und können daraufhin in der normalerweise jährlich veranstalteten Ausstellung über mehrere Tage betrachtet werden.

Pfarrer Wolfgang Meixner bei der traditionellen Krippenweihe

Zum Krippenbau. Wir haben Hans Gründler auch ein paar Fragen zum Krippenbau gestellt und sind auf tolle Details gestoßen: „Neben der heimatlichen Krippe wird die traditionelle Krippe im orientalischen Stil gebaut. Dabei sind den Ausführungen keine Grenzen gesetzt. Es können Schwammkrippen, Wurzelkrippen, Bilderrahmenkrippen, Kastenkrippen, Laternenkrippen uvm. gebaut werden“, berichtet Hans Gründler über die verschiedenen Krippenformen. Was den Entstehungsprozess einer Krippe betrifft, so fängt dieser schon mit der Planung an. „Je nach Größe und Ausführung kann die Zeit bis zur Fertigstellung variieren. Für eine Krippe wie wir sie in unseren Kursen anfertigen, benötigen wir je nach Aufwand ungefähr 40 bis 60 Stunden“, erzählt Hans Gründler weiter.

Hilfestellung vom Krippenbaumeister im Krippenbaukurs

Kreatives Handwerk. Für den Bau einer traditionellen Krippe muss kein spezieller Beruf erlernt werden. Auf die Frage, ob denn jeder eine Krippe bauen könne, antwortete uns der Obmann des Krippenvereins Jenbach & Umgebung: „Ja, jeder der ein wenig handwerkliches Geschick mitbringt, kann eine Krippe bauen. Niemand sollte sich scheuen, einen Krippenbaukurs bei einem der vielen Krippenvereine Tirols zu belegen.“ Weiters verrät uns der Obmann: „Jeder Verein lebt von seinen Mitgliedern, daher freuen wir uns natürlich, wenn jemand Interesse an unserem Verein zeigt.“ Interessierte können sich für nähere Informationen an einen der Funktionäre oder direkt an den Obmann wenden (www.krippe-jenbach.at).

Lichtinstallation einer Krippe im Krippenbaukurs

Tradition mit langjähriger Geschichte. „Die ersten öffentlichen Krippen waren ab 1608 in Tirol zu sehen. Nach einem Münchner Vorbild wurde die erste Weihnachtskrippe in der Innsbrucker Jesuitenkirche ausgestellt. Eine weitere fand sich in der Hofkirche“, erzählt uns der Leiter des Volkskunstmuseums Innsbruck Mag. Dr. Karl C. Berger. „Im 17. Jahrhundert wurden die Darstellungen des Weihnachtsevangeliums in Form von Krippen allgemein beliebt. Das Aufstellen solcher Weihnachtskrippen in Kirchen wurde 1782 von Kaiser Josef II und 1784 vom Salzburger Fürsterzbischof Hieronymus Colloredo verboten, da diese angeblich zu verschwenderisch seien. Dadurch gelangten viele Krippen in Privatbesitz und wurden zum Mittelpunkt der privaten Weihnachtsandacht“, berichtet uns Karl C. Berger weiter über die Geschichte der Weihnachtskrippe.

Krippe von Hans Gwercher, 1859, Medraz-1937, Medraz

Tirol als Mekka des Krippenbaus. Die Tiroler Krippe erfährt große Beliebtheit vor allem im familiär privaten Raum. Bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert wurden erste Krippenvereine und 1909 der Tiroler Krippenverein gegründet. Dieser gab die Zeitschrift „Der Krippenfreund“ heraus. Die Zeitschrift erscheint auch heute noch, erklärt uns Karl C. Berger. Auch Krippenschulen wurden gegründet, um das Wissen um den traditionellen Krippenbau weiterzugeben. Was die Ausführungen im traditionellen Krippenbau betrifft, wurde uns erzählt, dass heutzutage neben geschnitzten Figuren auch welche aus Papier oder die sogenannten „Loammandeln“, die aus Ton bestehen und beispielsweise in Nassereith hergestellt werden, besonders beliebt sind. „Gerade durch die Vielschichtigkeit wird das besondere der Tiroler Krippe deutlich, nämlich dass sich Überlieferung mit Ideenvielfalt, Tradition mit Kreativität und Innovation, und Altes mit Neuem verbindet“, freut sich Karl C. Berger.

Krippe von Johann Buchgschwentner, 1898, Matrei a. Br. - 1985, Innsbruck

Krippenausstellung im Volkskunstmuseum. „Kurz nach der Gründung des Volkskunstmuseums im Jahr 1888 wurden bereits Krippen gesammelt. Einige, die in der jetzigen Ausstellung zu betrachten sind, wurden am Beginn des 20. Jahrhunderts erworben“, so Karl C. Berger. Diesjähriges Highlight ist eine Art Pop Art-Krippe von Paul Hörtnagl. Die einzelnen Elemente ergeben im gesamten ein wunderbares Wimmelbild an Tradition, welche mit Moderne verbunden wird. „Ein Besuch der Krippenausstellung im Volkskunstmuseum zur Weihnachtszeit in Tirol gehört einfach dazu.“, empfiehlt uns Karl C. Berger. Momentan werden die Krippen pünktlich zum Beginn der Adventzeit vom Restaurator Peter Haag überprüft und aufgeputzt. Nähere Informationen zur Krippenausstellung im Volkskunstmuseum Innsbruck gibt es auf www.tiroler-landesmuseen.at/haeuser/tiroler- volkskunstmuseum.

Das Highlight des heurigen Jahres im Volkskunstmuseum ist die Pop-Art-Krippe von Paul Hörtnagl aus Oberperfuss.
Restaurator Peter Haag beim Herrichten der Probst-Krippe im Volkskunstmuseum.

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