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Weekend Fallback
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Früher war alles besser? In Shoppinglaune

06.11.2020 um 11:26, Manuela Fritz
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Was früher der Versandhandel war, ist heute das Internet – bequemes Shoppen von Zuhause ist „in“! Onlinehandel muss aber kein Gegner des stationären Handels sein – eigene Onlineshops bieten vielmehr ein weiteres Standbein.

Ach, wie aufregend war es, wenn der neue Versandkatalog eintrudelte und wir alle neugierig die angesagten Trends in Sachen Mode, Technik, Heimwerken und Wohnen begutachteten! Denn was uns heute das Internet in Hülle und Fülle bietet, war bis vor 25 Jahren auf Universal-, Otto-, Quelle- oder Neckermannkatalog beschränkt, die maximal zweimal im Jahr erschienen sind: bequemes und ausgiebiges Shopping von Zuhause aus.

Jubiläumsjahr. 

Als ältestes heute noch aktives Versandhaus im deutschsprachigen Raum gilt der Herrenausstatter Mey & Edlich, der 1870, also vor genau 150 Jahren, als Stoffwäschefabrik in Leipzig gegründet wurde. Ihm folgten zahlreiche weitere Versandhandelshäuser: 1887 etablierte Kastner & Öhler einen Versandhandel, und Anfang des 20. Jahrhunderts folgten zahlreiche weitere, noch heute allzu bekannte Versandhaus-Größen: Quelle 1927, Vorwerk 1930, Neckermann 1938, Otto-Versand 1949 oder Universal Versand 1968 mit seinem Firmensitz in Salzburg. Letzterer avancierte bis Anfang der 90er-Jahre zum größten österreichischen Versandhändler. Bereits 1997 etablierte Universal seinen ersten Online-Shop, der 2010 größtenteils vom Versandhandelsgeschäft abgelöst wurde. Als drittgrößter Online-Händler in Österreich – nach Amazon und Zalando – wickelt Universal mittlerweile über 90 Prozent der Bestellungen online ab.

Internetzeitalter. 

Seit Mitte der 1990er-Jahre, also mit Etablierung des Internets, kommt es aber zu einer Verschiebung des klassischen Versandhandels hin zum Internethandel. Laut der aktuellen „eCommerce Studie Österreich“ (Studie des Handelsverbandes und der Plattform „Versandhandel, eCommerce & Marktplätze“ in Kooperation mit der KMU Forschung Austria, September 2020) werden mehr als 90 Prozent der Distanzhandelsausgaben in Österreich bereits online getätigt, was einer Summe von über 8 Milliarden Euro entspricht: „Die Transformation vom klassischen Katalog- zum Onlinehandel scheint damit fast vollständig abgeschlossen“, resümiert Harald Gutschi, Vize-Präs. des Handelsverbandes Österreich und Leiter der Plattform „Versandhandel, eCommerce & Marktplätze“. 

Im Corona-Hoch. 

In Tirol hat sich die Zahl der Internetnutzer laut KMU Forschung Austria (März 2019) von rund 230.000 Personen im Jahr 2003 auf knapp 500.000 im Jahr 2018 schon mehr als verdoppelt, geschätzt gaben die Tiroler rund 610 Millionen Euro pro Jahr beim Online-Shoppen aus. Erwartungsgemäß hat die Corona-Pandemie dem Internethandel Zuwächse beschert, wie die „eCommerce Studie Österreich“ belegt: So stiegen die Distanzhandelsausgaben in Österreich von Mai 2019 bis April 2020 um sieben Prozent auf 8,7 Milliarden Euro, auch die Zahl der Kunden stieg deutlich (siehe Grafik).

Heimische Online-Shops. 

Auch wenn die rund 13.000 heimischen Webshops 2020 mit einem Plus von drei Prozent etwas an Boden gewinnen konnten, fließen immer noch über die Hälfte aller Online-Einnahmen ins Ausland, allem voran an den Internetriesen Amazon. Daher appellierte Gutschi an jene heimischen Einzelhändler, die noch keinen Online-Shop haben, sich digital besser aufzustellen. Besonders im Hinblick auf das nahende Weihnachtsgeschäft wäre dies auch ein wichtiges zusätzliches Standbein für den stationären Handel. Heimische Plattformen wie www.shoepping.at oder www.wirkaufenin.tirol unterstützen den Online-Auftritt regionaler Shops zusätzlich.

Interview: Online trifft stationären Handel. 

Weekend Magazin: Wie stehen Online und stationärer Handel zueinander?
Simon Franzoi: Es ist nicht zielführend, Online- und stationären Handel gegeneinander aufzuwiegen. Der Onlinehandel sollte für stationäre Händler ein weiterer Vertriebsweg sein – also kein Gegner, sondern eine weitere Chance.

Verfügen schon viele regionale Händler über einen eigenen Onlineshop?
Immer mehr Tiroler Händler bieten ihre Produkte auch online an bzw. haben ihr Unternehmen digital sichtbar gemacht – dies wurde durch die Corona-Krise verstärkt. Der Handel muss sich aber weiter digitalisieren. Wir haben auch festgestellt, dass die Bereitschaft der Tiroler, „Ja zu Tirol“ zu sagen und beim heimischen Fachhändler (stationär oder online) statt beim internationalen Online-Riesen zu kaufen, gestiegen ist.

Kann Online jemals den stationären Handel ersetzen?
Das kann ich mir kaum vorstellen. Der Mensch ist ein soziales Wesen – wir benötigen andere Menschen, um uns wohl zu fühlen. Das kann auch auf das Einkaufsverhalten heruntergebrochen werden. Zudem machen Fachwissen, Erfahrung, Empathie und Begeisterung der Verkäufer sowie absolute Kundenorientierung jeden Einkauf im stationären Handel zu einem Erlebnis. Genau das wird ein Onlineshop unmöglich bieten können.

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