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Leonhard Schitter | Credit: Salzburg AG
Salzburg AG

Energiewende könnte „Mission impossible“ werden

18.03.2021 um 12:08, Gert Damberger
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Wir befragten Salzburg AG-Vorstandssprecher Leonhard Schitter über den Stromverbrauch in Corona-Zeiten, die Blackout-Gefahr und die österreichische Energiewende.

weekend.at: Hat sich die Corona-Krise auf das Verbraucherverhalten der Stromkunden ausgewirkt? Oder mit anderen Worten: verbrauchen die Privathaushalte mehr Strom?

Leonhard Schitter: Ja, die Corona-Krise hat sich auf das Verbraucherverhalten der Stromkunden ausgewirkt. Die Verbräuche haben sich, insbesondere im ersten Lockdown von großen Verbrauchsmengen in Industrie und Gewerbe auf die Privathaushalte verlagert. Das führte auch zu einem Minus von bis zu 25 Prozent. Im Mittel können wir im ersten Lockdown von einem Rückgang beim Stromverbrauch von rund 15 Prozent sprechen. Im zweiten Lockdown pendelte sich das Verbraucherminus bei rund 7 Prozent unter dem Vorjahresniveau ein, bevor es im Lockdown drei wieder auf bis zu minus 25 Prozent stieg.

weekend.at: Wie schätzen Sie die Stabilität des europäischen Stromnetzes ein? Ist ein längerer Blackout eine reelle Gefahr oder bloß ein Thema für Sci-Fi-Thriller?

Leonhard Schitter: Durch das Ziel, bis 2030 Strom aus 100 Prozent erneuerbaren Energien zu gewinnen, wird die Stromproduktion auf jeden Fall unvorhersehbarer. Es braucht aber eindeutig mehr Speicherkapazitäten für erzeugte Energie, die nicht zeitgleich genutzt werden kann. Auch intelligente Netze und Smart Grids müssen in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Das österreichische Stromnetz ist aber grundsätzlich gut aufgestellt und für den Ernstfall vorbereitet.

weekend.at: Österreich peilt für 2030 Strom aus 100 Prozent erneuerbaren Energien an. Kann das Ihrer Meinung nach funktionieren?

Leonhard Schitter: Bis 2030 ist nicht mehr viel Zeit, das ist in unserer Branche eigentlich heute. Die 27 Terawattstunden (1 TWH = 1 Mrd. kWh, die Red. ) zusätzliche erneuerbare Energie bis 2030 entsprechen dem gesamten Stromverbrauch Dänemarks. Nur um bei Windkraft die verlangten 10 Terawatt zu erreichen, müsste man bis 2030 alle zwei Tage eine neue Anlage installieren. Bei Photovoltaik ist alle drei Minuten eine Anlage mit 5 kW nötig. Bei Wasserkraft braucht es alle zwei Jahre eine Anlage in der Größenordnung des Kraftwerks Freudenau. Umso wichtiger ist es jetzt, dass das EAG (“Erneuerbare Energien Gesetz“, die Red. ) schnell beschlossen wird, denn sonst ist die Energiewende fast eine Mission Impossible; das ist sie bis 2030 eigentlich jetzt schon.

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