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Die Band Folkshilfe
Paul Slaviczek (l.), Gabriel Fröhlich (m.) und Florian Ritt sind Folkshilfe.
Paul Slaviczek (l.), Gabriel Fröhlich (m.) und Florian Ritt sind Folkshilfe.
GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com

Folkshilfe: "Wir müssen keine Promis sein"

31.03.2023 um 10:33, Cornelia Scheucher
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Im Interview spricht die Band Folkshilfe über das neue Album "Vire", die Zusammenarbeit mit Paul Pizzera und den Mut zum Seelenstriptease.

weekend: "Vire" heißt euer neues und bereits viertes Album, das ihr selbst als bisher persönlichstes beschreibt. Was darf man sich erwarten?
Florian Ritt: 
Nach rund zehn Jahren in der Branche sind wir endlich angekommen und haben unsere Nische und gleichzeitig auch unser Alleinstellungsmerkmal gefunden. Das Album ist sehr erwachsen und die Songs sind persönlicher geworden, weil einfach der Mut da war, Lieder über Themen zu schreiben, die man sonst gerne für sich behält.

weekend: Zum Beispiel?
Florian Ritt: 
Songs wie "Schena Mensch" oder "Mama" sind einfach ein Einblick in meine Seele. Das sind Lieder mit autobiografischem Hintergrund und da macht man sich einfach nackiger als sonst. Und verwundbarer. Jetzt geht es mir noch näher, wenn jemand sagt, dass die Lieder nicht gefallen (lacht).

weekend: Gerade in der letzten Zeit werden in der österreichischen Musikszene immer öfter solche Seelenstriptease hingelegt, auch, was düstere Themen angeht. Hat das mit den multiplen Krisen zu tun?
Florian Ritt: 
Ich glaube, dass viele Künstler einen Hang zur Melancholie haben. Dämonen zeigen sich bei jedem anders. Wir als Folkshilfe geben uns Mühe, Songs zu schreiben, die für etwas stehen, statt gegen etwas zu sein. Und dann entstehen Lieder wie "Kummama". Der Song klingt happy peppy, den habe ich aber in einer Phase geschrieben, in der es mir echt sehr schlecht ging. Irgendwann bist du aber so weit unten, dass es nur noch bergauf geht.

Das Leben hat einfach wirklich viele Grauzonen und die gilt es, zu erforschen.

Florian Ritt

weekend: Apropos bergauf: Mit "Vire" wollt ihr einen optimistischen Blick Richtung Zukunft geben. Kann man das zurzeit überhaupt?
Florian Ritt: 
Natürlich könnte man sagen: Fuck, Pandemie, Krieg, nur Wahnsinnige in der Politik, das ist echt schlimm. Und ich selbst rege mich ja auch auf, ich bin ein extremer Grübler und sehr melancholisch. Aber wir kommen nicht drum herum. Da ist es mir lieber, wir alle singen gemeinsam bei einem Konzert. Weil die Momente im Leben, die geil sind, die gibt es. 

weekend: Dann bleiben wir beim Guten. Für "Najo eh" habt ihr mit Paul Pizzera gemeinsame Sache gemacht, der Song soll die österreichische Mentalität widerspiegeln. Wie ist denn der typische Österreicher?
Florian Ritt: 
Der Österreicher relativiert alles (lacht). Es ist immer alles so halb, nie ganz gut oder richtig schlecht. 

weekend: Apropos Pizzera: Gerade in der Künstlerbranche wird ganz gern über das Thema Rivalität gesprochen. Wie seht ihr das?
Florian Ritt: 
Es gibt extrem viel Neid auf die, die erfolgreicher sind. Aber das Schöne am Erfolg ist, dass die Fans darüber entscheiden. Ich glaube je größer und florierender die Musikszene ist, desto mehr Vorteile haben wir alle. Mit dem Paul hat die Zusammenarbeit einfach gepasst, weil wir uns gegenseitig schätzen. Wenn Paul Pizzera nächstes Jahr kein erfolgreicher Musiker mehr wäre, würden wir trotzdem mit ihm arbeiten wollen. Wir würden uns nie mit jemandem zusammentun, nur weil es eine Abkürzung wäre oder Sinn ergibt. 

weekend: Bei euch trifft Quetschn und Dialekt auf Pop: Habt ihr das Gefühl, dass die Fans in den letzten Jahren wieder vermehrt auf österreichische Musik setzen? Quasi zurück zu den Wurzeln.
Florian Ritt: 
Mir kommt vor, dass vor allem Jugendliche keine Musik mit österreichischem Bezug hören. Da wäre es cool, wenn man den Individualismus mehr pushen würde. Das ist es oft, was ich an der Jugendszene vermisse. Jeder geht vom Land in die Stadt zum Studieren, zeiht sich gleich an, hört die gleiche Musik, spricht gleich. Das ist per se nichts Schlechtes, aber dadurch gehen so Dinge wie der Dialekt verloren. Aber gerade der zeigt, wie divers ein Land ist. Ich mag es einfach, wenn Leute den Mut haben, etwas Spezielles zu machen. Das ist das Schöne an der Musik: Es gibt kein richtig oder falsch. Jeder hat Lieder, die ihn berühren und abholen und das können ganz unterschiedliche sein. 

weekend: Last but not least und weil es gerade aktuell ist: Würde Folkshilfe eigentlich bei einem Format wie "Dancing Stars" mitmachen?
Florian Ritt: 
Sagen wir so: Es gab schon Anfragen, aber die wurden abgelehnt. Wir wollen für unsere Musik stehen, deswegen nehmen wir die Prominenz an. Promis müssen wir aber nicht unbedingt sein. Wenn jemand von uns aber in Zukunft Bock auf "Dancing Stars" hätte, wäre eine Teilnahme schon denkbar. Sag niemals nie (lacht). 

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