Große Trauer: Alfred Brendel ist tot

Alfred Brendel, einer der einflussreichsten Pianisten der Nachkriegszeit, ist im Alter von 94 Jahren in seiner Wahlheimat London verstorben. Der Österreicher galt als brillanter Interpret der Werke Beethovens, Mozarts und Schuberts und als Denker, der Musik stets als geistiges Erlebnis verstand.

Pianist mit Tiefsinn

Über sechs Jahrzehnte hinweg prägte er das internationale Konzertleben und setzte Maßstäbe weit über die Bühne hinaus. Der Pianist, der 1931 in Nordmähren geboren wurde, war kein Virtuose im klassisch-glamourösen Sinn – vielmehr suchte er zeitlebens nach der Essenz eines Werkes. Nach ersten Studien in Zagreb und Graz begann Brendel früh mit einer internationalen Karriere, die ihn zu ausverkauften Konzertsälen in Europa, den USA, Asien und der Sowjetunion führte. Als erster Pianist spielte er sämtliche Beethoven-Sonaten sowohl live als auch im Studio ein. Seit den 1970er-Jahren lebte Brendel in London.

Leben nach Hörsturz

Nach einem Hörsturz 2012 zog er sich von der Bühne zurück, blieb aber über Bücher, Vorträge und TV-Auftritte als reflektierter Lehrmeister aktiv. Seine "Schule des Hörens" und Essays wie "Nachdenken über Musik" machten ihn zu einer respektierten Stimme des Musikdenkens im 21. Jahrhundert. In Wien, wo er ab 1950 lebte und regelmäßig in Konzerthaus und Musikverein gastierte, galt er als künstlerische Institution. Mit Brendel verliert die Klassikwelt nicht nur einen Pianisten, sondern auch einen feinsinnigen Beobachter und einen, der wie kaum ein anderer Klang, Sprache und Philosophie miteinander verband.