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Frau mit Heuschnupfen
In westlichen Ländern der Welt nehmen Allergien zu.
In westlichen Ländern der Welt nehmen Allergien zu.
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Allergien: Falscher Alarm

09.06.2021 um 12:17, Christiane Reitshammer
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ALLERGIEN. Frühling, Frischluft, Sonnenschein: Es könnte so schon sein, wären da nicht die winzigen Pollen in der Luft, die Heuschnupfen-Geplagte zum Verzweifeln bringen. Aber es gibt Abhilfe, auch gegen weitere Allergien.

Juckende, gerötete Augen, chronischer Schnupfen, Ausschlag, manchmal auch Asthma – vor allem im Frühling und Sommer werden die Pollen von Bäumen (z. B. Birke, Erle, Hasel), Sträuchern und Gräsern zur Qual. Es ist Heuschnupfenzeit. Heuschnupfen ist der gebräuchliche Name für Pollenallergie, an der etwa jeder fünfte Österreicher leidet. Daneben gibt es aber noch andere Arten von Allergien, die in unseren Breiten ganzjährig recht „beliebt“ sind: etwa gegen Hausstaubmilben, Tierhaar, deutlich seltener Schimmelpilzsporen, Insektengift, diverse Medikamente oder Nahrungsmittel. Und Allergien nehmen zu.Vor allem in den westlichen Ländern der Welt, wofür verschiedene Faktoren eine Rolle spielen dürften, wie der Allergie-Experte Prim. Priv.-Doz. Dr. Fritz Horak erklärt: „Zum einen gibt es eine gewisse genetische ‚Bereitschaft‘ in einer Bevölkerung, Allergien zu entwickeln. Der zweite Punkt dürfte mit der Entwicklung des Lebensstils zu tun haben.“ Ernährung, Umweltfaktoren und zunehmende Hygiene tragen dazu bei. „Offensichtlich hat es einen entscheidenden Einfluss, mit wie vielen unterschiedlichen Bakterienarten unser Immunsystem, v. a. im Säuglings- und Kleinkindesalter, in Berührung kommt.“

Kind und Pferd
Vor allem Kinder, die mit Tieren am Bauernhof aufwachsen, leiden seltener an Allergien und Asthma.

Alte und neue Therapien

Dank intensiver Forschung kommen ständig neue Verfahren auf den Markt. Die „symptomatische Therapie“ ist laut Horak relativ konstant geblieben. Es gebe kaum neue Antihistaminika oder Nasensprays. Aber: „Bei der chronischen Nesselsucht und dem schweren Asthma ist das Anti-IgE (IgE = Immunglobulin E, Anm. d. Red.) ein wertvolles Medikament geworden. Auch gibt es bei der Therapie des schweren Asthmas verschiedene monoklonale Antikörper zur Behandlung.“ Für Nahrungsmittelallergiker soll es bald eine Behandlung mit einer oralen Immuntherapie geben. „Damit soll durch standardisierte, langsam steigende Gaben eines bestimmten Lebensmittels, z. B. Erdnuss, das Immunsystem daran gewöhnt werden.“ In der Diagnostik sind noch immer die Grundpfeiler „Anamnese – Prick-Test – IgE-Bestimmung“ wichtig, so Horak. Mit der „molekularen Allergiediagnostik“ können noch genauere Einblicke gewonnen werden. „Wir können beispielsweise feststellen, ob es sich bei einer Nahrungsmittelallergie um eine Kreuzallergie bei Pollenallergie oder um eine echte primäre Allergie gegen das Nahrungsmittel handelt.“

Haut-Prick-Test
Beim Haut-Prick-Test werden verschiedene Allergene aufgetropft und die Haut wird ganz fein angeritzt.

Vorbeugung statt Heilung?

Die Möglichkeiten der Prävention von Allergien sieht der Experte als relativ eingeschränkt. „Was wir heute wissen, ist, dass es nicht sinnvoll ist, hochallergene Nahrungsmittel wie Milch, Ei oder Nüsse aus dem Ernährungsplan von Kleinkindern zu verbannen. Es ist sogar hilfreich, schon relativ früh neue Lebensmittel in der Ernährung einzuführen“, so Horak.

Hund, Katze, Kuh

Haustiere, im Speziellen Katzen, dürften einen schützenden Effekt auf die Entwicklung von Allergien und Asthma haben. Bauernhofkinder profitieren noch mehr. Wie Studien zeigen, leiden sie seltener an Allergien und Asthma. „Eine Erklärung dafür dürfte sein, dass das Immunsystem schon sehr früh mit einer großen Anzahl von verschiedenen Bakterien im Stall in Berührung kommt. Dieser Effekt wirkt sich aber nur aus, wenn das Kind von Geburt an am Bauernhof aufwächst.“

Interview mit Gabriela Gabriel, Pharmazeutin & ganzheitliche Gesundheitsberaterin

Allergien und Heuschnupfen nehmen zu. Was hat Mutter Natur für uns in „ihrer Apotheke“, um uns davor zu schützen?

Betroffene wissen, dass Allergien das Leben einschränken und belasten können. Neben schulmedizinischen Maßnahmen hat Mutter Natur auch hier Pflanzen für uns, die allergische Symptome lindern können. Zwei davon sind die Schwarze Johannisbeere und die Brennnessel. Letztere kann Histamin-Rezeptoren und entzündliche Prozesse positiv beeinflussen.

Kann man auch vorbeugend etwas gegen Allergien unternehmen?

Einer Allergie liegt eine Verschiebung von Immunzellen zugunsten entzündlicher Prozesse zu grunde. Daher ist vorbeugend das Wichtigste, sein Immunsystem zu stärken. Nahrungsergänzungsmittel, die dieses Ungleichgewicht positiv beeinflussen, sind beispielsweise Zink, Vitamin C, Präbiotika, Quercetin, Omega 3 und verschiedene Vitalpilze. Pflanzen wie Katzenkralle, Olivenblatt, Süßholzwurzel und Zitronenmelisse wirken stärkend auf das Immunsystem.

Wann ist der beste Zeitpunkt dafür, um das Immunsystem auf Allergien vorzubereiten und es zu stärken?

Auch wenn sich eine Allergie nur während einiger Monate äußert, ist die zugrunde liegende Ursache dennoch vorhanden. Daher gibt es für den Beginn präventiver Maßnahmen keinen bestimmten Zeitpunkt, sondern das Immunsystem sollte insgesamt so weit stabilisiert werden, dass die Allergie bestenfalls ausbleibt oder in einer sehr abgeschwächten Form auftritt.

 

Gabriela Gabriel
Gabriela Gabriel, Pharmazeutin & ganzheitliche Gesundheitsberaterin

Allergie oder Unverträglichkeit?

Beide haben unterschiedliche biologische Ursachen:

Allergie: überschießende Reaktion des Immunsystems, die über Immunglobuline der Klasse E (IgE) vermittelt wird. Bereits sehr geringe Mengen (z. B. Bruchteil einer Nuss) können ausreichen, um innerhalb von wenigen Minuten zu massiven Reaktionen (Ausschlag, Schwellungen, anaphylaktischer Reaktion) zu führen.

Unverträglichkeit: Mangel an einem bestimmten Enzym, das ein konkretes Nahrungsmittel abbauen soll (z. B. Milchzucker bei Laktoseintoleranz). Oder der Transport eines Nahrungsmittels vom Darm in die Blutbahn (z. B. Fruchtzucker bei Fructosemalabsorption) ist behindert. Symptome treten meist erst bei größeren Mengen und nach einer gewissen Zeit (Durchfall, Blähbauch etc.) auf, sind aber nicht lebensbedrohlich.

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