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Bootsfahrt durch den Amazonas | Credit: iStock.com/Roman_Rahm
Bootsfahrt durch den Amazonas ist ein Highlight im ganzen Reise-Leben
Bootsfahrt durch den Amazonas ist ein Highlight im ganzen Reise-Leben
iStock.com/Roman_Rahm

Bootsfahrt durch den Amazonas: ein Reisebericht

22.08.2023 um 07:39, Artikel von Passion-Autor: Helena Haselsteiner
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Ende Januar beginnt für mich ein weiteres, vielleicht mein beinahe größtes Abenteuer auf meiner Reise: Eine Bootsfahrt durch den Amazonas.

Wie das so oft beim Reisen ist, habe ich zufällig, in einem sehr beiläufigen Gespräch über diese Route erfahren. Eine Brasilianerin erzählte mir, sie und ihr Freund seien die Strecke von Leticia, im Süden Kolumbiens, nach Manaus in Basilien mit dem Boot drei Tage lang durch den Amazonas gefahren. Ein kurzes Gespräch, über das ich nicht viel nachdenke und das mir erst später, als mir eine Gruppe junger Briten davon erneut erzählt, wieder einfällt. Mein Entschluss, wohin mich meine Reise als Nächstes führen würde, war für mich zu dem Zeitpunkt noch nicht ganz gefallen. Doch von dieser Erlebnisfahrt zu hören, stimmte mich sehr schnell schlüssig. Ich würde nach Brasilien reisen.

Amazonasbootsfahrt: Start in Leticia

Leticia, die südlichste Stadt Kolumbiens, liegt bereits im Amazonasgebiet. Kurzfristig habe ich mir ein paar Wochen zuvor die Gelbfieberimpfung in Medellín geholt und die Malariatabletten einer Freundin abgekauft. Das habe ich bereits gelernt – dass man beim Reisen oft spontan handeln muss. Leticia selbst ist eine sehr kleine Stadt und wirkt vom Tourismus eher unberührt. Die meisten, die hierherkommen, planen einen mehrtägigen Trip in den Amazonas hinein und wieder hinaus. Doch mein Plan ist ein anderer.

Ich bin sehr dankbar, als ich in dem Hostel, in dem ich für eine Nacht bleibe, einen Italiener und einen Spanier kennenlerne, die dieselbe Route planen wie ich. Und mich aufnehmen, um alles Organisatorische im Vorhinein zu klären.

Sonnenuntergang über Leticia | Credit: iStock.com/DC_Colombia
Sonnenuntergang über dem Amazonas in Leticia, Kolumbien

Nächste Station: Tabatinga

Direkt neben der kleinen Stadt Leticia liegt die bereits brasilianische Stadt Tabatinga und ich erinnere mich genau an den Moment, als wir per Tuk-Tuk die Grenze überfahren, um am Hafen Tabatingas die Tickets für das Boot am nächsten Tag zu kaufen. Für umgerechnet zehn Euro pro Tag bekommen wir dort einen Schlafplatz in einer Hängematte, dreimal Essen täglich sowie natürlich die Fahrt an sich, die insgesamt drei Tage und drei Nächte dauern soll.

Nach dem Kauf der Tickets überschreiten wir abermals die Grenze, zurück nach Leticia. Dort holen wir uns an dem kleinen Flughafen das dreimonatige Visum für Brasilien und bekommen dafür schon den Ausreisestempel aus Kolumbien. Noch heute muss ich über die administratorische Leichtfertigkeit dieser Länder schmunzeln, die mir erlaubte, einen Tag ohne Aufenthaltsgenehmigung in Kolumbien zu verbringen. Danach holen wir uns noch Tupperdosen, ich lege mir eine Hängematte zu (die muss nämlich eigens mitgenommen werden), sowie ein wenig Proviant (genauer gesagt das typisch brasilianische Pão de queijo).

Nach einer recht schlaflosen Nacht geht es am nächsten Tag sehr früh zum Hafen – wir drei vollbepackt mit unserem Reisegepäck. Nun heißt es sowieso erst einmal warten, denn brasilianische Pünktlichkeit ist nicht mit der Europas zu vergleichen. So starten wir unsere Reise mit etwa acht Stunden Verspätung.

Boot fährt durch den Amazonas | Credit: iStock.com/Ildo Frazao
Amazonas: eine einmalige Landschaft

200 Mitfahrende und ein Schiff

Als wir das kleine Schiff besteigen, ist unsere Gruppe um eine Deutsche, einen Australier, Schweizer, Koreaner und Dänen gewachsen. Und so bilden wir die kleine, bunt gemischte TouristInnengruppe unter insgesamt etwa 200 Mitfahrenden auf dem Schiff. Hängematte an Hängematte reihen sich unsere Schlafplätze.

Die folgenden drei Tage sind geschmückt von viel Kartenspielen, langen Gesprächen und Anstehen an der Toiletten- und Essensschlange. Was Frühstück, Mittag- und Abendessen angeht, ist die Auswahl nicht besonders üppig und so ernähren wir uns fast ausschließlich von recht trockenen Brötchen, Nudeln, Reis und Hühnchen. Dass das deutsch-australische Paar eine klein verpackte Marmelade mit an Bord nahm, ist für uns alle beim Frühstück bald ein Segen.

Reisetagebuch durch den Amazonas

Was ich an der Fahrt durch den Amazonas wohl am meisten genieße, ist, neben der völligen Funkstille an meinem Handy, die sattgrüne Aussicht, die wir oft stundenlang vor unseren Augen vorbeiziehen sehen. Während dieser entschleunigenden Stunden schreibe ich viele meiner Beobachtungen in mein Reisetagebuch:

  • In der Kleinstadt Benjamin Constant gab es den ersten Zwischenstopp und in dem satten Grün der Landschaft neben dem Boot sehe ich Familien auf dem Steg vor ihrem Haus stehen, Kinder Räder schlagen und den kleinen Hügel hinauflaufen. Dabei frage ich mich, wie das wohl ist, dieses Leben in Abgeschiedenheit, in der Natur. (24.01.2023)
     
  • An der Mauer standen sie und schauten aufs Boot. Mütter, die ihre Kinder im Arm hielten. Männer, die dickbäuchig die Beine baumeln ließen. Im Wasser dümpelten schmale Fischerboote nebeneinander – ein idyllisches Landschaftsbild. Zu hören waren fernes Vogelzwitschern und nahes Insektensurren. Das Wasser schob sich unter der Bewegung des Bootes weg und schon verließen wir das Ufer, verließen die Kinder im Mutterarm, ebenso die baumelnden Beine und dümpelnden Boote – und ich frage mich, wie es wohl wäre, einfach dazubleiben. (25.01.2023)
Familien im Amazonas | Credit: iStock.com/J Brarymi
Im Amazonas findet ein ganz anderes Leben statt

Amazonasreise: viele Eindrücke und neue Freunde

Das Kennenlernen der anderen Menschen am Boot verläuft viel intensiver, weil wir, ohne voneinander wegzukommen, so viel Zeit miteinander verbringen. Während dieser Tage unterhalte ich mich viel mit Arthur aus Bogotá, der auf dem Weg ist, seinen bei der Mutter lebenden Sohn zu besuchen. Er hat seine Gitarre und Mundharmonika dabei und so wird der letzte Abend auf dem Schiff zu einem kleinen Fest mit Musik und Tanz; zwischen Menschen, die sich eben erst kennengelernt haben und sich doch schon ewig zu kennen scheinen.

So vergehen die Tage am Schiff, die mir vorkommen wie ein kleines Einzelkapitel in meinem Leben, unabhängig von dem ganzen Rest, ungebunden zur Außenwelt. Am vierten Abend kommen wir in Manaus, einer großen brasilianischen Hafenstadt, an. Während von hier mein Abenteuer in dem Land beginnen, nach dem ich mich auch nach meiner Heimkehr am meisten sehne, verabschiede ich mich sehr wehmütig von meinen neuen Bekanntschaften und der Schiffsreise.

Gemütszustand bei der Abreise: saudade

Wie meine Amazonasbootsfahrt war? Dazu fällt mir ein portugiesisches Wort ein, zu dem eine deutsche Übersetzung kaum möglich ist, das dieses Gefühl, welches ich mit dieser Reise verbinde, aber am besten beschreibt: saudade. Ein Gemütszustand, der Sehnsucht, Melancholie, Heimweh und Fernweh beinhaltet bzw. jemanden oder etwas zu vermissen.

Zur Autorin

Das Schreiben und das Reisen liegen Helena Haselsteiner im Blut. Auf weekend.at teilt die Salzburgerin ihre Eindrücke und Empfehlungen mit den Leserinnen und Lesern.

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